Eine Athletin aus Belarus hat die Abreise von den Olympischen Spielen verweigert, nachdem sie offenbar gegen ihren Willen aus Japan gebracht werden sollte.
Abreise? Skandal um Belarus-Athletin
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Die Rede ist von der Sprinterin Krystsina Tsimanouskaya, die am Montag über die 200 Meter an den Start gehen sollte. Sie gab bei der Nachrichtenagentur Reuters an, dass sie am Sonntag vom Trainerteam angewiesen worden war, ihre Sachen zu packen und anschließend zum Flughafen gebracht wurde - wo sie einen Flieger zurück in die Heimat besteigen sollte. (Olympia 2021: Alle Entscheidungen im SPORT1-Liveticker)
Auch die Belarusian Sports Solidarity Foundation (BSSF), eine Nicht-Regierungsorganisation des osteuropäischen Landes, machte den Fall öffentlich.
Tsimanouskaya sei aus dem belarussischen Team abgezogen worden, “weil ich mich bei Instagram über die Fahrlässigkeit unserer Trainer geäußert habe”, erklärte sie selbst den Vorfall. Bei Reuters sagte sie weiter, dass sie nicht nach Belarus zurückkehren wolle.
Grund für ihre Kritik war demnach, dass sie für die 4x400-Meter-Staffel nominiert worden war. Dazu sei es nur deshalb gekommen, weil die eigentlich angedachten Läuferinnen nicht startberechtigt waren - sie konnten die geforderte Anzahl an negativen Dopingtests nicht vorweisen.
Tsimanouskaya: “Von oben kam die Anweisung”
Die Trainer hätten sie ohne ihr Wissen für die Staffel gemeldet. “Darüber habe ich öffentlich gesprochen. Der Cheftrainer kam zu mir und sagte mir, dass von oben die Anweisung kam, mich abzuziehen.”
Nach Angaben der BSSF wurde Tsimanouskaya am Sonntagabend zum Tokioter Flughafen Haneda gebracht. “Vertreter des belarussischen Kaders versuchen, die Sportlerin aus Tokio zu verschleppen, ihr wurde ein Flugticket nach Minsk gekauft”, schrieb die Stiftung bei Telegram: “BSSF fordert das Internationale Olympische Komitee und den internationalen Leichtathletikverband auf, der belarussischen Sportlerin zu helfen.”
Am Flughafen angekommen habe sie bei japanischen Polizisten Schutz gesucht, die die Lage nun bewerten sollen. Für Tsimanouskaya ist derweil klar: “Ich kehre nicht nach Belarus zurück.”
Das belarussische Team ließ derweil verlauten, dass die Läuferin wegen ihrer “emotionalen und psychologischen Verfassung” aus dem Team entfernt worden sei. Der weißrussische Journalist Tadeusz Giczan berichtet bei Twitter, dass sie nun Asyl in Österreich beantragen wolle.
Auslöser der Affäre war offenbar ein mittlerweile gelöschtes Video, das Tsimanouskaya bei Instagram gepostet hatte. Darin kritisierte sie den belarussischen Leichtathletikverband. Tsimanouskaya gab an, sie sei gezwungen worden, am 4x400-Rennen teilzunehmen.
“Ich hätte nie so harsch reagiert, wenn man mir das vorher sagt, die ganze Situation erklärt und gefragt hätte, ob ich 400 m laufen kann. Aber sie haben sich entschieden, alles hinter meinem Rücken zu machen”, sagte sie.
Das IOC teilte der französischen Nachrichtenagentur AFP auf Anfrage mit, man habe die Berichte in den Medien gesehen, untersuche die Situation und habe “das Nationale Olympische Komitee von Belarus um Klärung gebeten”. Dieses steht unter der Präsidentschaft von Viktor Lukaschenko, Sohn des international hochumstritten belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko. Das NOK hatte zuvor in einer offiziellen Stellungnahme den Rückzug Tsimanouskayas aus mentalen Gründen bekannt gegeben.
BSSF war im vergangenen August von der ehemaligen belarussischen Schwimmerin Aliaksandra Hierasimienia gegründet worden, als nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Lukaschenko heftige Proteste in Belarus ausbrachen.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)