Kaum eine Persönlichkeit prägte die jüngere Geschichte des FC Bayern München so wie Uli Hoeneß. Während seiner Karriere als Spieler und Funktionär des deutschen Rekordmeisters polarisierte der 72-Jährige regelmäßig mit seinen meinungsstarken Thesen.
Die Prophezeiungen des Uli H.
Dass der heutige Ehrenpräsident dem FCB in dieser Saison schon vor dem 11. Spieltag und bei fünf Punkten Vorsprung auf den ersten Verfolger die Meisterschaft versprach, ist nur der jüngste Fall einer der vielen gewagten Ansagen von Hoeneß.
„Was ich zusagen kann, ist die deutsche Meisterschaft. Wir stehen zum heutigen Zeitpunkt wunderbar da. Wir sind Tabellenführer. Und unsere einzigen richtigen Konkurrenten Bayer Leverkusen und RB Leipzig liegen weit hinter uns“, hatte Hoeneß zuletzt bei einer Forum-Veranstaltung der Schweizer Zeitung Finanz und Wirtschaft deutlich behauptet und anschließend rege Diskussionen angestoßen.
Wenig überrascht von der Meister-Ansage zeigte sich beispielsweise Ex-Profi Markus Babbel und meinte im STAHLWERK Doppelpass: „Das Einzige, was mich überrascht, ist, dass wir darüber diskutieren. Das ist ein normaler Uli-Hoeneß-Reflex. Das überrascht mich nicht.“
Während die Frage danach, ob sich Hoeneß mit diesem Reflex zu weit aus dem Fenster gelehnt hat oder nicht einem Blick in die Glaskugel gleicht, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit und auf einige Prognosen der Klublegende.
Hoeneß erfolgreiche Titelansagen
Hoffnung machen dürfte allen Bayern-Fans hinsichtlich der versprochenen Meisterschaft, dass Hoeneß trotz der wiederholt gewagten Äußerungen in der Vergangenheit einige Male ins Schwarze getroffen hat.
Schon 1989 kündigte Hoeneß, bei einem legendären Wortgefecht mit Christoph Daum im Sportstudio, in Bezug auf die stark aufspielenden Kölner an: „Am Donnerstag ist dein Weg zu Ende.“ Nicht nur gewannen die Bayern beim anschließenden Duell in Köln mit 3:1, sondern wurden am Ende der Saison auch noch vor dem FC Deutscher Meister.
Entsprechend bitter trafen die Vorhersagen von Hoeneß auch den FC Schalke 04, der nach zwei Siegen in der Liga auch das Pokalfinale 2005 gegen die Münchner gewinnen wollte. Selbstbewusst verkündete Hoeneß am 14. Mai hingegen: „Wir werden das Pokalfinale gewinnen, weil es undenkbar ist, dass eine Mannschaft wie Schalke den FC Bayern in einem Jahr dreimal schlägt.“ Auch dieses Mal sollte Hoeneß recht behalten, sein Herzensverein holte mit einem 2:1-Sieg den Pokal.
Bremen bleibt von Kampfansage unbeeindruckt
Gemischten Erfolg verzeichneten die Hoeneß‘schen Prophezeiungen im Zusammenhang mit dem SV Werder Bremen. Am 31. Spieltag der Saison 2003/04 marschierten die Norddeutschen geradewegs in Richtung ihrer vierten Meisterschaft.
Der FC Bayern lag wiederum drei Spiele vor dem Ende der Saison bereits sechs Punkte hinter Bremen und bereitete sich vor dem direkten Duell am 32. Spieltag auf das Finale um den Titel vor. In üblicher Manier folgte die Kampfansage von Hoeneß: „Wir werden sie wegfegen und richtig niedermachen!“
Offensichtlich hatte man den Feger an der Säbener Straße allerdings vergessen und verlor nach einem 1:3 nicht nur drei Punkte, sondern auch die Meisterschaft an Bremen.
Auch in der Saison 2006/07 spielte der FC Bayern eine enttäuschende Saison und wurde hinter Bremen, Schalke und dem Meister aus Stuttgart nur Vierter.
„Die sollen ruhig oben stehen bis Weihnachten. Aber der Nikolaus war noch nie ein Osterhase. Am Ende wird der FC Bayern wie immer oben stehen“, hatte FCB-Boss Hoeneß nach dem 10. Spieltag noch im November behauptet und letztendlich heftig danebengelegen.
Lehmann-Nachfolge, Ferngläser und ein vermisster Meisterbalkon
Die Wiedergutmachung für das Fiasko folgte einige Jahre später dennoch. „Wir müssen dafür sorgen, dass wieder das Wehklagen einsetzt, wenn die anderen uns in der Tabelle mit dem Fernglas anschauen“, verdeutlichte Hoeneß kurz vor dem Saisonende die klaren Ansprüche der Bayern und sollte nur ein Jahr später zufriedengestellt werden. Zehn Punkte vor Werder krönte man sich zum Meister und zwang die Konkurrenz dazu, das thematisierte Fernglas herauszuholen.
Eine dritte fehlgeschlagene Meister-Ansage von Hoeneß sollte sich gleich über mehrere Jahre erstrecken. „Wenn der VfL Wolfsburg tatsächlich Meister werden sollte, spendiere ich denen einen Meisterbalkon“, protzte Hoeneß 2004. Kurz vor der tatsächlichen Meisterschaft der Wölfe, in der Saison 2008/09 ruderte er schließlich zurück und meinte nur: „Das gilt jetzt nicht mehr.“
Zur Hilfe eilte dem balkonlosen VfL stattdessen ein Bauunternehmer, der dem Klub kostenlos eine mobile Version zur Verfügung stellte.
Doch nicht nur im Titelrennen ließ sich Hoeneß zu Prognosen hinreißen. Nach dem Sommermärchen 2006 legte er sich bei der Torhüterfrage im DFB-Team fest: „Lehmanns Nachfolger in der Nationalelf wird auf jeden Fall Rensing und sonst keiner. Da können sich die anderen alle auf den Kopf stellen.“ Der damalige Youngster sollte in seiner Karriere nie ein Spiel für die deutsche A-Nationalmannschaft absolvieren.
Aufgrund der historisch wechselhaften Erfolgsrate dürfte die jüngste Meister-Ansage von Hoeneß also keine Garantie dafür darstellen, dass der FC Bayern in dieser Spielzeit seelenruhig in Richtung Meisterschaft spazieren könnte.
Rein sportlich spricht hingegen dennoch vieles für den Rekordmeister. Mit einem Torverhältnis von 36:7 stellt die Mannschaft von Cheftrainer Vincent Kompany sowohl die beste Offensive als auch die beste Defensive der Liga und verlor keine der bisherigen elf Partien. Diese Serie steht am Samstag im Kracher beim BVB, der bislang jedes Heimspiel in dieser Saison gewonnen hat, auf dem Prüfstand (18.30 Uhr im LIVETICKER).