Ein ehemaliger NFL-Profi, der in seiner Freizeit nebenbei als Uber-Fahrer arbeitete und in der Allianz-Arena den FC Bayern München anfeuerte: 150-Kilo-Mann AJ Francis alias Top Dolla war einer der buntesten Typen, die zuletzt bei WWE aufgeschlagen sind - anscheinend hat er es aus WWE-Sicht aber zu bunt getrieben.
150-Kilo-Bayern-Fan: Blitz-Aus bei WWE
© instagram.com/ajfrancis410
Nur 47 Tage und nur ein Match nach seiner Beförderung in die Hauptshow SmackDown ist Francis entlassen worden, zusammen mit seinen Kollegen Isaiah „Swerve“ Scott und Ashante Adonis, mit denen er die Hip-Hop-Gruppierung Hit Row gebildet hatte.
Schnell tauchten Berichte auf, dass der durch selbstbewusste Ansagen aufgefallene Francis sich hinter den Kulissen schnell unbeliebt gemacht hätte und das ein Faktor bei der Kündigung gewesen sein dürfte.
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Francis reagierte - und enthüllte Hintergründe, die letztlich eher eine Bestätigung als ein Dementi waren.
„Top Dolla“ AJ Francis soll bei WWE angeeckt sein
Am Tag nach Francis‘ Entlassung hatte der bekannte Journalist Dave Meltzer in seinem Branchen-Leitmedium Wrestling Observer Newsletter berichtet, dass Francis abseits der Kamera negativ aufgefallen sei, schon während seiner Zeit im Aufbaukader NXT.
„Er ist bei zahllosen Leuten angeeckt, während er bei NXT war und war dabei, im Main Roster denselben Ruf zu erlangen“, hieß es. Francis antwortete bei Twitter - und erzählte seine Seite der Geschichte.
Beschwerde-Anruf wegen Entlassung von Hit-Row-Kollegin B-Fab
„Hier ist das, womit ich angeeckt bin“, schrieb er: „Für deine Leute einstehen. Als Bri entlassen wurde, habe ich im Office angerufen und gesagt, dass sie einen Fehler gemacht haben. Für dich selber einstehen: Die Leute im PC (Performance Center, d. Red.) haben mir eineinhalb Jahre lang gesagt, dass Hit Row nicht funktionieren würde und ich hab diesen Tipp nie angenommen.“
Mit „Bri“ meint Francis das weibliche Hit-Row-Mitglied B-Fab (bürgerlich: Briana Brandy), völlig überraschend schon vor zwei Wochen Teil der vorigen Entlassungswelle.
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Francis fügte an seine Fans gewandt an, er hätte „viele Geschichten zu erzählen, wie ich respektlos behandelt wurde, aber ich hab‘s eingesteckt wie ein Profi. Aber ich lasse mit nicht von solchen Bullshit-‘Reports‘ den Ruf ruinieren“.
Irritationen schon nach Beförderung zu SmackDown
Francis‘ subjektive Einschätzung wird in weiten Teilen der Szene anders interpretiert: Dass Francis bei WWE für Irritationen sorgen dürfte, war allein durch sein öffentliches Verhalten absehbar.
Schon am Tag der SmackDown-Beförderung etwa sorgte Francis für Gesprächsstoff, als er sich bei Twitter gegen pessimistische Fan-Erwartungen zu den Erfolgsaussichten von Hit Row verwahrte: „Hört auf, uns mit anderen Leuten zu vergleichen, die es mit dem Mainroster-Übergang nicht geschafft haben. Wir können Promos. Danke, Management.“
Die damit implizierte Ansicht, dass andere, im Hauptkader nicht erfolgreiche Wrestler keine guten Rhetoriker wären, war eine indirekte Kollegenschelte, die ihm einiges an Fan-Kritik einhandelte (und nach der Entlassung diverse spöttische Nachtritte).
Schon in der NFL meinungsstark
Francis war schon zu NFL-Zeiten als selbstbewusst und meinungsstark bekannt - und unabhängig davon, ob man ihn damit im Recht sieht: Bei WWE dürfte er damit einen Kulturschock ausgelöst haben.
Man ist dort demütigeres Verhalten gewohnt, gerade von noch nicht etablierten Wrestlern - auch deshalb, weil es im Wrestling nur wenige zahlungskräftige Arbeitgeber neben WWE gibt, wollen es sich die wenigsten mit der Promotion von Vince McMahon verscherzen, auch nach Entlassungen halten sich die meisten mit Kritik zurück. Weder Francis‘ Beschwerdeanruf wegen B-Fab noch, dass er dies nun ausplaudert, dürften vor diesem Hintergrund bei WWE gut angekommen sein.
Den 31 Jahre alten Francis scheint es nicht zu schrecken, er bewarb sich mit einem schnell produzierten und launigen Rap-Video gleich bei anderen Promotions und nannte dabei neben vielen anderen Ligen auch Konkurrent AEW beim Namen.
Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach seinem WWE-Aus zeigt der streitbare Francis, dass es ihm in jedem Fall ernst ist mit seinem Gerechtigkeitssinn: Er stellt an diesem Wochenende der Universität von Maryland eine Armenspeisung auf die Beine.