Das Überqueren der Ziellinie mit über 60 km/h war erst wenige Sekunden her, der Puls höchstwahrscheinlich noch weit über 100 und der Körper voller Adrenalin, da wurde es für Victor Campenaerts höchst sentimental.
Gefühls-Lawine nach Sprint-Coup
Der Sieger der 18. Etappe der diesjährigen Tour de France startete prompt einen Videoanruf mit einem Handy und rief seine Frau an, um ihr von seinem Sieg zu erzählen. Doch am Ende der Leitung wartete nach den 179,5 Kilometern von Gap nach Barcelonnette nicht nur die Frau des Belgiers, sondern auch das gemeinsame Baby.
Umringt von Kameras, Reportern und Offiziellen hatte Campenaerts im Moment des Triumphes nur Augen und Gedanken für seine Familie. Emotional und außer Puste sah Campenaerts sein sechs Wochen altes Kind, das genüsslich an einer Milchflasche nuckelte und nicht wusste, welche Leistung der Papa da soeben erbracht hatte.
Dieser war wenig später auch am Mikrofon bei Eurosport völlig aufgelöst. „Ich träume schon unglaublich lange von einem Etappensieg bei der Tour de France. Nach den Klassikern hatte ich die mündliche Zusage meines Teams, dass mein am Ende des Jahres auslaufender Vertrag verlängert werden würde. Es passierte aber lange nichts. Das war eine schwierige Zeit“, erklärte der 32-Jährige vom Team Lotto Dstny.
Vaterfreuden im Trainingslager
Doch er erhielt Unterstützung in dieser ungewissen Zeit, wie er emotional mit feuchten Augen berichtete: „Glücklicherweise hatte ich immer die Unterstützung meiner Freundin. Sie war immer an meiner Seite. Dann wurde ich Vater und alles hat sich für mich verändert. Für mich schien die Sonne wieder und ich konzentrierte mich auf mein Training. Ich war neun Wochen im Höhentrainingslager in der Sierra Nevada. Mein Sohn ist in Granada auf die Welt gekommen. All die Strapazen haben sich nun ausgezahlt. Es ist wunderbar.“
Am Freitag steht die wohl spektakulärste Bergetappe der laufenden Tour an. Zwischen Embrun und Isola warten drei Anstiege auf über 2000 m, darunter der 2802 m hohe Cime de la Bonette - das „Dach der Tour“. Der abschließende Schlussanstieg ist ebenfalls sehr selektiv. Die Frankreich-Rundfahrt endet am Sonntag mit einem Einzelzeitfahren in Nizza.
Danach hat Campenaerts auch wieder mehr Zeit für Frau und Kind.