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Sabalenka-Eklat bei French Open: Reporterin rechnet ab und zieht bitteres Fazit

Sabalenka: Reporterin rechnet ab

Die ukrainische Reporterin, die Aryna Sabalenka zu ihrem PK-Boykott bei den French Open trieb, legt in einem Interview ihre Haltung dar. Sabalenkas jüngste Distanzierung von Diktator Lukaschenko nimmt sie nicht für voll.
Elina Svitolina weigerte Aryna Sabalenka nach ihrer 4:6, 4:6-Niederlage im Viertelfinale der French Open die Hand zu geben. Die Weltranglistenzweite nannte, den Krieg nicht unterstützen zu wollen, als Grund.
Die ukrainische Reporterin, die Aryna Sabalenka zu ihrem PK-Boykott bei den French Open trieb, legt in einem Interview ihre Haltung dar. Sabalenkas jüngste Distanzierung von Diktator Lukaschenko nimmt sie nicht für voll.

Sie stand im Zentrum der wiederkehrenden Unruhe um die nun ausgeschiedene Aryna Sabalenka bei den French Open - nun hat die Reporterin Daria Meshcheriakova ihre kritische Haltung zu der belarussischen Topspielerin ausführlich erläutert.

Die ukrainische Journalistin, deren Fragen Sabalenka zu einem zwischenzeitlichen Boykott der Pressekonferenzen in Paris veranlasst hatten, hat der taz ein längeres Interview über ihre Sicht der Dinge gegeben. Meshcheriakova verdeutlicht dabei, dass sie Sabalenkas jüngste Distanzierung von Diktator Alexander Lukaschenko und dessen Kriegskurs nicht für voll nimmt.

„Aryna Sabalenka ist das Sportgesicht der belarussischen Propaganda. Dafür hat sie selber viel getan“, sagt Meshcheriakova, die für die ukrainische Sportzeitung Tribuna sowie die European Pravda arbeitet: „Wenn sie sich jetzt vom Diktator distanziert, ist das unglaubwürdig. Ihre Antwort war zögerlich. Es dauerte zwei, drei Sekunden, bis ihr über die Lippen kam: ‚I don‘t support him right now.‘ Das lässt ja offen, dass sie es irgendwann doch wieder tun wird. Und übrigens: Jetzt wird über ihr Visum für Großbritannien entschieden. Sie will ja in Wimbledon spielen. Sabalenka muss taktisch sprechen.“

Reporterin über Sabalenka: „Das ist lächerlich“

Meshcheriakova hatte Sabalenka bei zwei PKs kritisch zu ihrer Haltung zum Ukrainekrieg und Lukaschenko befragt, die sie als „sehr vage“ betrachtete. Beim zweiten Mal kam es zum Eklat: Als Sabalenka wiederholt deutlich machte, dass sie nicht antworten würde, nahm ihr eine Turnier-Offizielle das Mikrofon ab.

Sabalenka blieb danach zwei Pressekonferenzen fern, mit einer Begründung, die bei Meshcheriakova ebenfalls auf Unverständnis stößt: „Sie sagte, sie fühle sich unsicher. Es sei nicht gut für ihre mentale Gesundheit. Ich biete ihr an, in meiner Kiewer Wohnung zu wohnen, die ich verlassen musste, weil dort ständig Raketen auch aus Belarus flogen. Sabalenka kann hier die beste Tennisspielerin der Welt werden. Sie trägt eine Verantwortung. Sich vor der Presse ‚unsafe‘ zu fühlen, ist lächerlich.“

„Die Welt scheint die Ukrainer sattzuhaben“

Meshcheriakova, die in Kiew und Jena Politik studiert hat, macht keinen Hehl daraus, dass ihr lieber wäre, wenn russische und belarussische Sportler wie in Wimbledon 2022 nicht zu Sportkonkurrenzen zugelassen würden.

„Warum müssen wir sterben, unser Zuhause verlassen, alles verlieren und sie können einfach ihr Leben weiterleben?“, fragt sie: „Glauben Sie mir, viele russische Sportler unterstützen den Krieg. Aber bei jeder Gelegenheit verstecken sie sich hinter der Floskel: Sport ist nicht Politik, und umgekehrt. Aber wenn es ihnen zugutekommt, unterstützen sie die Diktatoren. Wenn man aber danach fragt, sagen sie: Sie sind doch nur Sportler. No politics, please!“

Auch von den Veranstaltern der French Open zeigt sich Meshcheriakova enttäuscht. „Die Welt scheint die Ukrainer sattzuhaben“, meint sie: „Jeder möchte sein Leben weiterleben, Sportveranstaltungen und Konzerte veranstalten. Einfach weitermachen. Super, das wollen wir auch. Aber wir öffnen unsere Social-Media-Accounts und sehen, dass ein Freund im Krieg gestorben ist. Den ukrainischen Profis bleibt nichts anderes übrig, als hier ständig über den Krieg zu reden, obwohl es den Organisatoren nicht gefällt.“

Meshcheriakova bekam die aufgeladene Stimmung um das Thema auch selbst zu spüren: In den sozialen Medien wurden teils Forderungen laut, ihr die Akkreditierung für das Turnier zu entziehen.

Sabalenka im French-Open-Halbfinale ausgeschieden

Australian-Open-Siegerin Sabalenka war in der Vergangenheit mehrfach von Lukaschenko empfangen worden, 2020 hatte sie sich außerdem auch auf seine Seite gestellt, als sie sich mit einer Unterschrift eines regierungsfreundlichen Briefs gegen die Protestbewegung im eigenen Land wandte.

Vor und während der French Open hat Sabalenka mehrfach erklärt, dass sie gegen Kriege jeder Art sei, zuletzt ging sie auch weiter als bisher, als sie erklärte, Lukaschenko daher „jetzt nicht“ unterstützen zu können. In der Ukraine zog sie dennoch weiter Kritik auf sich, auch wegen ihrer ärgerlichen Reaktionen auf die Handschlagverweigerungen ihrer ukrainischen Gegnerinnen Marta Kostjuk und Elena Svitolina.

Am Donnerstag verlor Sabalenka überraschend ihr Halbfinale in einem hochklassigen und dramatischen Match gegen die Tschechin Karolina Muchova. Muchova trifft im Finale auf die polnische Top-Favoritin Iga Swiatek.