Eigentlich hätte Sivert Bakken ganz woanders sein sollen. Nicht in Östersund, sondern im österreichischen Obertilliach beim zweitklassigen IBU-Cup. Doch weil sein Teamkollege Vebjörn Soerum das Einzel der Männer am Mittwoch gesundheitsbedingt absagen musste, rückte Bakken kurzfristig ins Weltcup-Team – und schrieb eine der Geschichten des Tages.
Biathlon: Eine wahnsinnige Rückkehr, die fast unterging
Eine unglaubliche Rückkehr
Über die 20 Kilometer leistete sich der Norweger nur einen Schießfehler. Beim vierten und letzten Anschlag setzte er eine Patrone neben das Ziel und handelte sich eine Strafminute ein, hielt sich dank seiner guten Laufform aber in der Spitzenregion. Am Ende reichte es zum starken vierten Rang.
Bakken brannte auf der Loipe die siebtbeste Zeit in den Schnee und war auf den Skiern schneller unterwegs als seine oft so starken Landsleute Sturla Holm Laegreid, Isak Frey und Martin Uldal.
Das Besondere daran: Es war Bakkens erster Weltcup-Start nach 1.354 Tagen. Der 27-Jährige gewann am 20. März 2022 den Massenstart in Oslo, sicherte sich die kleine Kristallkugel in dieser Disziplin und galt als kommender Star der Skandinavier – bis sich plötzlich alles änderte.
Eine Herzmuskelentzündung zwang ihn zu einer langen Pause. Er verpasste zwei komplette Saisons. Zeitweise stand nicht einmal fest, ob er jemals in den Leistungssport zurückkehren könnte.
Biathlon: Corona-Impfung warf Bakken aus der Bahn
Die Krankheit trat damals als Folge seiner dritten Corona-Impfung auf. „Am Anfang ging es noch gut. Aber nach etwa drei bis vier Wochen fühlte sich mein Körper einfach nicht mehr normal an. Es wurde immer schlimmer und schlimmer“, erinnerte sich Bakken vor rund einem Jahr im Gespräch mit SPORT1.
Eine ganze Weile konnte er überhaupt keinen Sport treiben. Im Alltag waren nicht mehr als 30 Minuten Bewegung pro Tag möglich. Viele Stunden verbrachte er auf dem Sofa. Die Unklarheit wuchs.
Es habe den ganzen Sommer gedauert, „also fast ein halbes Jahr, bis ich eine Diagnose bekam“, schilderte der Norweger. „Deshalb wusste ich auch nicht, wie lange ich mit dem Biathlon aussetzen musste und wann eine Rückkehr möglich sein würde. Ich konnte nur jeden Tag auf meinen Körper hören und hoffen, dass es besser wird. Das war die härteste Zeit meines Lebens.“
Bakken sieht endlich Licht am Ende des Tunnels
Was ihm half, den Kopf oben zu behalten? Seine vielen starken Ergebnisse vor der langen Zwangspause.
„Wenn ich gerade eine schlechte Saison hinter mir gehabt hätte, die mich sowieso schon frustriert hätte, wäre es noch viel schwieriger gewesen, diese lange Pause durchzustehen“, sagte Bakken.
Erst im Laufe des Jahres 2024 sah der frühere Weltcup-Sieger endlich Licht am Ende des Tunnels: Sein Gesundheitszustand verbesserte sich merklich.
Zu Beginn desselben Winters lief er dann seine ersten Wettkämpfe nach über zwei Jahren Pause – und das mit überraschend großem Erfolg: Bakken qualifizierte sich auf Anhieb für das norwegische IBU-Cup-Team.
Bakken: Wie geht es in Norwegens Biathlon-Team weiter?
Im Winter 2024/25 meldete sich der Mann aus Lillehammer schließlich zurück. Und das auf eindrucksvolle Art und Weise.
In der IBU-Gesamtwertung landete er auf Platz zwei. Hinter Supertalent Frey. Aber vor Johan-Olav Botn, der am Mittwoch in Östersund das Weltcup-Rennen gewann.
Jetzt gelang Bakken auch seine Rückkehr auf die höchste Bühne mehr als bravourös. Seine erklärten Fernziele, die Weltmeisterschaften 2029 in Oslo und die Olympischen Winterspiele ein Jahr später in den französischen Alpen, scheinen wieder realistisch.
Angesichts der starken Konkurrenz im eigenen Lager – trotz der Abwesenheit der Bö-Bruder – hob Bakken hervor, dass sein gutes Resultat zum Auftakt noch sehr wertvoll sein könnte.
„Es ist nicht der schlechteste Zeitpunkt, um Vierter zu werden. Ich bin wirklich zufrieden mit dem Rennen, das ich gefahren bin“, sagte Bakken dem italienischen Portal Fondo Italia.
Womöglich hilft ihm das, um erst einmal im Weltcup-Team zu bleiben.