49 Punkte, 16 Assists und acht Rebounds.
Baby-Curry verlässt Doncics Schatten
© Getty Images
Dieses Statement lieferte Atlantas Point Guard Trae Young beim epischen Overtime-Thriller gegen die Chicago Bulls aufs Scoreboard. Niemals zuvor hatte ein Rookie derartige Zahlen aufgelegt. Zweifelsohne, Young hat sich in seiner Premierensaison bereits in der NBA etabliert.
Dabei schien der NBA-Traum bereits vor seinem College-Engagement bei den Oklahoma Sooners ausgeträumt. Der College-Freshman rangierte vor der Saison 2017/2018 lediglich auf Rang 23 in der Liste der verheißungsvollsten Talente.
In der athletischen NBA schien für den schmächtigen 20-Jährigen (1,88 Meter, 82 Kilogramm) kein richtiger Platz. Aber Young strafte mit einer fulminanten College-Saison nahezu alle Zweifler Lügen. (Die NBA LIVE im TV auf SPORT1+ und im LIVESTREAM)
Young hat Ähnlichkeit mit Curry
Mit 27,4 Punkten und 8,7 Assists im Schnitt führte er die NCAA zwischenzeitlich in beiden Kategorien an. Dies gelang zuvor nur einem Spieler in der Geschichte des College Basketballs. Vor allem sein Wurf war eine echte Waffe. Über 50 Prozent seiner Würfe nahm er bei den Sooners von außerhalb der Dreipunkte-Linie - dabei erinnerte er frappierend an Warriors-Star Stephen Curry.
Denn Young kann nicht nur aus dem Catch-and-Shoot seinen Wurf verwandeln, sondern ist auch in der Lage, aus dem Dribbling heraus einen guten Wurf zu kreieren. Außerdem zeigte er am College sein gutes Auge für die Mitspieler - vor allem in Pick-and-Roll-Situationen.
In manchen Partien überdrehte der junge Aufbauspieler aber etwas und leistete sich neben zahlreichen Fehlwürfen auch eine Vielzahl an Ballverlusten.
Young und Doncic werden nach Draft getradet
Trotzdem galt Young unter den Experten als potenzieller Top-5-Pick vor dem NBA-Draft 2018. Und sie sollten Recht behalten. Mittels eines spektakulären Trade-Deals wurde Young an Position fünf von den Dallas Mavericks gezogen, wanderte aber gemeinsam mit dem Erstrunden-Pick der Mavs für den Draft 2019 zu den Atlanta Hawks. Im Gegenzug schickten die Hawks Luka Doncic, das europäische Wunderkind, nach Texas.
Bei den Hawks hatte man sich vor dem Draft lange Gedanken über beide Guards als Nachfolger des deutschen Nationalspielers Dennis Schröder gemacht - entschied sich aber schließlich für die amerikanische Variante. "Wir wären auch mit Luka sehr glücklich gewesen, aber nun sind wir voller Vorfreude auf Trae", bilanzierte Hawks-GM Travis Schlenk damals.
Dennoch wurden die Hawks bereits als Verlierer des Deals verspottet. Und der Beginn der Saison schien die Kritiker in ihrer Meinung zu bestätigen. Doncic lieferte von Beginn an Highlight um Highlight und spielte teilweise wie ein langjähriger NBA-Profi. In entscheidenden Phasen übernahm der Slowene mit spektakulären Aktionen Verantwortung.
Young dagegen kämpfte im November und Dezember mit Anpassungsschwierigkeiten an das höhere Tempo und die größere Athletik in der NBA. Im Dezember legte er zwar sieben Assists auf, leistete sich aber auch 4,4 Ballverluste pro Partie. Im Vergleich zu Doncic, der von der Euroleague und Real Madrid gestählt sehr schnell Fuß fasste, war bei Young eine längere Anlaufzeit zu erwarten. Schließlich war er in Oklahoma eine One-Man-Show.
Young explodiert nach All-Star-Pause
Schon Ende Januar ging es bergauf, seit der All-Star-Pause explodiert der 20-Jährige regelrecht. In den sieben Partien seither gelangen ihm 29,4 Punkte, 9,3 Assists und 3,9 Rebounds im Schnitt. Seine Turnover-Quote ist mit 4,6 Ballverlusten pro Partie weiterhin hoch, doch dafür steigt seine Dreierquote auf mehr als respektable 43 Prozent - bei mehr als sieben Versuchen pro Spiel.
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Plötzlich stellt Young auch Super-Rookie Doncic in den Schatten. Der Slowene legt seit der All-Star-Pause sechs Punkte und vier Assists weniger pro Partie als Young auf.
Ähnliche Rookie-Zahlen wie Curry
Im Dauervergleich zu Curry steht Young auch sehr respektabel da. Bei Punkten und Assists übertrifft er den Megastar als Rookie deutlich (21,3/9,1 zu 17,4/5,9), im Player Efficiency Rating (PER) liegen sie aktuell fast gleichauf. Curry war allerdings schon damals der bessere Verteidiger und leistete sich weniger Turnover (16,5 Prozent auf 100 Possessions, Young liegt bei 19,1). Curry traf damals rund 43 Prozent seiner Dreier.
Ist jetzt sogar das Rennen um den Rookie des Jahres wieder offen?
Denn mit Monster-Leistungen wie gegen die Bulls katapultiert man sich in der NBA schnell auf die ganz große Bühne. An Selbstbewusstsein mangelt es dem Hawks-Star dabei nicht. So antwortete er auf einen Twitter-Post, der seine Leistungen der vergangenen Partien mit den Worten "Trae Young spielt, als ob er die Zweifler gehört hat" einrahmte, mit den Worten: "Das habe ich."
Auch wenn er nach seiner 49-Punkte-Gala zuletzt zwei Mal unter der 20-Punkte-Marke blieb und sich gegen Miami acht Turnover bei acht Assists leistete - Young ist in der NBA angekommen.
Den Titel des besten Rookies wird er wohl nicht mehr gewinnen, aber da die Hawks gute Draft-Picks für die kommenden Jahre besitzen - unter anderem möglicherweise den Erstrunden-Pick der Dallas Mavericks durch den Doncic/Young-Trade - könnte es in Atlanta schneller wieder aufwärts gehen als gedacht.
Und über den Trade, der einst für Hohn und Spott sorgte, lacht inzwischen niemand mehr.