Es war Spannung pur und am Ende Ekstase auf Seiten von England. Die englische Nationalmannschaft setzte sich im Viertelfinale der Frauen-EM nach Elfmeterschießen gegen Schweden durch (3:2) - und das, obwohl Schwedens Torhüterin Jennifer Falk vom Punkt für die Entscheidung hätte sorgen können.
Frauen-EM: Trotz Augenkrankheit zur Elfmeter-Heldin
Ein Hinweis, den sie dankend ablehnte
Zur Heldin wurde stattdessen ihr Gegenüber Hannah Hampton. Die 24-Jährige hielt gleich den ersten Elfmeter von Filippa Angeldahl. Mit ihrer Parade des sechsten von insgesamt sieben Elfmetern beider Teams hatten die Engländerinnen endgültig das Momentum auf ihrer Seite.
Hampton trotzt ärztlichem Rat: „Hier bin ich“
„Es war stressig anzusehen und stressig zu spielen“, erklärte Hampton nach der Partie. Dass Hampton diesen Stress überhaupt erleiden würde, schien vor allem zu Beginn in ihrer Kindheit unwahrscheinlich. Die heutige Nationaltorhüterin wurde mit einer schweren Augenkrankheit geboren und bekam von Ärzten den Ratschlag, keinen Fußball zu spielen. Ein Hinweis, den Hampton dankend ablehnte.
Nach mehreren Operationen konnte das Sehvermögen von Englands Nummer eins zwar korrigiert werden, bis heute hat Hampton jedoch Probleme mit der Tiefenwahrnehmung. Besonders auf der Torwartposition ist dies ein entscheidender Nachteil, allerdings hinderte Hampton dies nicht an ihrem Karriereaufstieg.
„Mir wurde von klein auf gesagt, dass ich nicht Fußball spielen kann, dass es kein Beruf ist, den ich ausüben kann. Aber hier bin ich“, wird Hampton von BBC Sport zitiert. Und auch in der Sportschau erklärte sie: „Ich habe immer daran geglaubt. Ich kann sagen, ich habe den Leuten das Gegenteil bewiesen mit meiner Saison bei Chelsea - und nun bin ich hier.“
Hier heißt auch: bei der EM in der Schweiz, wo am Dienstag im Halbfinale gegen Italien (ab 21 Uhr im LIVETCKER) die nächste Herausforderung auf sie wartet.
Mit dem FC Chelsea konnte Hampton in diesem Jahr ein unfassbares Triple aus Meisterschaft, Pokalsieg und Ligapokal-Triumph feiern. Auf dem Weg dahin spielte sie eine tragende Rolle. Doch die vergangenen Jahre waren nicht immer einfach für die Torhüterin. 2022 feierte Hampton zunächst ihr Nationalmannschaftsdebüt gegen Spanien und wurde anschließend in zweiter Reihe Europameisterin.
Bis März 2023 blieb eine weitere Nominierung der Torhüterin jedoch aus. Gerüchte machten die Runde, dass Hamptons Verhalten ausschlaggebend für ihr zwischenzeitliches England-Aus war. „Ich war ein sehr junges Mädchen, als all die Geschichten herauskamen, und man ist nicht wirklich darauf vorbereitet. Das erwartet man nicht“, sagte Hampton der BBC.
Ein ungewöhnlicher Karriereweg als größte Stärke?
Doch trotz des öffentlichen Gegenwinds kämpfte sich Hampton erneut zurück und trat bei der Euro 2025 auch im Nationalteam in die Fußstapfen von Mary Earps, die im Mai ihre England-Karriere beendet hatte. Neben gehaltenen Elfmetern und Paraden aus dem Spiel heraus überzeugt Hampton dabei durch ihre technische Begabung und ihr Spiel mit dem Ball am Fuß.
Beim 4:0-Sieg gegen die Niederlande am 2. Gruppenspieltag bereitete Hampton zwei Treffer direkt vor und verdiente sich anschließend das Lob von Trainerin Sarina Wiegman. „Als Torhüterin hat sie zwei Tore vorbereitet. Bemerkenswert oder? Es waren brillante Pässe“, schwärmte Wiegman nach der Partie.
Bemerkenswert an der Karriere von Hampton ist neben ihrer Augenerkrankung auch, dass sie erst mit 16 Jahren aus dem Sturmzentrum zwischen die Pfosten wechselte. Ein später Wechsel, der ihrem Spiel heute noch zugutekommt und auch von ihrer ehemaligen Teamkollegin Ellen White gelobt wird.
„Ihr Passspiel ist unübertroffen, die Art und Weise, wie sie sich bewegt und den Ball kontrolliert. Sie gilt als eine der aufregendsten jungen Torhüterinnen im Weltfußball“, erklärte White und meinte: „Vielleicht hat sie andere Leute beeinflusst, die dachten, sie könnten keine Torhüterin sein.“