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Frauen-Bundesliga: "Da könnte es ruhig häufiger mal knallen" - Frankfurt-Star Johannes spricht über den Saisonstart und Social Media

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Frauen-Bundesliga: "Da könnte es ruhig häufiger mal knallen" - Frankfurt-Star Johannes spricht über den Saisonstart und Social Media

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SGE-Star: „Haben uns mehr erhofft“

Der Frauenfußball erfährt in Deutschland eine neue Aufmerksamkeit. Stina Johannes, Torfrau von Eintracht Frankfurt, freut sich darüber im Interview mit SPORT1. Sie wagt außerdem kritischen Blick auf Social-Media-Aktivitäten.
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cmichel
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Wer mit Stina Johannes spricht, der lernt eine mit 23 Jahren sehr reife Spielerin kennen. Die Torfrau von Eintracht Frankfurt hat einen klaren und kritischen Blick auf die Ereignisse rund um das gesamte Geschehen.

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Im exklusiven SPORT1-Interview ordnet die Nationalspielerin den Saisonstart mit den Hessen, die Social-Media-Aktivitäten während der Weltmeisterschaft und die Unterschiede zum Männerfußball kritisch ein.

SPORT1: Stina Johannes, die Frauen-Bundesliga erfährt in dieser Saison auch durch das SPORT1 präsentierte Montagabendspiel eine neue Aufmerksamkeit. 430.000 Menschen schauten sich das Spiel zwischen Bayern und Köln in der Spitze an. Wie sehr freut Sie diese neue Wertschätzung für den Frauenfußball in Deutschland?

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Stina Johannes: Ich kannte diese Zahlen noch nicht, aber das freut mich total. Es ist toll, wie sich der Frauenfußball gerade in Deutschland entwickelt. Die Weltmeisterschaft war zwar für uns als deutsches Team nicht gut, aber für das TV war es ein sehr erfolgreiches Turnier. Ich freue mich, dass die Bundesliga insgesamt auf vielen Ebenen mehr Präsenz hat.

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„Sind sportlich nicht zufrieden mit dem Bundesligaauftakt“

SPORT1: Der Start in die neue Saison ging mit Eintracht Frankfurt sportlich daneben, noch konnten keine Punkte gesammelt werden. Überwiegt die Enttäuschung über diesen Fehlstart oder die Freude darüber, dass es insgesamt in der öffentlichen Wahrnehmung mit dem Frauenfußball nach vorne geht?

Johannes: Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Das eine ist, wie die Spiele von Fans und TV-Zuschauern wahrgenommen werden, nämlich positiv. Das freut uns. Es ist auch toll, dass wir so viele Highlight-Spiele haben. Aber natürlich sind wir sportlich nicht zufrieden mit unserem Bundesligaauftakt. Da haben wir uns insgesamt mehr erhofft. Die Niederlage gegen Wolfsburg war sehr ärgerlich, da war mehr für uns drin. Was uns allerdings nicht passieren durfte, war die Auftaktniederlage in Essen. Kompliment an das Team, sie haben das gegen uns sehr gut gemacht. Aber wir hatten einen sehr schlechten Tag und sind gar nicht an unsere Leistungsgrenze herangekommen. Das tut noch immer weh.

SPORT1: Haben Sie eine Begründung, weshalb die Eintracht Frankfurt Frauen in den ersten beiden Ligaspielen punktlos blieben?

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Johannes: Es hat bei uns bei der SGS an verschiedenen Dingen gemangelt. Wir waren in Essen einfach nicht richtig auf dem Platz. Unser Grundproblem war, dass wir präsenter und wacher hätten sein müssen. Keine Spielerin kam an ihre Normalform heran. Dazu gab es individuelle Fehler, wir haben kaum Zweikämpfe angenommen – es war sehr schleppend. Aber ich will den Start nicht komplett schlechtreden.

Die Belastung ist aktuell sehr hoch. Das ist ein Prozess, an den wir uns gewöhnen müssen. Wenn alles gut läuft, wir uns gegen Prag für die Champions-League-Gruppenphase qualifizieren sollten, dann begleitet uns die Mehrfachbelastung bis in den Winter. Das wird sicherlich eine Herausforderung, aber eine, die wir gewollt haben.

„Sehe Erwartungshaltung nicht als Druck“

SPORT1: Im Sommer gab es durchaus Stimmen, die Ihrer Mannschaft durchaus Titelchancen ausgerechnet haben. Sind solche Träume nach diesem Start noch realistisch?

Johannes: Wir haben in jedem der drei Wettbewerbe unsere Ziele gemeinsam gesteckt. In der Champions League wollen wir in die Gruppenphase einziehen. In der Bundesliga wollen wir uns auch wieder für das internationale Geschäft qualifizieren.

SPORT1: Titelträume gibt es also keine ...?

Johannes (lacht): Ich habe alles zu diesem Thema gesagt.

SPORT1: Vor einem Jahr noch bemängelte Sophia Kleinherne in einem Interview die oftmals fehlenden Strukturen. Gerade bei der Eintracht wurde viel getan. Sind nun auch die Spielerinnen in der Pflicht?

Johannes: Wir sind zunächst sehr froh, dass der Verein diese Entwicklung bei uns so vorantreibt und komplett hinter uns steht. Wir trainieren seit Oktober vergangenen Jahres fest auf dem Gelände am Deutsche-Bank-Park, ein enorm wichtiger Schritt. Die Wintersporthalle wird extra für uns umgebaut und gestaltet. Natürlich wollen wir abliefern. Aber das ist auch unsere intrinsische Motivation. Ich sehe die Erwartungshaltung daher nicht als Druck, wir wollen gemeinsam mit dem Verein erfolgreich sein.

Stina Johannes war auch bei der WM dabei
Stina Johannes war auch bei der WM dabei

SPORT1: Ist das bei allen angekommen? Nach der Niederlage gegen Wolfsburg war bei einem Teil der Mannschaft die Stimmung ziemlich ausgelassen, Kinder und Familie kamen auf Platz und in den Innenraum. Ärgert Sie so etwas, wenn man gerade eine 2:4-Pleite eingesteckt hat?

Johannes: Das würde ich differenziert betrachten. Manchen Spielerinnen siehst du den Ärger an und anderen nicht. Ein Teil der Spielerinnen verarbeitet eine Niederlage erst dann, wenn sie am Abend daheim ist oder vielleicht sogar erst im Verlauf der Trainingswoche. Es wäre definitiv falsch zu sagen, dass wir uns über Niederlagen nicht ärgern.

„Da könnte es ruhig häufiger mal knallen“

SPORT1: Der Frauenfußball lebt insgesamt davon, dass es deutlich fairer als bei den Männern zugeht, Schauspieleinlagen sind sehr selten zu sehen. Ist der Leistungsgedanke dennoch etwas, was man sich beim Männerfußball abgucken sollte?

Johannes: Das finde ich falsch zu sagen: Den Leistungsgedanken würde ich niemandem im Team absprechen, den haben wir als Profisportlerinnen alle, nicht weniger, als es ihn im Männerfußball gibt. Was wir uns aber ankreiden können, ist das Thema Emotionalität auf dem Platz.

Da könnte es ruhig häufiger mal knallen, bei einer entscheidenden Grätsche kannst du einmal die Gelbe Karte riskieren. Diese Aggressivität auf dem Platz sieht man bei den Männern häufiger. Das ist sicherlich ein Punkt, mit dem wir uns befassen können.

SPORT1: Am Samstag trifft Frankfurt auf RB Leipzig. Letztes Jahr setzte sich der damalige Zweitligist im Pokal mit 2:1 in diesem Duell durch. Was erwarten Sie für ein Spiel?

Johannes: Wir brauchen eine überzeugende Performance. Die Mannschaft muss da sein und darf im Gedanken nicht einen Schritt weiter sein, als wir dann auf dem Platz sind. Leipzig ist ein gutes Team, sie haben gegen Essen gewonnen. Sie sind ein guter Aufsteiger. Unser Ziel ist dennoch drei Punkte. Dafür müssen wir geduldig und konsequent agieren.

CL? Kopf „komplett“ bei Leipzig

SPORT1: Anschließend können Sie sich mit der Eintracht gegen Prag für die Champions-League-Gruppenphase qualifizieren. Sie konnten mit zwei gehaltenen Elfmetern beim Miniturnier gegen Juventus den Grundstein legen. War das bislang der für Sie persönlich größte Moment Ihrer Karriere?

Johannes: Das war einer der größten Augenblicke meiner Laufbahn, weil es für Verein und Mannschaft so wichtig ist. Wir haben im vergangenen Jahr eine tolle Bundesliga-Saison gespielt und uns den dritten Platz erarbeitet. Jetzt müssen wir die letzte Runde vor der Gruppenphase, die Playoff-Duelle, noch überstehen. Ich weiß, wie viel uns das bedeuten würde, erstmalig als Eintracht Frankfurt in die Gruppenphase der Champions League zu kommen. Deshalb war es emotional gesehen ein ganz wichtiger Tag.

SPORT1: Ist das anstehende Qualifikationsduell gegen Prag das wichtigste Spiel der gesamten Saison? Der Einzug in die Gruppenphase wäre ja ein Meilenstein...

Johannes: Natürlich ist die Partie sehr wichtig. Der Einzug in die Gruppenphase der Champions League ist derzeit das große Ziel. Wir wollen trotzdem am Wochenende gegen Leipzig punkten, das steht als Erstes an. Der Kopf ist komplett bei diesem Spiel. Die Liga ist die Basis für alles. Dennoch freuen wir uns auf die Spiele gegen Prag.

Torhüterin Stina Johannes spielt bei Eintracht Frankfurt
Torhüterin Stina Johannes spielt bei Eintracht Frankfurt

SPORT1: Kommen wir zu Ihnen. Nach dem Abgang von Merle Frohms hatten Sie in Frankfurt eine große Lücke zu schließen. Würden Sie selbst sagen, dass Ihnen dieses Vorhaben gelungen ist?

Johannes: Ich bin im Sommer 2022 nach einem persönlich schwierigen Jahr angekommen. Mein Ziel bei der Eintracht lautete, solide und konstant zu spielen. Ich bin mit der vergangenen Saison sehr zufrieden und habe mich Schritt für Schritt weiterentwickelt.

Social Media? „Sehe es teilweise kritisch“

SPORT1: Der Blick auf Ihre Vita verrät, dass Sie wenige Monate für die japanische Erstligamannschaft INAC Kobe Leonessa tätig waren. Können Sie diesen Schritt erklären?

Johannes: Ich hatte damals bei der Eintracht unterschrieben und wenige Monate zuvor noch die Offerte aus Japan erhalten. Für mich war das Kapitel Essen zu dem Zeitpunkt schon beendet. Ich hatte wahnsinnig Lust auf diese Erfahrung auf der anderen Seite der Welt. Mit 22 Jahren für ein paar Monate in Japan zu leben, ist außergewöhnlich. Das war für mich eine Chance, mich weiterzuentwickeln.

Ich habe zuvor mit Trainer Niko Arnautis und den Verantwortlichen der Nationalmannschaft gesprochen. Alle haben die Vorteile für diesen Schritt gesehen. Ich habe viel aus dem Aufenthalt in Japan gelernt und nachdrücklich gemerkt, dass ich nach dieser Zeit noch ruhiger und erwachsener geworden bin. Zu Beginn war es zwar ein kleiner Kulturschock. Ich kann den Menschen aber nur empfehlen, die Komfortzone einmal zu verlassen.

SPORT1: Sie waren als dritte Torhüterin bei der WM mit dabei. Bei der Suche nach Kritikpunkten für das frühe Aus, kam die zu große Rolle von Social Media auf. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Johannes: Auf der einen Seite ist Social Media ein Vermarktungstool. Das ist wichtig in diesem Business. Ich erkenne daher die Notwendigkeit, sehe es teilweise aber auch kritisch. Auf der anderen Seite aber werden manche Spielerinnen etwas größer eingeschätzt, als es womöglich der Realität auf dem Rasen entspricht. Andere wiederum werden dadurch kleiner gehalten, als sie sind. Ich bin dort relativ wenig aktiv und benutze Social Media nur geringfügig.