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Podcast: Flutlicht an! Porträt-Kolumne #65 Jonas Baer-Hoffmann

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Podcast: Flutlicht an! Porträt-Kolumne #65 Jonas Baer-Hoffmann

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Darum brauchen Fußballerinnen eine Gewerkschaft

Jonas Baer-Hoffmann vertritt in seiner Gewerkschaft Fußballerinnen, die eine enorme Bereitschaft zeigen, Konflikte in Kauf zu nehmen. Die „Flutlicht an!“ Porträt-Kolumne #65.
Jonas Baer-Hoffmann ist Generalsekretär der FIFPRO
Jonas Baer-Hoffmann ist Generalsekretär der FIFPRO
© Privat
Mara Pfeiffer
Mara Pfeiffer

An die Frage, wofür Fußballer*innen eigentlich eine Gewerkschaft brauchen, ist Jonas Baer-Hoffmann gewöhnt. Der Generalsekretär der FIFPRO erklärt, viele Leute unterschätzten, wie wichtig diese Art der Repräsentation auch im Sport sei – und nennt eine überraschende Zahl: In einer Periode von zwei Jahren erleben 40 Prozent der Spieler*innen Phasen, in denen sie unrechtmäßig ihr Gehalt nicht bekommen. So schnell erklärt sich die Notwendigkeit.

Die Macht, die Sportler*innen entwickelten, wenn sie zusammenstehen, sei zudem historisch belegt, sagt der Jurist. Gerade könne man das besonders bei den Fußballerinnen beobachten: „Es gibt unter den Spielerinnen weltweit momentan eine enorme Bereitschaft, Dinge zu verändern und dafür auch Konflikte in Kauf zu nehmen. Dadurch sind wir in der Lage, Dinge im Frauenfußball zu bewegen, die im Männerfußball schwerer zu bewegen sind.“

Jonas Baer-Hoffmann - Jurist
Jonas Baer-Hoffmann - Jurist

Damit verbinde sich die Hoffnung, erfolgreiche Abschlüsse aus diesem Bereich anschließend in die Breite zu bringen. So kämpfen die Frauen letztlich für alle – und das, obwohl ihre eigene Position eingangs die deutlich schlechtere ist. Wie Baer-Hoffman sich ihre Wucht erklärt? „Die Spielerinnen verstehen gerade, wie viel Einfluss sie haben.“ Und sind bereit, sie zu nutzen.

Die FIFPRO als internationale Instanz

Als internationale Gewerkschaft nimmt die FIFPRO die nationalen auf, darüber sind letztlich die Fußballer*innen organisiert und können mit ihren Themen Hilfe suchen. Derzeit sieht der Generalsekretär eine Übergangsphase, da sich auch Spieler*innen mit dem Wunsch nach Hilfe melden, deren nationale Gewerkschaft kein Mitglied ist. Denn nur, wer sich glaubhaft für die Belange der Fußballer*innen einsetzt, kann das nicht nur werden, sondern auch bleiben.

Den Betreffenden werde dennoch geholfen, betont er, gibt aber zu bedenken: Vertretungen auf nationaler Ebene sind wichtig, weil die FIFPRO gar nicht in der Lage sei, als Gewerkschaft alle Themen alleine zu stemmen.

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Bereits in den 1960er Jahren als noch eher loser und rein europäischer Verbund gegründet, blickt die FIFPRO auf eine lange Geschichte. Einschneidend für die Arbeit sei unter anderem das Bosman-Urteil mit seinen deutlichen Auswirkungen aufs Transfergeschehen gewesen.

In Sachen Spielerinnen-Repräsentation ist er ganz offen: „Da muss man sich ehrlich machen.“ Gerade auch durch die Verbotsphasen in den nationalen Fußballverbänden hätten man deren Themen weder in den Gründungsjahren, noch viele Jahrzehnte danach auf dem Zettel gehabt. Seit etwa sechs Jahren könne man von sich behaupten, auch die Frauen seriös zu vertreten. Und deren Themen seien nahezu explodiert, erzählt der ehemalige Basketballer.

Schutz der Sportlerinnen ein großes Thema

Mit konkreten Anlässen wie den Übergriffen gegen Jenni Hermoso falle ein Schlaglicht auf sexualisierte Gewalt, die im Sport nach wie vor erschreckend verbreitet sei. Hier gelte es auf der einen Seite, den Betroffenen direkt zu helfen, zum anderen müssten Strukturen verändert werden, damit Übergriffen der Boden entzogen wird. Ein weiterer großer Themenkomplex sei Schwangerschaft und Mutterschutz, hier hat es vertragliche Fortschritte gegeben. Baer-Hoffmann würde Elternzeit gern auch intensiv für männliche Profis diskutieren, das sei aber mit den Vereinen deutlich komplizierter zu machen, deren Linie da deutlich härter.

In seinem Job ist der Jurist Überzeugungstäter. Der Sport präsentiere sich oft überraschend konservativ, in Deutschland ganz besonders, da sieht er Handlungsbedarf. Beim Handeln von Menschen umgeben zu sein, die seine Überzeugungen teilen, ist innerhalb seiner Organisation ein angenehmer Nebeneffekt. Am Ende gehe es aber darum, im Fußball den erwiesenen Wert von Gleichberechtigung auch in die Breite zu bringen. Davon profitierten letztlich alle.