Nach der Enttäuschung machte Felix Neureuther seinem Ärger Luft.
Im blamierten Team knirscht es gewaltig
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"Ich sag mal so", setzte der angesäuerte Slalom-Spezialist an, "wenn man eine Lena Dürr am Start hat, die Moskau gewonnen hat, die eine Slalomfahrerin ist, dann kann man vielleicht nicht immer ganz so nachvollziehen, ja ... Die ist beim Einfahren auch schon gut gefahren. Naja."
0,05 Sekunden fehlten dem als Favorit gestarteten DSV-Quartett beim Teamwettbewerb am Ende gegen Kanada. Statt einer Medaille gabs ein blamables Aus schon im Achtelfinale.
Und die schlechte Stimmung um die Nominierung von Veronique Hronek, die es mit ihrem Kreuzbandriss doppelt bitter erwischte, bringt einen versöhnlichen Abschluss der bisher medaillenlosen WM für Deutschland in Gefahr.
Auch Höfl-Riesch wundert sich
Neureuthers deutliche Kritik richtete sich gegen die Trainer, die auf dem WM-Kurs, der einem Parallel-Slalom glich, statt Dürr auf Speed-Spezialistin Hronek gesetzt hatten. Dabei hatte Dürr mit ihrem Weltcup-Sieg in Moskau im Januar 2013 und dem Gewinn von Team-Bronze bei der WM in Schladming 2013 Argumente auf ihrer Seite gehabt.
Hronek habe "einfach den besseren Eindruck hinterlassen in der letzten Zeit", rechtfertigte Frauen-Cheftrainer Markus Anwander die Entscheidung und stellte klar: "Kann sein, dass der Felix da nicht glücklich drüber ist. Aber die Trainer stellen auf, das war unsere Entscheidung."
Alpindirektor Wolfgang Maier ergänzte: "Wir haben die Niki extra auf den Team-Wettbewerb vorbereitet."
Doch auch die dreimalige Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch wunderte sich über die Nicht-Berücksichtignug von Dürr. "Vicky Rebensburg und Veronique Hronek sind eher im Speedbereich zu Hause, fahren Slalom eigentlich gar nicht", sagte Höfl-Riesch in der ARD und erklärte, Dürr sei, "auch wenn sie nicht die Traumsaison im Slalom fährt, doch die mit Abstand beste Slalomläuferin von den dreien."
Hroneks Start stand unter keinem guten Stern: Erst sackte der Startläuferin am vorletzten Tor das linke Knie weg und sie schied aus, nach dem Rennen dann die bittere Diagnose: Kreuzbandriss, Meniskusverletzung. Schon 2013 hatte sie sich ebenfalls im linken Knie das Kreuzband gerissen.
Weil auch Linus Strasser, Ersatz für den am Rücken verletzten Fritz Dopfer, sein Duell verlor, mussten Neureuther und Viktoria Rebensburg einen 0:2-Rückstand umbiegen.
Rebensburg und Neureuther nicht schnell genug
Zwar gewann Rebensburg ihr Duell, ihre schwächere Zeit von 23,89 Sekunden sollte sich aber noch rächen.
So hätte Neureuther als Schlussläufer die Kohlen aus dem Feuer holen müssen. Und tatsächlich legte er mit 22,27 Sekunden die zweitschnellste Zeit überhaupt hin und glich zum 2:2 aus - nahm aber Gegner Trevor Philp "nur" 0,23 Sekunden ab - am Ende nicht genug gegen den 128. des Gesamtweltcups.
Denn bei Unentschieden werden die Laufzeiten der besten Frau und des besten Mannes addiert. Deutschland schied mit 0,05 Sekunden Rückstand aus. "Es ist sehr, sehr schade", sagte Neureuther, "aber im Endeffekt ist man ausgeschieden, das steht."
Bolt hilft nicht - Hirscher holt wieder Gold
Da half ihm auch der Zuspruch des schnellsten Mannes der Welt nicht. Aber trotz Usain Bolts Motivationsvideo konnte der Garmischer Deutschland nicht mehr in die nächste Runde hieven und musste mit ansehen, wie sein großer Konkurrent Marcel Hirscher mit Team Austria bereits seine zweite Goldmedaille bei der WM einfuhr.
Mit 22,14 Sekunden legte der Salzburger, vor dem Neureuther immerhin den Slalomweltcup anführt, die schnellste Zeit des Abends hin. Eine ähnliche Fahrt von Neureuther, und Deutschland wäre doch noch weitergekommen, hätte vielleicht im Finale dann gegen Österreich um Gold kämpfen können.
Medaillenvorgabe in Gefahr
Doch so gehen Neureuther und das DSV-Team mit einer gehörigen Hypothek in die letzten Tage der WM. Die Medaillenvorgabe des Verbandes von dreimal Edelmetall ist zumindest in ernsthafter Gefahr.
"Schnell abhaken und das Gefühl mitnehmen, dass man heute sehr schnell war", zeigte sich Neureuther nach seiner Kritik bemüht, den Blick nach vorne zu richten."
Hoffen auf Slalom und Riesenslalom
Der Spezialist hat vor allem im Slalom am Sonntag (18.15 Uhr im LIVETICKER), vielleicht aber auch schon im Riesenslalom am Freitag (18.15 Uhr im LIVETICKER) eine Medaille im Visier. 2014 in Adelboden feierte der Garmischer im Riesen bereits einen Weltcupsieg, bei Olympia in Sotschi war er Achter.
Auch Rebensburg zählt trotz ernüchternder Saison als Olympiasiegerin von Vancouver und Bronzegewinnerin von Sotschi zu den Favoritinnen im Riesenslalom am Freitag (18.15 Uhr im LIVETICKER). Sie habe jetzt den richtigen Ski gefunden, machte die Sechste des Gesamtweltcups Hoffnung: "Es geht in die richtige Richtung. Ich habe nichts zu verlieren."
Dazu kommt die Wild Card Dopfer. Der 27-Jährige wurde wegen Rückenproblemen im Teamwettbewerb geschont, soll bis zum Riesenslalom am Freitag aber wieder fit sein.