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Deutschland - Costa Rica 2006: Lahms Märchenstart, Sönke Wortmanns Kabinen-Panne

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Deutschland - Costa Rica 2006: Lahms Märchenstart, Sönke Wortmanns Kabinen-Panne

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Lahms Märchenstart, Wortmanns Panne

Bei der Heim-WM 2006 begann gegen Costa Rica das deutsche Sommermärchen mit einem Traumtor Philipp Lahms. Dokumentator Sönke Wortmann passierte beim Filmen ein folgenschwerer Fehler.
Am 9. Juni 2006 eröffnete Philipp Lahm mit einem Traumtor die WM in Deutschland. Es wurde ein Sommermärchen, die Welt war zu Gast bei Freunden.
mhoffmann
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Deutschland gegen Costa Rica - das ist eine Wortkombination, die auch bei überzeugten WM-Boykotteuren ein paar wohlige Gefühle auslösen dürfte.

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2006 in München. Der Beginn des Sommermärchens. Der wichtige erste Schritt aus einem tiefen Tal, in das der deutsche Fußball vorher geraten war. Der erste Schritt dieses nicht leichten Weges, der endete mit einer rauschenden Platz-3-Party auf der Fanmeile in Berlin. Und letztlich auch mit dem WM-Titel in Rio 2014.

Aber wie genau war das damals eigentlich nochmal? (NEWS: Alles Wichtige zur WM)

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WM 2006 von viel Unruhe begleitet

Es war Freitag, der 9. Juni 2006. Premierentag der lang erwarteten Heim-WM auf deutschem Boden. Viel Euphorie bei den 59.146 Fans in der frisch fertiggestellten Allianz Arena in Fröttmaning, aber doch auch viel Unsicherheit. (DATEN: Gruppen und Tabellen der WM)

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Wird jetzt wirklich alles besser, zwei Jahre nach dem zweiten EM-Vorrundenaus in Folge? Sind der danach zum Bundestrainer berufene Jürgen Klinsmann und sein gut gekleideter Assistenzcoach Joachim „Jogi“ Löw hier wirklich die richtigen Männer am richtigen Ort?

Hat Klinsmann es nicht vielleicht übertrieben und falsch angestellt mit seiner vollmundigen Ankündigung, dass man „den ganzen Laden auseinandernehmen“ müsse? Der ganze toxische Ärger um die Degradierung von FC-Bayern-Keeper Oliver Kahn zu Gunsten von Jens Lehmann? Der ständige Streit mit mächtigen Liga-Bossen wie Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der irgendwann schimpfte: „Der soll hier herkommen und nicht ständig in Kalifornien rumtanzen und uns hier den Scheiß machen lassen.“

Vor der Heim-WM 2006 ruft Bundestrainer Klinsmann den Zweikampf ums deutsche Tor aus: Oliver Kahn muss sich gegen Herausforderer Jens Lehmann behaupten. Es wird ein verbissenes Duell.
05:14
SPORT1 History: Duell zwischen Oliver Kahn und Jens Lehmann vor der WM 2006

Und hätte er nicht vielleicht doch gleich Michael Ballack, den Capitano, aufstellen müssen, der sich trotz seiner hartnäckigen Wadenverletzung für das Spiel fit gemeldet hatte?

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Es dauert knapp sechs Spielminuten, bis ein junger Mann namens Philipp Lahm diese Fragen in den Hintergrund schießt.

Philipp Lahms Traumtor gegen Costa Rica sorgte für die Initialzündung

Früh im Spiel entdeckt der 22 Jahre alte Linksverteidiger - beim FC Bayern knapp ein halbes Jahr als Stammspieler etabliert - eine klaffende Lücke in der Verteidigung Costa Ricas. Zieht vom linken Strafraumeck ohne Gegenwehr ab, versenkt den Ball unhaltbar ins rechte Eck.

Lahms umjubeltes Traumtor ist als die Initialzündung in Erinnerung geblieben, obwohl der Sieg damit noch nicht gesichert ist: Sechs Minuten später schlägt Paulo Wanchope mit dem 1:1 zurück - Arne Friedrich hatte das Abseits aufgehoben und Keeper Lehmann chancenlos zurückgelassen.

Nicht der einzige Abwehrfehler an dem Abend: Das Umschaltspiel der offensiv pressenden DFB-Elf hakt bei Ballverlusten öfters und bringt Lehmann und das Innenverteidiger-Duo Per Mertesacker und Christoph Metzelder in Bedrängnis.

Miroslav Klose beruhigt an seinem 28. Geburtstag die Stimmung aber schnell wieder: In der 17. Minute verwertet er eine Flanke von Jungstar Bastian Schweinsteiger (21) zum 2:1-Halbzeitstand.

Sönke Wortmann mit Stellungsfehler in der Kabine

Zwischen der 45. und 46. Minute passiert dann wieder ein haarsträubender Stellungsfehler: Sönke Wortmann, der bekannte Filmregisseur, der ein Doku-Projekt über die deutsche WM-Mission plant, postiert sich bei Klinsmanns Halbzeitansprache falsch und filmt dessen Hinterkopf.

Die Aufnahme ist auch wegen des schlechten Tons nicht verwertbar, wie Wortmann später der Welt berichtet. In „Deutschland: Ein Sommermärchen“ erfahren die Zuschauer anders als nach Gruppenspiel 2 gegen Polen (“Wir knallen sie durch die Wand hindurch!“) also nie, wie genau Klinsmann gegen Costa Rica motiviert hat. Gut genug allerdings, wie sich zeigt.

Jürgen Klinsmanns Kabinen-Ansprachen bei der WM 2006 wurden zur Legende
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In Minute 61 legt erneut Geburtstagskind Klose mit seinem siebten WM-Tor nach und zieht im ewigen Ranking mit 1954-Held Hans Schäfer gleich. Ein letztes Zittern kommt nochmal auf, als Wanchope in Minute 73 nochmal verkürzt - ein irreguläres Abseitstor, aber was will man machen ohne Videobeweis. Torsten Frings macht mit einem Gewaltschuss 3 Minuten vor Spielende aber alles klar. Das an Ballacks Stelle von Bernd „Schnix“ Schneider geführte Team darf jubeln.

Klinsmann: „Geil, absoult geil!“

„Wenn auch ein bisschen holprig, aber der WM-Auftakt ist geglückt“, schreibt SPORT1. Auch Wegbereiter Lahm ist zufrieden, wenngleich er eine kleine Mahnung unterbringt: „Wir haben vier Tore gemacht. Das ist wichtig. Nur ist es klar, wir dürfen nicht mehr so viele Tore kassieren.“

Coach Klinsmann betrachtet es etwas milder: „Die Mannschaft ist ein unheimlich hohes Tempo gegangen. Dabei kann immer mal wieder ein Fehler in der Rückwärtsbewegung passieren.“ Er habe „sehr viel Positives gesehen“. Direkt ans Team gewendet jubiliert er: „Geil, absolut geil! Das kann uns keiner mehr nehmen.“

Wie es weitergeht, ist bekannt: 1:0 gegen Polen (Odonkor auf Neuville). 3:0 gegen Ecuador. 2:0 gegen Schweden. 4:2 im Elfmeterschießen gegen Argentinien (Kahn herzt Lehmann, der Zettel). 0:2 nach Verlängerung gegen Italien, schade. 3:0 im Spiel um Platz 3 gegen Portugal mit dem jungen Cristiano Ronaldo. Fanmeile. (So sieht Torsten Frings den Eklat gegen Argentinien heute)

Sönke Wortmann filmt das deutsche Team auf der Fanmeile
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Jürgen Klinsmann tritt nach der WM ab und überlässt Assistent Löw für die nächsten 12 Jahre das Feld. Er hat seinen zwiespältigen Ruf aufpoliert, so sehr, dass selbst Uli Hoeneß milde gestimmt ist und bald darauf befindet: Der wäre doch einer für Bayern ...

Costa-Rica-Topstar Wanchope 2015 in kuriosem Skandal

Was Costa Rica 2006 mit Costa Rica 2022 gemeinsam hat? Nicht mehr viel, auch die alten Recken wie Torwart Keylor Navas und der ewige Bryan Ruiz (37) waren seinerzeit nicht dabei.

Der damalige Topstar und Doppeltorschütze Wanchope wurde 2015 kurz Nationaltrainer - ehe er 2015 nach einem Prügel-Skandal zurücktrat: Er hatte sich mit einem Ordner in Panama gefetzt, der ihn bei einem U23-Spiel nicht auf den Platz gelassen hatte. Wanchope begleitete die WM und das 0:7-Debakel gegen Spanien als TV-Experte für ESPN.

Was Deutschland - Costa Rica 2006 und 2022 aber in jedem Fall eint: Das ums Achtelfinale bangende DFB-Team ist wieder an einem Punkt, an dem es eine Initialzündung brauchen kann - und etwas „Geiles“, was ihm keiner mehr nehmen kann. (DATEN: WM-Spielplan 2022)