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FC Bayern: Tuchel? "Es wäre völlig fatal, wenn...!"

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FC Bayern: Tuchel? "Es wäre völlig fatal, wenn...!"

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Tuchel? „Das wäre völlig fatal!“

Thomas Tuchel wird den FC Bayern am Ende der Saison verlassen. Gelingt der erfolgreiche Abschluss seiner Zeit beim Rekordmeister oder wird er zur „lame duck“?
Max Eberl wird beim FC Bayern München vorgestellt. Bei seinen Antrittsworten spricht er auch über das vorzeitige Aus von Thomas Tuchel als Cheftrainer.
Mounir Zitouni
Mounir Zitouni

Es gibt viele unterschiedliche Meinungen darüber, ob ein Fußballtrainer automatisch zum Scheitern verurteilt ist, wenn klar ist, dass seine Amtszeit absehbar enden wird. Fängt die Chef-Ente an zu lahmen, sobald alle wissen, dass sie den gemeinsamen Stall verlassen wird oder ist sie sogar in der Lage, einige „Entengänge“ hochzuschalten, weil Klarheit darüber herrscht, dass sie nur noch für kurze Zeit dem quakenden Haufen angehört? „Lame duck“, ja oder nein?

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Die große Frage, die in solchen Fällen im Zentrum steht: Hat der Trainer noch genügend Autorität, damit alle in den letzten Tagen der Amtszeit noch folgen? Gerade zum Ende einer Fußball-Saison kommt es ja auf gute und klare Entscheidungen der Trainer an, damit die angestrebten Ziele erreicht werden.

Das heißt, die Öffentlichkeit, der Verein, die Fans und die Spieler achten in einer solchen Situation umso mehr darauf, dass eine Handlungsfähigkeit des Trainers da ist. Und Spieler, die davon profitieren.

Meine Erfahrung: Wenn die Autorität eines Trainers in Bezug auf die Mannschaft in einer solchen Situation leidet, dann hat es schon vorher ein Autoritätsproblem gegeben.

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Bosse wollen Druck auf die Bayern-Spieler erhöhen

Und dennoch kann ein Trainer in einer solchen Situation natürlich Dinge richtig oder auch falsch machen. Der Fall von Thomas Tuchel ist ein exzellentes Beispiel dafür.

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Die Bayern-Bosse drängten aufgrund der schlechten Ergebnisse und Aussichten auf ein Ende der Zusammenarbeit zum Saisonende. Der Plan dabei: den Trainer aus der Schusslinie zu nehmen und den Druck auf die Spieler zu erhöhen, frei nach dem Motto: Jetzt habt Ihr, was Ihr wollt, nun müsst Ihr auch Leistung bringen.

Eine Mannschaft ist ja ein heterogenes Gefüge. Es gibt in einem Team immer Spieler, die nicht so „gut“ mit dem Trainer können. Joshua Kimmich wurde das beispielsweise in Bezug auf Tuchel nachgesagt.

Wie gehen unzufriedene Spieler nun mit dem scheidenden Trainer um? Respektieren sie seine Entscheidungen? Folgen sie ihm? Oder sorgt das bevorstehende Ende Tuchels gar für einen weiteren Autoritäts- und Motivationsverlust?

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Kritische Spieler könnten sich ja auch bestätigt fühlen, von wegen: Ich habe es schon immer gesagt, dass das nicht funktioniert. Schließlich konnte Tuchel seine Vereinsbosse nicht von seinen Qualitäten überzeugen. Wieso sollte das bei einigen Spielern anders sein?

Aus meiner Sicht ist klar: Es kommt in dieser Situation vor allem auf Tuchel an, auf die Art und Weise, wie er sich gegenüber seinen Akteuren präsentiert. Die Ergebnisse kann ein Trainer nicht immer beeinflussen, aber ob die Spieler nach einer solchen Entscheidung zu einer motivierten und verschworenen Gemeinschaft werden, das schon.

Tuchel? „Es wäre völlig fatal, wenn...“

Zwei Punkte sind dabei für mich entscheidend: Zunächst einmal ist es wichtig, dass Tuchel der eigene Ärger, der eigene Frust nicht im Wege steht. Es gilt die neue Situation zu akzeptieren und daraus sogar neue Kraft und Motivation zu ziehen.

Es wäre völlig fatal, wenn sich der Trainer nun als bedauernswertes Opfer fühlen und darstellen wollte. Er gewinnt den Respekt der Spieler, wenn er in diesen Tagen Stärke und Zielfokussierung an den Tag legt. Und damit auch deutlich macht, es geht um wichtigere Dinge als die eigene persönliche Befindlichkeit.

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Und das wäre auch die Basis, um den Spielern die wichtigste Botschaft zu vermitteln: Alle persönlichen Dinge hintenanzustellen und für drei Monate alles dem Erfolg unterzuordnen.

Es wäre der Weg der größtmöglichen Offenheit, mit dem Tuchel die kritischen Spieler gewinnen würde. Im Gespräch mit ihnen das anzusprechen, was offensichtlich ist. Was bedeutet das? Einzuräumen, dass es in den zurückliegenden 12 Monaten auch Entscheidungen gab, mit denen der Spieler mit Sicherheit nicht zufrieden war, festzustellen, dass man auch mal unterschiedlicher Meinung war und sich ärgerte, aber dass nun der Zeitpunkt da ist, das alles abzuhaken.

Es braucht den Schulterschluss mit den Spielern, doch dafür muss der Trainer erst einmal ein „Beziehungs-Angebot“ auf den Tisch legen. Tuchel muss in Vorleistung gehen, wenn er die Spieler für sich und seine Sache gewinnen will.

Dafür braucht es eine starke Kommunikation und viel Empathie. Motivierende Gespräche, verstärktes Augenmerk auf Teambuilding und die Betonung gemeinsamer Ziele sind in meinen Augen die Schlüssel für Thomas Tuchel, wenn er die Spieler hinter sich einen möchte.

Gefeiert wie Heynckes oder „lame duck“ wie van Gaal?

Andere Trainer mussten das in einer solchen Situation gar nicht mehr tun, weil die Beziehungsebene zu den allermeisten Spielern bereits stimmig war.

So wie im Fall von Jupp Heynckes in der Saison 2012/13. Auch er war ab Beginn 2013 eine sogenannte „lame duck“. Sein Nachfolger Pep Guardiola stand da schon fest. Es war klar, dass Heynckes gehen würde. Doch die Spieler bildeten eine Einheit mit ihren Coach. Sie wollten ihm einen gebührenden Abschied bescheren, waren ihm verbunden. Diese Emotionalität steigerte sogar deren Motivation.

Am Ende feierte das Team um Schweinsteiger, Ribéry und Co mit Heynckes das Triple. Auch weil Heynckes eine Zielgerichtetheit und Konsequenz an den Tag legte, die die Spieler beeindruckte. Heynckes nahm keine Rücksicht mehr, er ordnete alles dem Erfolg unter und das verstanden seine Spieler, die alles für ihn taten, damit er mit Titeln abtreten kann.

Aber es gibt auch das Beispiel von Louis van Gaal. Ihm präsentierten die Bayern im März 2011 die Kündigung zum Saisonende. Der Niederländer hielt gerade mal einen Monat in dieser Konstellation durch, bevor er als „lame duck“ ersetzt wurde.

Er hatte, anders als Heynckes zwei Jahre später, kein Team, das geschlossen hinter ihm stand. Tuchel müsste also wissen, wo jetzt der Hebel anzusetzen wäre.

Mounir Zitouni war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seitdem als Businesscoach, betreut Sportler, Trainer und Führungskräfte in punkto Leadership, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Der ehemalige Profifußballer (OFC, SV Wehen, FSV Frankfurt, Esperance Tunis) ist Host des SPORT1-Podcasts Leadertalk und veröffentlicht Kolumnen auf www.sport1.de.