Es könnte besser gehen - aber es geht noch.
Der unverwüstliche Tour-Pechvogel
"Ich habe an den letzten beiden Tagen gemerkt, dass es mir nicht 100-prozentig gut geht", sagt Tony Martin - der zu Beginn der Tour de France mal wieder vom Sturzpech verfolgt wurde. (Alles Wichtige zum Radsport)
Die Tour 2021 hatte gerade einmal drei Etappen absolviert, da hatte der 36-Jährige schon wieder zweimal unfreiwillig Bekanntschaft mit dem Asphalt gemacht. Doch der viermalige Zeitfahrweltmeister lässt nicht unterkriegen: Er setzte seine Tour-Teilnahme fort und konzentrierte sich erst einmal und auf eine Helferrolle für seinen Team-Kollegen Primoz Roglic (Jumbo-Visma). (Alles Wichtige zur Tour de France 2021)
Nicht immer kam Martin wie in diesem Jahr mit einem blauen Auge davon. Kaum ein Fahrer hatte in den vergangenen Jahren derart viel Sturzpech, wenn es auf die große Schleife ging. (Alle wichtigen Begriffe der Tour de France)
SPORT1 gibt einen Überblick über Martins unglaubliche Sturzhistorie bei der Tour de France - und darüber, wie er immer wieder aufstand.
Tour de France 2012: Reifenplatzer und Kahnbeinbruch
Das Jahr 2012 beginnt schon nicht gut. Im April wird Martin, der damals beim belgischen Team Etixx-Quick Step unter Vertrag steht, im Training von einem Auto angefahren.
Bei der Tour startet er im Prolog direkt mit einem Reifenplatzer, um auf der ersten Etappe dann seinen ersten Sturz bei der Tour zu erleiden. Dabei zieht er sich einen Bruch des Kahnbeins zu.
Beim 41,5 km langen Zeitfahren auf der neunten Etappe von Arc-et-Senans nach Besancon setzt es zudem einen Reifendefekt, Martin landet schließlich nur auf einem enttäuschenden zwölften Rang.
Immerhin geht das Jahr danach versöhnlich weiter. Bei den Olympischen Spielen 2012 in London holt Martin hinter Tour-Sieger Bradley Wiggins Silber im Einzelzeitfahren. (Alle Etappen der Tour de France 2021)
Tour de France 2013: Sturz zum Auftakt
Gleich während des Prologs auf Korsika von Porto-Vecchio nach Bastia zieht sich Martin bei seinem zweiten schweren Sturz während der Tour eine Lungenprellung, eine tiefe Fleischwunde am Ellenbogen sowie Abschürfungen und Hämatome am gesamten Körper zu.
Das Bild, wie Martin blutend am Boden sitzt und in die Szenerie blickt, geht um die Welt. Aber der Routinier fährt weiter und holt sich mit dem Zeitfahren von Avranches nach Mont-Saint-Michel (11. Etappe/33 km) sogar noch einen Etappensieg.
Tour de France 2015: Tiefpunkt im Gelben Trikot
In diesem Jahr startet die Tour mit einem Zeitfahren über 13,8 Kilometer. Um fünf Sekunden verpasst Martin hinter Tagessieger Rohan Dennis den Tagessieg und das Gelbe Trikot.
Das holt er sich dann auf der vierten Etappe von Seraing nach Cambrai (223,5 km) mit einem mutigen Soloangriff drei Kilometer vor dem Ziel. Die Freude währt aber nur kurz.
Nur zwei Tage später stürzt Martin 1000m vor dem Ziel in Le Havre und bricht sich das Schlüsselbein. Zwar kämpft er sich noch ins Ziel und behält aufgrund einer Sonderregelung des Weltverbandes das Trikot des Gesamtführenden, zur siebten Etappe aber kann er nicht mehr antreten.
Tour de France 2016: Das Knie zwingt zur Aufgabe
Auch das folgende Jahr hat einen moralischen Tiefschlag für Martin in petto. Diesmal ist es zwar kein Sturz, aber auf der letzten Etappe muss er wegen Knieschmerzen aufgeben.
Doppelt bitter: Nur wenige Kilometer vor der Zieldurchfahrt auf der Avenue des Champs-Élysées in der französischen Hauptstadt steigt er vom Rad.
Tour de France 2018: Der dritte Ausstieg bei der Tour
Diesmal wird dem Fahrer von Team Kathusa Alpecin die achte Etappe zum Verhängnis. 17 km vor dem Ziel in Amiens war Martin zu Fall gekommen.
Martins Lippe muss genäht werden, anschließend wird er zu weiteren Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht. "Ich habe relativ große Schmerzen im Brust- und Rückenbereich", erklärt er direkt nach der Etappe erklärt. Im Krankenhaus wird ein Wirbelbruch diagnostiziert.
Danach scheint der "Panzerwagen", wie Martin nach seinem Bravourritt in den Vogesen bei der neunten Etappe der Tour de France 2014 von der französischen Presse getauft wurde, von seiner Pechsträhne verschont zu bleiben - bis zu diesem Jahr.
Tour de France 2021: Fan verursacht Massensturz
Auf der dritten Etappe erwischte es den Zeitfahrweltmeister mit der Mannschaft von 2012 schon nach 36 Kilometern. Konkret: Beim Sturz von Geraint Thomas wurde der Deutsche in Diensten von Team Jumbo-Visma mit zu Boden gerissen.
Noch unglücklicher hatte es Martin allerdings schon am Starttag erwischt.
Rund 45 Kilometer vor dem Ziel war eine Frau mit dem Rücken zum heranrasenden Feld aus den Zuschauer-Massen auf die Straße getreten. In den Händen trug sie ein Schild mit der Aufschrift "Allez Omi/Opi" und hielt es lachend in die Motorrad-Kamera.
Entdecke die Welt der SPORT1-Podcasts auf podcast.sport1.de, in der SPORT1 App sowie auf den gängigen Streaming-Plattformen Spotify, Apple Podcasts, Google Podcast, Amazon Music, Deezer und Podigee abrufbar
Mit gravierenden Folgen: Martin an der Spitze des Peloton knallte aus voller Fahrt in das Plakat, der Crash mündete in einen Massensturz von einem guten Drittel aller Fahrer - der für die mittlerweile verhaftete Zuschauerin noch Konsequenzen haben könnte.
Die Stürze führten auch zu Kritik an der Streckenführung und zu einem Fahrer-Protest, den Opfer Martin allerdings als "Lachnummer" empfand. Diesmal geht es für ihn weiter - und es bleibt zu hoffen, dass sein Pech für dieses Jahr aufgebraucht ist.