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Schal-Streit vor DFB-Pokal-Finale gegen Leipzig: Soziologe Gunter A. Pilz übt deutliche Kritik an SC Freiburg

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Schal-Streit vor DFB-Pokal-Finale gegen Leipzig: Soziologe Gunter A. Pilz übt deutliche Kritik an SC Freiburg

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Schal-Gate: Deutliche Kritik an Freiburg

Der Schal-Ärger zwischen Freiburg und Leipzig sorgt für ordentlich Zündstoff. Jetzt äußert sich bei SPORT1 der Soziologe Gunter A. Pilz zu der Debatte. Sein Urteil ist vernichtend.
Der SC Freiburg trifft am Abend im DFB-Pokal-Finale auf RB Leipzig
Der SC Freiburg trifft am Abend im DFB-Pokal-Finale auf RB Leipzig
© SPORT1-Grafik: Marc Tirl/Imago
Johannes Fischer
Johannes Fischer

Heute ist es endlich so weit: RB Leipzig und der SC Freiburg (Sa., 20 Uhr im LIVETICKER) kämpfen in Berlin um den DFB-Pokal.

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Es ist eine Partie mit Brisanz. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan des DFB-Pokals)

Die Freiburger erteilten den Leipzigern eine Absage für gemeinsame Fanprodukte und verboten zudem die Nutzung des Vereinslogos. Die Vereinsführung der Sachsen, speziell Oliver Mintzlaff, verurteilte die Aktionen aufs Schärfste. (NEWS: Alle aktuellen Infos zum DFB-Pokal)

In dieselbe Kerbe schlägt auch der Soziologe und Fan-Forscher Professor Gunter A. Pilz. Im SPORT1-Interview kritisiert der 77-Jährige die Breisgauer dahingehend, eine eskalierende Situation geschaffen zu haben.

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SPORT1: Professor Pilz, vor dem Pokalfinale gegen RB Leipzig hat sich der SC Freiburg geweigert, einen gemeinsamen Fan-Schal auf den Markt zu bringen – offenbar um die eigenen Fans nicht vor den Kopf zu stoßen. Wie bewerten Sie das?

Gunter A. Pilz: Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis, zumal ein gemeinsamer Schal eine ganz wichtige Geste ist und eine gewisse Tradition hat. Wenn die deutsche Nationalmannschaft spielt, werden solche Schals auch immer produziert, auf denen beide Teams abgedruckt sind. Das unterstreicht, dass man die Werte des Fußballs, die mit Respekt und Fairness zu tun haben, ernst nimmt – auch wenn es um sehr viel geht.

Gunter A. Pilz setzt sich vor allem gegen Rechtsextremismus im Sport ein.
Gunter A. Pilz setzt sich vor allem gegen Rechtsextremismus im Sport ein.

Dass Freiburg einem solchen Schal nicht zugestimmt hat, wundert mich, weil der Verein das Image eines positiv gestimmten und moderaten Klubs hat, inklusive der Führung. Ich kann es nicht nachvollziehen und finde es ein völlig falsches Signal, wenn man die Feindbilder, die ein Teil der Fans mit Hoffenheim und Leipzig produzieren, auf solch eine Weise noch unterstützt. (News: Schal-Zoff: Freiburg von RB irritiert)

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SPORT1: Sie hätten dem SC Freiburg demnach zu dem Schal geraten?

Pilz: Wenn sie mich gefragt hätten, hätte ich es ihnen auf jeden Fall zugeraten. Ich hätte es sogar als Selbstverständlichkeit erwartet, dass man genau das tut. Ich weiß auch nicht, vor wen man sich ducken muss, zumal die Freiburger Ultras nicht zu denen gehören, die als besonders große Hardliner gelten. Das wäre doch ein Anlass gewesen, in eine Kommunikation mit den Ultras zu treten und zu sagen: ‚Passt mal auf, da geht es auch um ein Symbol nach Außen, im Sinne von Fairness und Respekt, deswegen machen wir es.‘ Weder der Klub noch die Mannschaft können etwas dafür, dass der Verein eine Ausnahmegenehmigung bei 50+1 hat.

SPORT1: RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff hat im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1 dem SC Freiburg eine gewisse Scheinheiligkeit vorgeworfen, da es auf Funktionärsebene keine Probleme zwischen den Klubs gebe …

Pilz: Ich würde nicht von scheinheilig sprechen, eher von unverständlich. Weil es eben auf Funktionärsebene gut klappt, ist es nicht nachvollziehbar und unverständlich, dass man so agiert. Scheinheiligkeit hieße ja, dass man auf der einen Seite Gespräche führt und so tut, als ob man auf sie zugeht – und auf der anderen Seite macht man sich zum Büttel dieser Leute. (Interview: Ex-Leipzig-Profi profitiert irritiert Freiburger Ablehnung)

Pilz über Freiburg: „Der Verein befindet sich auf gefährlichen Glatteis“

SPORT1: Gerade von einem Klub wie Freiburg hätte man eine solche Aktion am wenigsten erwartet, oder wie sehen Sie das?

Pilz: In Freiburg finden seit einiger Zeit die großen Stadionallianzen statt, wo man sich unmittelbar vor dem Spiel im Stadion mit den Fanvertretern beider Mannschaften, der Polizei und den Klub-Verantwortlichen trifft und sich noch einmal abstimmt, was erlaubt ist und was nicht. Das ist ein Paradestück für Deeskalation. Von daher kann solch eine Geste nur zur Eskalation führen, zumindest aufseiten der Leipziger. Gerade ein Pokalfinale ist normalerweise geprägt von einer sehr relaxten und freundschaftlichen Atmosphäre, auch gegenüber der gegnerischen Mannschaft. Durch diese Aktion ist unnötigerweise Öl ins Feuer gegossen worden, so dass ich mir vorstellen kann, dass es zwischen den Anhängern zu Animositäten kommt.

SPORT1: Dazu passt, dass der SC Freiburg bei Spielerinterviews vor dem Finale keine Fragen zu besagtem Fan-Schal erlaubte …

Pilz: Das ist natürlich peinlich. Da sieht man, dass sie ein schlechtes Gewissen haben, dass es ihnen nur auf die Füße fallen kann. Wenn der Spieler dann eine gewisse Aussage macht, wird es für den Klub doppelt bitter. Es ist ein Unterschied, ob ein Spieler sagt, dass die Aktion unverständlich ist – oder ein Herr Pilz (lacht). Ich finde das geradezu abenteuerlich, solch eine Bedingung zu stellen und es zeigt, dass sich der Verein auf einem gefährlichen Glatteis bewegt.

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Leipzig und Hoffenheim irgendwann Traditionsvereine?

SPORT1: Glauben Sie, dass RB irgendwann einmal als „normaler“ Klub angesehen wird?

Pilz: Ich denke, irgendwann wird sich das Ganze ändern. Ich glaube auch, dass Hoffenheim immer noch das größere Feindbild ist, weil man es sehr stark an einer Person (Dietmar Hopp, Anm. d. R.) festmachen kann. Bei Leipzig ist es nur an dem Prinzip des Getränkeherstellers festzumachen. Man muss sich auch klar machen: So wenig verständlich das Agieren von Hopp ist – zum einen, weil er sehr dünnhäutig und auch sehr narzisstisch ist, er will auch Anerkennung finden, wenn er schon so etwas macht - so sehr muss man aber auch anerkennen, dass er nicht nur sehr viel Geld in ein Stadion und die Mannschaft reingesteckt hat, sondern dort auch eine hervorragende Jugendarbeit geleistet wird.

SPORT1: Es gibt also durchaus Gründe, Hoffenheim oder Leipzig nicht zu dämonisieren.

Pilz: Man muss mal überlegen, wie viele Spieler dieses kleine Hoffenheim an die großen Bundesliga-Vereine geliefert hat. Und das gleiche sieht man bei RB, die auch eine hervorragende Vereins- und Jugendarbeit haben. Ich denke, wenn man langfristig sieht, was dort passiert, wenn sie auch international erfolgreich sind, dann wird sich das Ganze durchaus auch beruhigen. Es wird immer wieder mal einige Sozialromantiker geben, die sich ihr Feindbild bewahren wollen, aber ich denke, es wird zunehmend weniger werden.