Felix Hoffmann und Philipp Raimund haben unter dem ohrenbetäubenden Lärm im „Hexenkessel” der Oberstdorfer Schattenbergschanze einen starken Start in die 74. Vierschanzentournee hingelegt.
Vierschanzentournee: Disqualifikation! Deutscher jubelt unverhofft
Deutscher Jubel nach Disqualifikation
Bei der großen Flugshow von Sloweniens Luft-Magier Domen Prevc landeten die beiden Deutschen auf den Plätzen drei und fünf. Dabei hatte es zunächst noch danach ausgesehen, als ob beide das Podest verpasst hätten.
Denn Prevc’ Landsmann Timi Zajc war auf Platz zwei geflogen, wurde aber nachträglich disqualifiziert, da sein Sprunganzug drei Millimeter zu lang war. So rückte Hoffmann doch noch auf das Treppchen, Raimund wurde Fünfter. Für Hoffmann war es die erste Podestplatzierung seiner Karriere.
Vierschanzentournee: Prevc dominiert in Oberstdorf
Der 28-Jährige, bis zu dieser Saison hoffnungslos im Mittelmaß versunken, zeigte zwei Topsprünge auf 132,5 und 136,0 Metern (297,3 Punkte). Raimund (295,6/136,0+133,0), der in diesem Winter schon viermal auf dem Podium stand, lag kaum weiter zurück.
Dass der Traum vom ersten deutschen Tourneesieg seit Sven Hannawald vor quälend langen 24 Jahren aber wohl erneut platzen wird, ist Prevc geschuldet: Der 26-Jährige sprang mit 141,5 und 140,0 Metern bei seinem sechsten Saisonsieg und erstem Tournee-Tageserfolg seiner Karriere in einer eigenen Liga und setzte sich deutlich vor Daniel Tschofenig, Tournee-Titelverteidiger aus Österreich (299,2), durch.
Zehn Jahre nach dem großen Peter könnte der jüngste Prevc-Bruder den goldenen Tournee-Adler zurück in Familienbesitz bringen - fast zehn Meter beträgt Domens Vorsprung schon. „Und er ist auf den kommenden Schanzen sehr stark“, sagte Hoffmann hinterher in der ARD.
Vierschanzentournee: Tritt Prevc in Hannawalds Fußstapfen?
Auch Sven Hannawald zeigte sich von Prevc begeistert und hält es für möglich, dass der Slowene der erst vierte Springer überhaupt wird, der alle vier Springen einer Tournee gewinnt: „Wahnsinn. Das geht dann schon auch in die Richtung, in der es sein kann, dass der exklusivste Klub der Welt ein neues Mitglied kriegt“, sagte der 51-Jährige nach dem zweiten Sprung des 26-Jährigen.
„Guck dir den Abstand an“, spielte Hannawald auf Prevc’ Vorsprung von 17,5 Punkten auf Tschofenig sowie Zajc an und fügte hinzu: „Selbst wenn er zu spät springt, wenn er ein Stück zu früh springt, wenn er mal schlechte Bedingungen hat – dann war das vielleicht ein Mal. Er hat aber jetzt nicht acht Mal schlechte Bedingungen. Das ist schon eine Dominanz, mein lieber Mann.“
Nur drei Skispringern ist es bisher gelungen, alle vier Springen der Vierschanzentournee zu gewinnen und den sogenannten Grand Slam zu feiern: Neben Hannawald, der dieses Kunststück im Winter 2001/02 als Erster vollbrachte, schafften dies der Pole Kamil Stoch in der Saison 2017/18 und der Japaner Ryoyu Kobayashi im Winter 2018/19.
Bundestrainer will nicht um Trostpreise springen
Wollen Hoffmann und Raimund den „Domenator“ ärgern, müssen sie in Garmisch-Partenkirchen über sich hinauswachsen, wo an Silvester (16.00 Uhr) die Qualifikation und am Tag darauf das Neujahrsspringen (14.00 Uhr) stattfinden. Dieses hat seit Hannawald am 1. Januar 2002 kein Deutscher gewonnen.
Diesmal muss es besser laufen, damit die Tourneehoffnungen mit nach Österreich reisen und es bei den Springen in Innsbruck am Sonntag sowie Bischofshofen am 6. Januar nicht wie so oft nur noch um Trostpreise geht. „Wir wissen, was wir können“, gibt sich Bundestrainer Stefan Horngacher kämpferisch.
Skispringen: Wellinger weit abgeschlagen
Um Trostpreise kämpfen nur noch die deutschen Stars der vergangenen Jahre: Nachdem Karl Geiger bereits am Sonntag in der Qualifikation gescheitert war, verpassten Olympiasieger Andreas Wellinger und Pius Paschke nach enttäuschenden Leistungen den zweiten Durchgang. Wellinger, 2023 letzter deutscher Sieger in Oberstdorf, landete nach einem völlig verpatzten 110,5-m-Sprung auf dem 49. und vorletzten Platz.
„Ich hab mich brutal schwergetan. Ohne Energie an der Kante funktioniert es halt nicht“, sagte der 30-Jährige, der zuletzt aus dem Weltcup ausgestiegen war und im Training nach seiner Tourneeform gesucht hatte - offensichtlich vergeblich. Paschke, in der Vorsaison als Gesamtsechster bester Deutscher, vergab als 33. ebenfalls schon alle Chancen auf eine Topplatzierung in der Endabrechnung.
Raimund und Hoffmann schafften es als einzige DSV-Adler ins Finale. Nur zwei Deutsche im zweiten Durchgang hatte es zuletzt vor 16 Jahren gegeben. Der Atmosphäre am Schattenberg tat dies am Montag dank des deutschen Top-Duos keinen Abbruch. „Das war eine brutale Stimmung“, sagte Raimund.
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mit Sport-Informations-Dienst (SID)