Home>Fußball>Bundesliga>

FC Bayern: Ein legendärer Albtraum mit skurrilen Folgen

Bundesliga>

FC Bayern: Ein legendärer Albtraum mit skurrilen Folgen

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Bayerns Albtraum mit skurrilen Folgen

Rabah Madjer hat die Bayern viele Nerven gekostet. Ein Blick zurück verrät, wie der Algerier die Bayern gleich zwei Mal gedemütigt hat.
Thomas Tuchel wird ab Sommer nicht mehr Cheftrainer beim FC Bayern München sein. Das sind seine erste Worte nach Bekanntgabe der Trennung.
mhoffmann
mhoffmann

Das „Drama dahoam“ 2012 gegen den FC Chelsea. Der Sekunden-Albtraum 1999 in Barcelona gegen Manchester United. Es sind die großen Niederlagen, die dem FC Bayern und seinen Fans bis heute im Gedächtnis sind, wegen der tückischen Macht des Schmerzes in gewisser Weise wohl mehr als die großen Champions-League-Triumphe 2001 und 2013, die jeweils folgten.

{ "placeholderType": "MREC" }

Eine ähnlich traumatische und folgenschwere Erfahrung für die älteren Anhänger und Protagonisten des Rekordmeisters geschah 1987 in Wien, als die Bayern schon einmal den größten internationalen Triumph seit der Ära Franz Beckenbauer und Gerd Müller vor Augen hatten - dann aber im Finale des Europapokals der Landesmeister vom FC Porto düpiert wurden.

In dieser Woche sind zwei Hauptdarsteller des legendären Fußballabends verstorben: Andy Brehme und der damalige Porto-Coach „König“ Artur Jorge. Was aber genau ist damals passiert und wie hat es die Geschichte des FC Bayern beeinflusst? SPORT1 blickt zurück.

FC Bayern: Die Zeit für den Henkelpott schien schon 1987 reif

In der Erwartung fast aller war an jenem 27. Mai 1987 die Zeit reif für die internationale Krönungszeremonie der deutschen Fußballmacht: Drei Meistertitel hatte das Team von Udo Lattek - 1974 auch der Macher des ersten Landesmeister-Triumphs - zuvor schon eingesackt, auf dem Weg zum Henkelpott im Halbfinale keinen geringeren Gegner als Real Madrid niedergerungen.

{ "placeholderType": "MREC" }

Im Endspiel gegen die international weniger profilierten Portugiesen waren die Bayern klarer Favorit und hatten die Vorkehrungen für die Siegesfeier - Planung muss sein - auch schon getroffen.

Lesen Sie auch

„Im Hotel Marriott am Wiener Parkring war ein Festbankett bestellt worden für 450 Ehrengäste“, notierte der frühere Spiegel-Reporter Thomas Hüetlin mitleidlos in seiner historischen Bayern-Chronik „Gute Freunde“: „Die Speisekarte verhieß Filet Mignon mit Morcheln und wildem Reis, danach Halbgefrorenes mit Erdbeeren.“

Der Appetit auf Morcheln und Halbgefrorenes sollte den Bayern allerdings gründlich verdorben werden.

Ein strategischer Fehler rächt sich

Eine Halbzeit lang lief noch alles nach Plan für Lothar Matthäus, Brehme und Co.: Die Münchener Offensive bestimmte das Spiel, ein Kopfballtor von - ausgerechnet - dem 1,71 Meter kleinen Ludwig „Wiggerl“ Kögl brachte Bayern in Minute 25 in Führung.

{ "placeholderType": "MREC" }

Nach der Pause jedoch glitt Latteks Team das Spiel aus den Händen, wegen eines taktischen Fehlers. „Lattek wollte, dass wir weiter Druck machen“, erinnerte sich der damalige Stürmer Dieter Hoeneß an die Halbzeitpause seines letzten Bayern-Spiels: „Doch die Abwehrstrategen plädierten dafür, die Portugiesen kommen zu lassen und auszukontern. Leider haben sie sich durchgesetzt. Da hat er einmal im Leben auf die falschen Leute gehört.“

Der Sturm, den Bayern kommen ließ, entfesselte größere Kräfte als erwartet. Die dribbelstarken Portugiesen waren für die Bayern-Abwehr - geschwächt durch eine Sperre für Kapitän Klaus Augenthaler - nicht in den Griff zu kriegen. Der Albtraum materialisierte sich dann in der 77. Minute Form des legendären Hackentors des Algeriers Rabah Madjer, vorbei an den verdutzten Blicken von Torwart Jean-Marie Pfaff und des späteren Triple-Trainers Hansi Flick.

Madjer legte dem Brasilianer Juary drei Minuten später noch das per Kopf verwandelte Siegtor auf - das Trauma war vollendet. Ein frustrierter Udo Lattek - der nach der Saison abdankte und durch Jupp Heynckes ersetzt wurde - ertränkte seinen Frust auf seinem Hotelzimmer in Rotwein: „Ich bin einfach nicht mehr in der Lage, die Verantwortung dafür zu übernehmen, was einige Spieler auf dem Feld leisten“, schimpfte er vorher noch.

Uli Hoeneß und Udo Lattek traf die Niederlage gegen Porto ins Mark
Uli Hoeneß und Udo Lattek traf die Niederlage gegen Porto ins Mark

Uli Hoeneß' Selbstverständnis war erschüttert

Die Niederlage gegen Porto erschütterte das Selbstverständnis der Bayern und des damals 35 Jahre jungen Managers Uli Hoeneß nachhaltig, Hoeneß sprach noch viele Jahre später von der „schlimmsten Niederlage“ seines Lebens.

Sein Team musste sich nachsagen lassen, dass es die Bundesliga zwar beherrschen konnte, aber dass ihm das europäische Spitzenformat fehlen würde. Schon damals entbrannte auch eine Diskussion, ob Hoeneß mit seinem Faible für vorsichtiges Wirtschaften mit dem Festgeldkonto zu mutlos für den großen internationalen Wurf war.

Auch Hoeneß selbst haderte nachträglich mit der Entscheidung, vor der Saison den dänischen Topstar Sören Lerby an den AS Monaco verkauft zu haben. „Mit Lerby hätten wir das Europacupendspiel gewonnen“, befand er.

Hoeneß war nun angestachelt, seine Philosophie weiterzuentwickeln und Bayern mit teils ambitionierteren Transfers aufs nächste Level zu heben. Eines der ersten Zielobjekte: Finalschreck Madjer - was in einem weiteren Fiasko enden sollte.

Noch ein Fiasko wegen Rabah Madjer

„Wir sind, auch nicht durch irgendeine Summe, von Madjer abzubringen“, stieg Hoeneß gewohnt schneidig in den Transferpoker ein, für den er auch einige persönliche Härten auf sich nahm.

„Ich bin extra nach Lissabon geflogen, damit man mich in Porto nicht sieht, und bin mit dem Auto 300 Kilometer über die Dörfer gezuckelt“, erinnerte sich Hoeneß 32 Jahre später im Mitgliedermagazin 51: „Ich habe fast ein Huhn überfahren, eine Ziege ist mir ins Auto gelaufen. Wir verhandelten heimlich zuhause bei einem Freund von ihm, es war alles klar.“

Für damals horrende 3 Millionen D-Mark Ablöse schien der Winter-Deal eingefädelt, Madjer wurde mit dem Privatjet zu einem Hallenturnier eingeflogen, Fotos in Lederhose für die Münchener Volksseele wurden auch schon geschossen.

Rabah Madjer ließ sich für den FC Bayern schon in Lederhose ablichten
Rabah Madjer ließ sich für den FC Bayern schon in Lederhose ablichten

Weil dann aber doch noch nicht alle Details geklärt waren, grätschte der FC Valencia noch mit einem besseren Angebot dazwischen, Madjer schwenkte um, ließ Bayern sitzen und zog sich den ewigen Zorn des Uli Hoeneß zu („Das ist der größte Gangster aller Zeiten!“). Madjer landete später übrigens auch im Gefängnis, aus anderen Gründen.

Die Erlösung kommt erst 14 Jahre später

Bayerns Versuche, seinen Kader mit einem internationalen Top-Transfer zu veredeln, sollte noch über einige Irrwege führen (Bernardo, Mazinho, Adolfo „der Entlauber“ Valencia). Bis Hoeneß' großes Ziel, die Schmach von Wien zu tilgen, erreicht war, gab es noch zahlreiche Umbrüche - die für die damalige Spielergeneration zu spät kamen.

Den ersehnten Henkelpott erreichte auch Lothar Matthäus nicht mehr, den es 1988 in seiner Schicksalsgemeinschaft mit dem späteren Weltmeister-Kollegen Brehme zu Inter Mailand trieb.

Als Matthäus vier Jahre später zurückkam, folgten weitere turbulente Jahre. Das erneute Final-Trauma von 1999 gegen ManUnited mit Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjaer erlebte der Rekordnationalspieler noch als aktiver Spieler mit, den erlösenden Champions-League-Triumph 2001 von Stefan Effenberg und Co. in Mailand nicht mehr.

„Jetzt ist endlich der Tag gekommen, an dem ich nicht mehr an morgen denke und alles laufen lasse“, sagte damals Hoeneß - für den 14 Jahre nach der Schmach von Wien auch diese Niederlage getilgt war.