Am Ende war es nur eine von vielen bemerkenswerten Szenen eines bemerkenswerten Spiels.
Ramos vs. Pique: Geschichte einer Hassliebe
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Aber neben Sergio Ramos' Platzverweis, James Rodriguez' Ausgleich und Lionel Messis Siegtor setzte sich beim Clasico zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona auch eine unendliche Geschichte fort: die seit Jahren schwelende Hassliebe zwischen Sergio Ramos und Gerard Pique.
Ramos fliegt - und beklatscht Pique
Als hätte er nach seiner Roten Karte in der 77. Minute beim Stand von 1:2 aus Sicht von Real keine anderen Sorgen gehabt, gestikulierte Ramos beim Gang in die Katakomben noch einmal explizit in Richtung Pique, klatschte diesem Beifall und deutete in Richtung Tribüne.
"Geri redet gerne über Schiedsrichter, beschwert sich und twittert - und er hat seinen Willen bekommen", erklärte Ramos, der von der Disziplinar-Komission nur für ein Spiel gesperrt wurde, seine Gesten.
Pique konterte seinerseits: "Hier in Madrid sind sie wohlgesonnene Schiedsrichter gewohnt. Und wenn ein Schiedsrichter einfach einen guten Job macht, ist er der Buhmann."
Aussagen, wie man sie seit Jahren von den beiden Verteidiger-Assen hört.
Erfolgreiches Duo für Spanien
Und so sind die Anschuldigungen vom Sonntag nur die neuesten in einer inzwischen langen Liste an ungewöhnlichen Sticheleien und Verbalattacken.
Ungewöhnlich vor allem deshalb, weil Pique und Ramos jedes Jahr für mehrere Wochen alle Streitereien zu vergessen scheinen, wenn sie gemeinsam für die spanische Nationalmannschaft auf dem Platz stehen.
Gemeinsam wurden sie mit der "Seleccion" Weltmeister und zwei Mal Europameister - was die Streithähne nicht davon abhält, den Rest des Jahres immer wieder aufeinander loszugehen.
Der Anfang der Rivalität
Aber wo nahm alles seinen Anfang?
Manch einer behauptet, es habe mit einer unbedachten Äußerung von Ramos auf einer Pressekonferenz der spanischen Nationalmannschaft im Oktober 2010 begonnen.
Auf die Frage eines Journalisten, ob Pique ihm eine Antwort auf Katalanisch geben könne, sagte Ramos: "Antworte auf Andalusisch." Ein missglückter Scherz, der dem gebürtigen Katalanen Pique nicht allzu gut gefallen haben dürfte.
Umso schöner für ihn, dass sich nur wenig später die süße Chance zur Revanche bot.
5:0 Barca: Ramos sieht Rot, Pique feiert
Im November 2010 deklassierte Barca die Königlichen in einem legendären Clasico in Barcelona mit 5:0. Ramos verlor die Nerven und flog in der Nachspielzeit nach einer Brutalo-Grätsche gegen Messi vom Platz.
Und Pique? Spazierte anschließend genüsslich mit fünf erhobenen Fingern durch das Camp Nou und schwang sich endgültig zum Feindbild Nummer eins für alle Madridistas auf.
In deren Wunde bohrte Pique auch 2015 wieder, als die Königlichen die Meisterschaft verspielten, nachdem mehrere Real-Stars kurz nach einer deftigen Pleite gegen Atletico mit dem kolumbianischen Popstar Kevin Roldan Cristiano Ronaldos Geburtstag feierten.
"Danke an alle und danke an Kevin Roldan", sagte Pique nach dem Titelgewinn: "Es begann alles mit dir."
Zwei Alphatiere prallen aufeinander
Die Erklärung, warum immer wieder ausgerechnet Pique und Ramos aneinandergeraten, ist einfach: Auch ohne Kapitänsbinde steht seit Jahren kein Spieler so für Barca wie Pique. Und kein Madrilene ist königlicher als Ramos.
"Ich verteidige meine Farben, Pique seine", erklärte Ramos nach der neuerlichen Clasico-Pleite am Sonntag das Verhältnis der beiden Alphatiere: "Und wenn wir dasselbe verteidigen (in der Nationalmannschaft, Anm. d. Red.), tun wir das zusammen. Aber erwartet nicht, dass ich ihn nach einem Clasico umarme."
Auch Pique hat abseits aller Sticheleien und öffentlicher Scharmützel lobende Worte für Ramos übrig. "Wir haben ein gutes Verhältnis und verbringen beim Nationalteam viel Zeit miteinander", schrieb er einmal bei einer Fragerunde auf Twitter.
Für Ramos ist es vor allem die Rivalität zwischen Real und Barca, die immer existieren werde und die beiden trenne. "Wir nehmen uns das nicht übel, das läuft alles ziemlich sportlich ab", sagte er einmal.
Würde nicht einer in Blau-Rot und der andere in Weiß spielen, wer weiß: Sie könnten beinahe beste Freunde sein.