Ein Traditionsverein zerfällt in seine Einzelteile.
Dramatisches Vakuum beim FCK
Am Sonntag wurde beim 1. FC Kaiserslautern der vorläufige sportliche Tiefpunkt erreicht. 1:3 verloren die Roten Teufel beim Chemnitzer FC, der bis dahin In der Tabelle hinter den Pfälzern stand. Durch die Pleite rutschte der FCK in der 3. Liga nach 13 Spieltagen erstmals auf einen Abstiegsplatz.
Der Unmut der Fans richtet sich nicht zuletzt gegen Trainer Boris Schommers. Dessen Bilanz: drei Niederlagen, ein Unentschieden, nur ein Sieg.
"Wenn man in solch einer Situation nach 40 Minuten bereits wieder mit 0:3 in Rückstand gerät, sagt dies viel über die derzeitige Moral in der Truppe", sagt Andreas Buck, der von 1997 bis 2002 das FCK-Trikot trug und 1998 mit dem Klub Meister wurde, zu SPORT1. "Der FCK hat sowohl in der Defensive als auch in der Offensive Probleme. Mehr geht fast nicht."
Doch eine Trainerdiskussion wird es nach SPORT1-Informationen nicht geben. Schommers, der am 19. September für Ex-Coach Sascha Hildmann kam, wird am Mittwoch im Pokal-Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg (18.30 Uhr im LIVETICKER) und auch in den kommenden Wochen auf der Bank sitzen. Wer will ihn auch entlassen? Der pfälzische Traditionsverein ist gerade führungslos.
Frey tritt zurück
Am Montag gab auch noch Tobias Frey seinen Rücktritt bekannt, der erst am 19. September zum Mitglied als Vorstand des FCK berufen wurde.
In einer Facebook-Nachricht begründetet er seine Entscheidung: "Nach 10-jähriger Vereinsarbeit im Vereinsrat für unsere aktiven Mitglieder habe ich mich entschlossen, die sicher schwierige Aufgabe in der aktuellen Lage unseres Vereins nach bestem Gewissen anzugehen", schrieb Frey.
"Nach lediglich vier Wochen der Amtstätigkeit als Vorstandsmitglied muss ich leider feststellen, dass ich bereits in dieser Zeit Vorkommnisse erleben musste, die leider mit meinen Werten nicht vereinbar sind."
Frey weiter: "Ich wurde zu keiner Zeit schriftlich informiert, dass eine Wahl eines Aufsichtsrates terminiert wurde." Dies zeigt die verheerenden Zustände im Verein.
Kopflos in den Abgrund
Der alte Aufsichtsrat ist bis auf Nachrücker Fritz Fuchs (von 1969 bis 1975 FCK-Profi und 2008 Teammanager) zurückgetreten, Geschäftsführer Sport Martin Bader wird Ende des Jahres gehen, nachdem sein Vertrag nicht verlängert wurde. Auch Geschäftsführer Finanzen Michael Klatt wird zum 31. Dezember aufhören.
Buck bezeichnet die Lage als "dramatisch". Im Verein herrsche derzeit "ein Vakuum, weil er bis 1. Dezember quasi führungslos ist".
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Zum Trainer hat der Ex-Profi eine klare Meinung: "Ich sehe nur die Spiele und die Interviews. Das Bild, das ich dann zu sehen bekomme, ist definitiv kein Gutes. Meine anfängliche Skepsis zu Herr Schommers wird mit jedem Spiel größer. Ich denke schon, dass es jemanden geben würde, der legitimiert ist, Personalentscheidungen zu treffen. Martin Bader ist ja noch da und wird auch für die Arbeit bezahlt. Er sollte vielleicht nur nicht einen neuen Trainer alleine aussuchen dürfen."
"Eine einzige Katastrophe"
Die Kontrollgremien seien allerdings "mehr oder weniger nicht mehr existent. Und die Vorstände Sport und Finanzen, die den unmittelbarsten Einfluss auf wegweisende Entscheidungen haben, sind in den letzten Zügen und werden das Kapitel "FCK" im Januar 2020 abgehakt haben."
Und weiter: "Viel Engagement kann man von ihnen in den nächsten zwei Monaten nicht mehr erwarten. Engste Vertraute von Becca werden bereits jetzt heimlich in Vereinsgremien platziert. Die Situation ist derzeit eine einzige Katastrophe für den FCK."
Klub-Ikone Axel Roos, als Profi nur für den FCK aktiv, sieht es ähnlich. "Solange in der Führungsetage keine Ruhe einkehrt, wird es sportlich auch nicht besser werden. Die Spieler sind meiner Meinung nach total verunsichert und spiegeln das Gesamtbild der Führung auf den Platz", sagt der 55-Jährige SPORT1.
"Dadurch, dass es eine ziemlich junge Mannschaft ist, fehlt ihnen der Umgang mit solchen Dingen. Da wäre ein Leitwolf im Team wichtig, der voraus geht und ein Zeichen setzt. Dieser fehlt sowohl in der Führungsriege, als auch auf dem Platz."
Die einzigen Ansprechpartner für Schommers sind aktuell der sportliche Leiter Boris Notzon, der noch einen Vertrag bis 2021 hat, und Fuchs. Bader ist noch da, wird aber keine weitreichenden Zukunftsentscheidungen mehr treffen.,
Ob Notzon bleibt, entscheidet der neue Vorstand. Am 1. Dezember findet die neu angesetzte Jahreshauptversammlung statt, bei der ein neuer Aufsichtsrat gewählt wird. Dann hoffen viele Fans, dass das Team um den früheren Schiedsrichter Markus Merk die Stimmen-Mehrheit der Mitglieder erhält.
Bis dahin wollen Notzon und Fuchs genau beobachten, wer für den Verein noch alles gibt. Auch Leistungsträger der vergangenen Saison wie Christian Kühlwetter, Carlo Sickinger oder Dominik Schad sind auf dem Prüfstand. Sie befinden sich seit Monaten in einem Leistungsloch. Ebenso die Neuzugänge Janik Bachmann und Simon Skarlatidis, die mit viel Vorschusslorbeeren geholt wurden, aber nicht annähernd an ihre Leistungen aus der Vorsaison bei ihrem Ex-Verein, den Würzburger Kickers, anknüpfen können.
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Gleiches gilt für Philipp Hercher, der in der vergangenen Runde bei Sonnenhof Großaspach noch top Leistungen zeigte und deshalb von Hildmann zum Betzenberg geholt wurde. Doch der Fußballlehrer ist bekanntlich nicht mehr da.
Und was macht Investor Flavio Becca? Er zögert weiter mit seinem Einstieg, doch im Aufsichtsrat der für den Profifußball ausgegliederten Kapitalgesellschaft sitzt seit kurzem neben Aktionär Peter Theiss und Vereinsvorstand Wilfried de Buhr auch Patrick Gregorius, der juristische Berater und die rechte Hand Beccas. Der luxemburgische Milliardär hat somit jetzt direkte Einflussmöglichkeit.