Nach Liverpools Wunder gegen Barcelona erhielt Jürgen Klopp das womöglich größte Lob von Jose Mourinho. Dieses 4:0 nach dem 0:3 im Hinspiel habe nur einen Namen - Jürgen. Die Worte haben umso mehr Gehalt, weil "The Special One" vor dem denkwürdigen Halbfinal-Rückspiel in der Champions League noch kräftig gestichelt hatte gegen "The Normal One".
Kommentar: Mythenmacher Klopp
Klopp wird die Aussage zur Kenntnis nehmen - mehr nicht. All die Lobeshymnen, die nach einem der größten Comebacks im Fußball nun auf den FC Liverpool angestimmt werden, gibt der deutsche Trainer gerne weiter. An seine Spieler. An die Fans von Anfield.
Das ist eines von Klopps Geheimnissen. Er beansprucht den Erfolg nicht für sich, er teilt ihn.
Klopps Tugenden: Leidenschaft und Hingabe
Dass Klopp kein Taktik-Freak oder Fußball-Professor ist wie ein Pep Guardiola, Thomas Tuchel oder auch Lucien Favre, ist hinlänglich bekannt. Klopps Tugenden sind Leidenschaft und Hingabe.
Wie kein anderer kann er den Glauben an die eigene Stärke in seine Mannschaft implementieren - wie einen Superhelden-Virus. Wie kein anderer kann er mit seinem Heavy Metal an der Außenlinie, auch schon mal Auge in Auge mit dem Schiedsrichter, diese vibrierende Energie an die Anhänger auf der Tribüne weitergeben. Auf dass sie 50.000fach verstärkt zurückströmt.
Es ist kein Zufall, dass Klopp es mit seinen Mannschaften immer wieder hinbekommt, für besondere Momente im Fußball zu sorgen.
Es ist ebenso kein Zufall, dass Klopp seine Magie in Mainz, Dortmund und in Liverpool versprüht hat bzw. versprüht. Städte und Vereine mit einer Malocher-Historie. Das passt zu Klopps Denken und seiner Art, Fußball spielen zu lassen.
Klopp hat Power-Fußball revolutioniert
Klopp zu reduzieren auf jene Gabe, Spieler wie Fans zu begeistern, würde ihm aber nicht gerecht. Er hat den Power-Fußball mit dem Pressing und Gegenpressing revolutioniert und zu einer Kunstform erhoben. Er findet taktische Mittel und hat die Raffinesse, um eine Mannschaft wie Barca auszuschalten. Auch wenn das nicht so filigran wirkt wie bei anderen Trainern.
Kritiker und Pessimisten können noch immer anführen, dass Liverpool seit Klopps Amtsantritt im Oktober 2015 weiter ohne Titel ist. Dass sich dies in der Premier League auch in diesem Jahr wohl nicht ändern wird und Manchester City den Hauch besser ist. Sie können Klopps Finalfluch anführen, weil Klopp seine drei internationalen Endspiele allesamt verloren hat.
Klopp kann all diese Töne durch einen Sieg im Endspiel am 1. Juni in Madrid mit einem Schlag verstummen lassen. Doch schon jetzt gilt: Unabhängig von Titeln schafft Klopp etwas anderes, vielleicht viel Größeres. Er schafft Mythen. Und ist längst zu einem Mythos geworden.