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"Auf dem Platz ist er ein absolutes Phänomen"

Woltemade „ein absolutes Phänomen“

Zwei Siege trennen das DFB-Team vom Titel in der Nations League. Vor dem Halbfinale spricht Maximilian Mittelstädt im exklusiven SPORT1-Interview über das Spiel gegen Cristiano Ronaldo, den Pokalsieg - und kommt bei einem Teamkollegen nicht aus dem Schwärmen heraus.
Nick Woltemade wurde zum ersten Mal in die A-Nationalmannschaft berufen. Bundestrainer Julian Nagelsmann spricht darüber, was er von ihm erwartet.
Zwei Siege trennen das DFB-Team vom Titel in der Nations League. Vor dem Halbfinale spricht Maximilian Mittelstädt im exklusiven SPORT1-Interview über das Spiel gegen Cristiano Ronaldo, den Pokalsieg - und kommt bei einem Teamkollegen nicht aus dem Schwärmen heraus.

Der frischgebackene Pokalsieger strahlt noch immer über beiden Ohren, als ihn SPORT1 am „Homeground“ in Herzogenaurach, dem Teamquartier der DFB-Elf, zum exklusiven Gespräch trifft. Maximilian Mittelstädt ist einer von vier Stuttgartern, die Berlin den DFB-Pokal in die Höhe stemmen durften.

Für den 28-Jährigen ist es der erste Titel in seiner Profilaufbahn. Dementsprechend „knackig“ waren auch die Feierlichkeiten. Schon am Wochenende könnte der zweite folgen. Dafür muss die DFB-Elf am Mittwoch (21 Uhr im SPORT1-LIVETICKER) im ersten Schritt Portugal aus dem Weg räumen. Für Mittelstädt ist das Duell vor allem wegen Cristiano Ronaldo etwas ganz Besonderes.

Außerdem verrät der gebürtige Berliner, dass er sich eine Rückkehr zu seinem Herzensverein vorstellen kann und welchen DFB-Teamkollegen er in seinem geplanten Café als Barista einstellen würde. Zudem spricht er über besondere Rituale vor dem Spiel und bezeichnet einen Mitspieler als „absolutes Phänomen“.

SPORT1: Herr Mittelstädt, am Mittwoch treffen Sie mit der deutschen Nationalmannschaft auf Portugal. Haben Sie intern schon geklärt, wer das Trikot von Cristiano Ronaldo bekommt?

Maximilian Mittelstädt: Das haben wir tatsächlich noch gar nicht (lacht). Ich würde auf jeden Fall nicht Nein sagen. Ich weiß gar nicht, wer aus der Mannschaft große Ambitionen hat. Gegen ihn zu spielen, wird aber auf jeden Fall etwas ganz Besonderes. Ich hoffe, dass er ein paar Trikots mehr dabei hat, damit ich am Ende auch eines ergattern kann.

„Wollen wir hunderttausend Mal mehr als ein Ronaldo-Trikot“

SPORT1: Wie ist das Gefühl, wieder in Herzogenaurach im Kreise des DFB-Teams zu sein?

Mittelstädt: Immer, wenn ich hierherkomme, denke ich automatisch an die Heim-EM. Das ist schon ein spezielles und sehr schönes Gefühl. Ich trainiere hier mit den besten Spielern aus Deutschland. Und die Stimmung ist immer top. Man merkt jedem an, wie stolz er ist, dabei zu sein. Dazu kommt, dass wir uns alle auch außerhalb des Platzes sehr gut verstehen. Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Das hilft immer, um erfolgreich zu sein. Und das wollen wir sein. Immerhin geht es jetzt um einen Titel. Wir stehen im Halbfinale und wollen den Pokal unbedingt holen. Das ist das Ziel! Das wollen wir auch hunderttausend Mal mehr als ein Trikot von Ronaldo - das wäre nett, der Titel aber der Mega-Hammer!

SPORT1: Während der Europameisterschaft haben Sie im Camp häufig Cornhole gespielt. Jetzt steht Mario Kart auf der Spielekonsole hoch im Kurs. Zu welcher Fraktion gehören Sie?

Mittelstädt: Cornhole? Das kenne ich gar nicht (lacht). Das ist wohl die professionelle Bezeichnung. Bei uns heißt das Sackwerfen oder so. Das habe ich schon gerne gespielt. Mario Kart ist dagegen nichts für mich. Da habe ich den Einstieg verpasst. Da kann ich nicht mithalten. Ich genieße es aber auch einfach zwischen den intensiven Einheiten zu entspannen. Am liebsten mit einem Käffchen.

SPORT1: Gutes Stichwort! Sie sind ein großer Kaffee-Liebhaber. In einem Interview hatten Sie verraten, dass Sie nach der Karriere vielleicht ein Café eröffnen wollen. Welchen Mitspieler aus der Nationalmannschaft würden Sie in Ihr Barista-Team holen?

„Ter Stegen ist ein absoluter Experte“

Mittelstädt: Ter Stegen! Der ist ein absoluter Experte. Der zaubert uns ab und an auch mal den ein oder anderen Kaffee. Der ist die Nummer 1 – auch an der Kaffeemaschine. Ich versuche da zwar mitzuhalten, bin aber keine große Konkurrenz.

SPORT1: Ändern sich Ihre Abläufe in Bezug auf Spielvorbereitung oder Training, wenn Sie beim DFB sind?

Mittelstädt: Nein! Meine Rituale und Vorbereitung sind immer gleich - ganz egal, wo ich bin. Ein bisschen abergläubisch bin ich nämlich schon.

SPORT1: Welche Rituale haben Sie denn?

Mittelstädt: Ich ziehe immer erst den linken Schienbeinschoner an, berühre den Platz immer erst mit dem linken Fuß. Außerdem trage ich immer ein weißes Tape, auf das ich die Anfangsbuchstaben meiner Familie und Frau draufschreibe.

SPORT1: Auch von Ihrem Hund Carlo?

Mittelstädt: Nein (lacht). Tatsächlich nur von Mama, Papa, meinem Bruder und meiner Frau.

SPORT1: Sie haben gerade von eingeschworener Gemeinschaft gesprochen. Wie ist denn Ihr Verhältnis zu David Raum? Sie befinden sich in einem ständigen Konkurrenzkampf um die Linksverteidiger-Position. Ist das angespannter?

Mittelstädt: Im Gegenteil! Wir pushen und loben uns oft. Klar befinden wir uns in einem ständigen Konkurrenzkampf. Trotzdem kennen und verstehen wir uns sehr gut. Wir haben auch schon bei der U20-Auswahl zusammengespielt und sind beide wahnsinnig stolz, überhaupt in der Nationalmannschaft spielen zu können. Die Hauptsache ist doch, dass wir als Team erfolgreich sind. Aber natürlich will man als Fußballer immer auf dem Platz stehen.

SPORT1: Welche Bedeutung hätte für Sie der Nations-League-Sieg?

Mittelstädt: Wir können einen Pokal gewinnen und genau das ist der Antrieb. Das wäre der zweite in meiner Profikarriere. Das wäre großartig.

SPORT1: Ihr erster ist ja noch gar nicht mal so lange her: DFB-Pokal-Sieg mit dem VfB Stuttgart. Hat sich Ihr Standing in der Nationalmannschaft dadurch verändert?

Mittelstädt: In der Mannschaft eigentlich nicht. In der Stadt Stuttgart aber auf jeden Fall. Wenn du seit 28 Jahren nicht mehr den Pokal und seit knapp 20 Jahren überhaupt keinen Titel mehr geholt hast, dann ist das natürlich schon besonders. Man steht damit auch ein Stück weit mit Vereinslegenden in einer Reihe. Und das merkt man in der Stadt.

SPORT1: Inwiefern?

Mittelstädt: Die Menschen wollen verstärkt Fotos machen, gratulieren einem. Die Stadt lebt den Fußball extrem, das habe ich so noch nicht erlebt. Alle Leute stehen hinter dem Verein. Diese Bindung ist brutal. Das ist einfach ein geiles Gefühl.

SPORT1: Anders als in Ihrer Heimatstadt Berlin?

Mittelstädt: Da verläuft es sich einfach viel mehr. Da gibt es viele andere Vereine, Sportarten und viele prominente Personen in der Stadt. In Stuttgart ist das eben nicht so.

SPORT1: In Stuttgart sind Sie also deutlich mehr Promi als in Berlin?

Mittelstädt: Definitiv. Hier kann ich kaum rausgehen, ohne erkannt zu werden. Egal, ob ich beim Bäcker, Einkaufen, Gassigehen mit dem Hund oder sonst wo bin. Das zeigt aber auch eine gewisse Anerkennung und Wertschätzung. Wenn mich jemand anspricht, ist das immer eine Ehre. Ich genieße das.

SPORT1: Die Einheiten unter Julian Nagelsmann sind häufig intensiv. Wie knackig ging es denn bei der Feier nach dem Pokalsieg zu?

Mittelstädt: Die Feier war auf jeden Fall auch knackig (lacht). Wir waren ja auch noch drei Tage auf Ibiza. Das war eine gute Zeit. Das haben wir aber auch gebraucht, um alles verarbeiten und genießen zu können. Jeder meinte zwar immer: Genießt das Finale und die Reise nach Berlin. Das ging aber nicht wirklich, denn wir standen unter extremem Druck. Wir mussten das Spiel gewinnen, das hat jeder von uns erwartet. Das war schon krass. Und dass Bielefeld gut kicken kann, wussten wir eben auch. Deshalb konnten wir das erst im Nachhinein realisieren und so richtig genießen.

SPORT1: Mit dem VfB sind Sie in der vergangenen Saison Vizemeister geworden, haben Champions League gespielt. In diesem Jahr reichte es nur für Platz neun. Dennoch steht am Ende der Pokalsieg und damit die Qualifikation für die Europa League. Welche Note geben Sie der Spielzeit?

Mittelstädt: Eine Zwei. Eine Eins wäre es gewesen, wenn wir uns über die Bundesliga schon für das internationale Geschäft qualifiziert hätten. Dafür haben wir aber die Ergebnisse nicht eingefahren. Obwohl wir manchmal sehr gut gespielt haben. Aber der Pokalsieg überragt natürlich alles.

SPORT1: Vier VfB-Profis sind von Julian Nagelsmann für diesen Lehrgang nominiert worden. Nur der FC Bayern stellt derzeit mehr (fünf). Warum ist Stuttgart so ein gutes Pflaster für die DFB-Auswahl?

Mittelstädt: Die Chemie stimmt einfach. Auch die Kommunikation ist richtig gut. Da hilft es auch, dass wir sehr viele deutschsprachige Spieler im Team haben. Jeder weiß: Wenn du gut spielst, guckt auch der Bundestrainer zu und sieht dich. Die Chance, sich über gute Leistungen für die DFB-Elf zu qualifizieren, ist immer da.

„Woltemessi gegen Ronaldo – das ist Programm"

SPORT1: So auch erstmals Ihr Teamkollege Nick Woltemade – oder sollten wir ihn eher Woltemessi nennen?

Mittelstädt: Auf jeden Fall! So nennen wir ihn sowohl im Verein als auch hier. Wir albern in diesen Tagen schon viel herum: Woltemessi gegen Ronaldo – das ist Programm (lacht).

SPORT1: Ist er denn so gut? Wie tickt er als Mensch?

Mittelstädt: Er ist einfach ein ganz feiner Typ. Vor allem ist er auch neben dem Platz sehr lustig. Er versteht sich mit jedem, hat mit niemandem Probleme. Und auf dem Platz ist er ein absolutes Phänomen. Dass er mit so einer Körpergröße (1,98 m; Anm. d. Red.) diese Technik hat, mit dem Fuß besser ist als mit dem Kopf, ist Wahnsinn. Wie er die Bälle festmacht, wie er sich um Gegenspieler herumdreht, ist unglaublich. Am Saisonende war er einer unserer wichtigsten Spieler.

SPORT1: Haben Sie Angst, dass er den Verein zeitnah verlassen könnte, wenn er so weitermacht?

Mittelstädt: Er ist beim VfB Stuttgart sehr gut aufgehoben. Mich wundert es nicht, dass es offenbar für ihn einige Interessenten gibt. Ich bin aber sicher: Er wird schon noch ein paar Jahre bei uns bleiben.

SPORT1: Mit 15 Jahren sind Sie zu Hertha BSC gewechselt, haben dort, und auch in der Nationalmannschaft die Jugendmannschaften durchlaufen. Gab es jemals einen Plan B, falls es mit dem Fußball nicht klappen sollte?

Mittelstädt: Ich habe mich immer stark auf den Fußball fokussiert. Parallel habe ich dennoch mein Abitur gemacht. Das war mir wichtig. Und wer weiß, wofür ich das irgendwann noch brauchen kann. Vielleicht, um nach der Karriere ein Café zu eröffnen. Ich kann mir aber auch eine Rolle im Fußball vorstellen. Ich hoffe, dass mir da meine Karriere auch die eine oder andere Tür öffnet.

SPORT1: Kevin Volland und Florian Niederlechner wechseln im Sommer zu ihrer ersten großen Liebe, zum TSV 1860 München zurück. Sie sind Berliner durch und durch. Könnten Sie sich einen ähnlichen Karriereausklang bei der Hertha vorstellen?

Mittelstädt: Ich bin Berliner Junge, bin ein Fan des Vereins. Ich würde das nicht ausschließen. Aber aktuell fühle ich mich in Stuttgart wahnsinnig wohl und denke auch nicht an die Zeit danach. Dafür bin ich wirklich auch noch viel zu jung.

SPORT1: Was ist Ihr Secret Talent? Was würden Ihre Freunde oder Ihre Frau sagen, was Sie am besten können?

Mittelstädt: Am meisten Lob bekomme ich für den Kaffee, den ich meiner Frau jeden Tag zubereite: Flat White mit Hafermilch.

SPORT1: Inklusive Latte Art?

Mittelstädt: Ein Herz bekomme ich auf jeden Fall hin. Sogar Tulpen (lacht).

SPORT1: Wenn Sie am Mittwoch nicht das Trikot von Cristiano Ronaldo bekommen, welches brauchen Sie unbedingt noch in Ihrer Karriere?

Mittelstädt: Gute Frage (überlegt). In der Champions League habe ich mir schon das von Vinícius Júnior gesichert, das war schon cool. Aber CR7 wäre schon stark. Das ist das Maß aller Dinge. Nochmal: Wenn er es mir gibt, würde ich es nicht ablehnen.