Bray Wyatt alias The Fiend entlassen und womöglich schon auf dem Weg zu neuen Ufern, Legende Ric Flair ebenso.
Historisches Beben: Verspielt WWE die Macht?
Ein brisanter und hoch umstrittener Kurswechsel bei NXT, an den dort eigentlich zuständigen Triple H und Shawn Michaels vorbei - und dazu der mögliche Verlust des mit viel Star-Potenzial versehenem Adam Cole.
Bei WWE bebte es in den vergangenen Wochen gewaltig - zur Freude des bald ohnehin hochkarätig verstärkten Konkurrenten AEW?
Zahlreiche WWE-Fans sind in Aufruhr aufgrund der zuletzt zahlreichen strittigen Personalentscheidungen von Ligachef Vince McMahon. Hat er völlig das Gespür dafür verloren, was sein Publikum will? Oder sind seine Entscheidungen begründeter, als sie auf den ersten Blick erscheinen?
In der neuen Folge von Heelturn - der SPORT1 Wrestling Podcast - auf SPORT1, Spotify, Apple Podcasts, Deezer und überall wo es Podcasts gibt - gehen Marcus Hinselmann und Martin Hoffmann den aktuellen Entwicklungen und ihrer historischen Tragweite auf den Grund.
Was steckt hinter den gigantischen Umwälzungen der Wrestling-Landschaft, was für Folgen werden sie haben? Agiert AEW - wo CM Punk und Daniel Bryan vor ihrem Debüt stehen sollen - bald auf echter Augenhöhe? Oder geht mit möglichen weiteren Verpflichtungen wie Wyatt, Flair, Cole und anderen von WWE Gefeuerten oder Vergraulten sogar noch mehr?
Zum Beben hinter den Kulissen und dem Konzeptwechsel bei NXT:
Marcus Hinselmann: “Ich frage mich, wie sich jetzt all die Wrestler bei NXT fühlen, die zwar nicht entlassen worden sind, aber denen jetzt vermittelt wird, dass sie nun nicht mehr ins neue Konzept passen mit der Fokussierung auf junge Schwergewichte unter 30: Wie fühlt sich ein Isaiah “Swerve” Scott, Kyle O’Reilly, Johnny Gargano, Tommaso Ciampa, Timothy Thatcher? Wenn es so weit kommt, dass ein Gargano, der NXT in den vergangenen Jahren wie kein Zweiter verkörpert hat, irgendwann vor die Tür gesetzt wird oder von sich aus geht: heftig.”
Martin Hoffmann: “NXT in seiner bisherigen Form sollte für WWE etwas tun, den stilistischen Raum von WWE verbreiten und anderen Ligen den Raum nehmen. Aus Sicht von Vince McMahon ist das nun gescheitert, denn AEW hat sich trotzdem entfaltet. Dafür wird NXT nun bestraft. Man kann es von zwei Seiten betrachtet: Als Nachwuchsprojekt von WWE hat NXT so nicht funktioniert, denn es hat den Hauptkader-Verantwortlichen Wrestler geliefert, mit denen sie offensichtlich nichts anfangen konnten und die mittlerweile teils bei AEW gelandet und erfolgreich sind - wie Malakai Black und Andrade El Idolo. Die Streitfrage ist aber nun: Muss man deswegen bei NXT etwas verändern? Oder muss man nicht stattdessen RAW und SmackDown verändern?
Die jetzt auch wieder zum Vorschein gekommene McMahon-Linie, dass größere und schwerere Stars immer bessere Stars sind: Man hat den Eindruck, dass er und seine Vertrauten besser als die Fans zu wissen glauben, was die Fans wollen sollen. Aber stimmt das wirklich? Ist ein Leichtgewicht wie Daniel Bryan nicht ein viel größerer Star als fast alle aktuellen WWE-Vollzeitwrestler, Roman Reigns ausgenommen?”
Zur Triple H und Shawn Michaels:
Marcus Hinselmann: “Ich frage mich schon, was jetzt aus den beiden wird. Sie wurden von WWE praktisch öffentlich enteiert. Passt der Fokus eines HBK wirklich zu der neuen Ausrichtung? Ich sehe es eher weniger.”
Martin Hoffmann: “Bei Triple H muss man abwarten, er ist nicht am Ende. Er hat einen hoch dotierten Vorstandsposten,verdient Millionen, kann ein bis zwei Jahre warten und wenn NXT mit dem neuen Konzept noch schlimmer auf die Nase fällt, als es das alte in den Augen von WWE ist, dann wird er Vince McMahons Ohr wieder haben. Und wenn es darum geht, wer langfristig das Sagen bei WWE hat: Da spielt die Zeit für ihn.”
Zur symptomatischen Entlassung von “The Fiend” Bray Wyatt:
Marcus Hinselmann: “Die Entlassung eines so kreativen Kopfes wie Bray Wyatt: Da verstehe ich die Welt nicht mehr! Ist Vince McMahon jetzt so auf seine eigene Idee fixiert, dass er alle anderen kreativen Gedanken weghaben will?”
Martin Hoffmann: “Man muss bedenken: Es steht eine gesundheitliche Sache bei Wyatt im Raum, die eine Rolle gespielt haben soll. Und Wyatts Auftritte im Ring waren zuletzt kein Genuss mehr. Man hat sich in eine gewisse Ecke mit ihm gebookt, es stellt sich die Frage, wie man so einen Mystery-Charakter präsentiert, wo man mit ihm hinwill. WWE hat offensichtlich keine Antwort drauf gefunden. Bray Wyatt aber zu entlassen und alles herzugeben, was er an Kreativität eingebracht hat: Dafür sehe ich keine Rechtfertigung. Anscheinend ist man bei WWE der Meinung: Er hat schöne Ideen, aber es sind nicht unsere, wir haben bessere. Wie auch immer sie darauf kommen.”
Zum nahenden Debüt von CM Punk und Daniel Bryan bei AEW:
Marcus Hinselmann: “Für AEW ist Punk endlich der große Name, mit dem sie den nächsten Schritt gehen können, ein richtiger Megastar im Wrestling. Für WWE ist das eine Katastrophe, auch wenn sie es selber nicht so sehen.”
Martin Hoffmann: “Wer Punk zugehört hat, hat raushören können, dass er vor zwei Jahren für ein WWE-Comeback offen war. Er ist auf taube Ohren gestoßen. Bei WWE scheinen sie der Meinung zu sein, dass AEW ihn ruhig haben kann. Für AEW ist die entscheidende Frage: Ist er noch wie früher oder ist er - wofür es Anzeichen gibt - altersmilde geworden und versteht, worauf es jetzt ankommt? Er kann bei AEW nicht die Hauptrolle für sich beanspruchen, er muss Teamplayer sein.
Die Verpflichtungen von Punk und Bryan sind für mich ein Gamechanger. AEW bekommt nochmal eine ganz andere Star-Tiefe - und die zwei Symbolfiguren für den Wandel von WWE, den sie jetzt quasi wieder einkassieren. Das hat eine Signalwirkung über die beiden bloßen Verpflichtungen hinaus und das Ausmaß der Folgen ist noch gar nicht abzuschätzen.”