Schwimm-Doppelpack mit Märchenfaktor in nur 23 Minuten, Präzisionsarbeit im Schießen - und insgesamt sieben Podestplätze: Team D hat mit drei Goldmedaillen den erfolgreichsten Tag bei den Paralympischen Spielen in Paris hingelegt. Insbesondere die Schwimmer Elena Semechin und Taliso Engel sorgten für emotionale Glanzmomente. Semechin siegte keine drei Jahre nach ihrer dramatischen Diagnose Hirntumor mit Weltrekord, der sehbehinderte Engel brachte trotz taubem rechten Ohr die Arena la Defense zum Beben.
Märchenhaftes Gold-Double in Paris

Deutschland mit neun Goldmedaillen
„Ich bin einfach nur happy, meine Goldmedaille verteidigt zu haben“, sagte Engel: „Ich hatte seit Tokio nicht so eine gute Zeit mit vielen Krankheiten. Jetzt trotzdem so eine Steigerung in drei Jahren ist schon krass.“ Zuvor hatte Schützin Natascha Hiltrop als erste deutsche Athletin der Sommerspiele ihren zweiten Titel geholt.

Insgesamt steht der Deutsche Behindertensportverband (DBS) damit nun bei neun Goldmedaillen. Zudem schraubten Weitspringerin Nele Moos und Tischtennisspieler Thomas Schmidberger mit jeweils Silber sowie Radsportlerin Annika Zeyen-Giles und Leichtathletin Katrin Müller-Rottgardt mit jeweils Bronze die Ausbeute nach oben. Die anvisierte Aufholjagd im Endspurt hat begonnen, erstmals kletterte das Team D unter die Top Ten im Medaillenspiegel.
Die beiden deutschen Schwimmstars hatten bereits in Tokio Gold geholt, beide sind derzeit Weltmeister, Europameister, Weltrekordhalter und nun erneut Paralympicssieger. Semechin hatte nach ihrem Tokio-Triumph die Horror-Diagnose Hirntumor erhalten. Schon während der Chemotherapie kehrte sie auf die große Bühne zurück, sammelte schnell wieder Medaillen. Nach Abschluss der Chemo lag sie nun in Weltrekordzeit von 1:12,54 Minuten starke 17 Hundertstel unter der von ihr selbst gehaltenen alten Bestmarke.
Hiltrop „glücklich und sehr zufrieden“
Hinter Engel hatte der zweitplatzierte Nurdaulet Schumagali aus Kasachstan bereits 2,93 Sekunden Rückstand. Seit Anfang des vergangenen Jahres hört der Schwimmer auf einem Ohr nichts mehr. Nach anfänglichen Gleichgewichtsproblemen schränke ihn dies im Schwimmen aber mittlerweile „überhaupt nicht mehr ein“. Das bewies er eindrucksvoll, verpasste im Finale in 1:01,90 Sekunden seinen im Vorlauf aufgestellten Weltrekord um lediglich sechs Hundertstel. Anschließend holte er sich einen Siegerkuss von Freundin Kim.
Hiltrop legte 43 Stunden nach ihrem Triumph im Dreistellungskampf mit dem Kleinkaliber nach. Die inkomplett querschnittgelähmte 32-Jährige lag in der offenen Startklasse SH1 im Liegendschießen 1,4 Zähler vorn. „Ich bin glücklich, sehr zufrieden und sehr müde“, sagte Hiltrop nach ihrem insgesamt dritten Paralympicssieg. Sie schaffte in Chateauroux gar einen paralympischen Rekord von insgesamt 250,2 Ringen.
Hiltrop gehörte vor ihrem Wettkampf zum Favoritenkreis, für Nele Moos galt das nicht. Die Weitspringerin überraschte in der Klasse T38 ihre Konkurrenz im letzten Sprung mit der persönlichen Bestweite von 5,13 m und holte Platz zwei. „Einfach crazy“ sei das Gefühl nach ihrem Coup. Tischtennis-Spieler Schmidberger musste sich wie schon in den Finals von Rio und Tokio Dominator Feng Panfeng aus China mit 0:3 (2:11, 7:11, 7:11) geschlagen geben.
Radsportlerin trotzt widrigen Bedingungen
Rad-Weltmeisterin Zeyen-Giles trotzte den widrigen Bedingungen im verregneten Clichy-sous-Bois und fuhr im Straßenrennen ebenso wie tags zuvor im Einzelzeitfahren auf Rang drei. Müller-Rottgardt lief über 100 m in der Startklasse T12 in 12,26 Sekunden mit Bronze zu ihrer zweiten Paralympics-Medaille.
Platz drei nehmen auch die deutschen Sitzvolleyballer ins Visier. Nach der Halbfinal-Niederlage gegen Bosnien-Herzegowina (0:3) ist das Team am Freitag (15.00 Uhr) im kleinen Finale gegen Ägypten gefordert.