Niclas Füllkrug war die Freude richtig anzumerken, als er das Podium in Herzogenaurach betrat. Der 32-Jährige hat ohnehin keine Probleme mit Presseterminen. Zu seiner guten Laune dürfte vor allem die Tatsache beigetragen haben, dass er überhaupt wieder bei der Nationalmannschaft dabei ist.
Eigentlich kaum Anlass, ihn zu nominieren
Kaum Anlass, ihn zu nominieren
„Man muss die Situation realistisch einschätzen. Der Bundestrainer hat mich bestimmt nicht eingeladen, weil ich die beste Saison meiner Karriere gespielt habe“, ordnete Füllkrug ein: „Sondern eher aufgrund dessen, weil ich hier immer gut funktioniert habe.“
Füllkrug von Verletzungssorgen aus der Bahn geworfen
In der Tat: Sein erstes Jahr bei West Ham United mit all den Verletzungssorgen bot tatsächlich wenig Anlass, Füllkrug zu nominieren. Zumal Julian Nagelsmann gerade vor der EM 2024 die Marschroute ausgegeben hatte, vor allem auf Spieler setzen zu wollen, die sich in bester Verfassung befinden. Das „Momentum“ müsse stimmen.
Dass der Bundestrainer für Füllkrug diese Regel aktuell aufweicht, zeigt, wie gut das Standing des Stürmers inzwischen ist. „Meine Qualitäten werden zu einem gewissen Zeitpunkt sicherlich auch gebraucht“, erklärte er.
Ein Selbstbewusstsein, das Füllkrug schon während der Europameisterschaft an den Tag legte. Als einziger der damaligen Reservisten ließ er zu dieser Zeit durchblicken, dass er sich einen Platz in der Startelf wünsche – an Kai Havertz kam er trotzdem nicht vorbei. Der Arsenal-Profi erholt sich derzeit von seiner Oberschenkelverletzung und fehlt daher im DFB-Kader. Auch Tim Kleindienst, der in den vergangenen beiden Länderspielen gegen Italien überzeugen konnte, fällt aus (Meniskusverletzung).
Dass Füllkrug bereit ist, auch im eigentlich so auf Harmonie getrimmten Umfeld der Nationalmannschaft seine Ansprüche vor und hinter den Kulissen deutlich zu machen, bewies er jetzt erneut: „Ich definiere Harmonie über ein gesundes Arbeitsklima einer Gruppe, die erfolgreich sein will. Das heißt auch, kritisch miteinander zu sein, einzufordern und Vorbild den anderen gegenüber zu sein“, betonte der 32-Jährige auf Nachfrage von SPORT1. Man spürt, dass er kein Freund von Kuschelpädagogik ist.
DFB-Team: Wer die besten Sturm-Chancen hat
Es ist auch dieser brennende Ehrgeiz, der Füllkrug für Nagelsmann so wertvoll macht. Der Stürmer ist in der Lage, die Kollegen mitzuziehen und die teaminterne Konkurrenz anzuheizen. Zum Beispiel Nick Woltemade.
Der Shootingstar vom VfB Stuttgart steht erstmals im Kader der A-Nationalmannschaft und hat sogar die Chance auf einen Startelfeinsatz gegen Portugal. „Sonst wäre er nicht hier“, so Nagelsmann. Allerdings hat Woltemade nach dem Final Four die U21-EM vor der Brust. Der Bundestrainer ließ bereits durchblicken, dass er durchaus bereit ist, auf die Interessen der U21 Rücksicht zu nehmen – was eher gegen einen schnellen Einsatz von Woltemade spricht.
Gegenüber seinem alten Freund aus gemeinsamer Bremer Zeit dürfte Füllkrug also die Nase vorne haben – auch wenn das Trainerteam noch keine echte Stürmer-Rangfolge kommuniziert hat.