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Viktoria Berlin, die "Revolution im Fußball" - DFB-Legende: "Das Tempo ist Wahnsinn!"

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Viktoria Berlin, die "Revolution im Fußball" - DFB-Legende: "Das Tempo ist Wahnsinn!"

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Hype-Projekt: „Tempo ist Wahnsinn!“

Ein Regionalligist will in die Bundesliga - und dabei den Fußball revolutionieren: der FC Viktoria 1889 Berlin. Im SPORT1-Interview gewährt die zweifache Weltmeisterin Ariane Hingst Einblicke in das hochspannende Projekt.
Der FC Viktoria 1889 Berlin strebt den Aufstieg an - das Topspiel gegen Türkiyemspor: LIVE im Free-TV auf SPORT1!
Der FC Viktoria 1889 Berlin strebt den Aufstieg an - das Topspiel gegen Türkiyemspor: LIVE im Free-TV auf SPORT1!
© Viktoria Berlin | Kai Heuser
Maximilian Miguletz
Maximilian Miguletz
von Maximilian Miguletz

Der FC Viktoria 1889 Berlin ist eines der spannendsten Fußball-Projekte Deutschlands. Nichts weniger als eine „Revolution“ ist im Südwesten Berlins ausgerufen worden!

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Im Sommer haben sechs Gründerinnen den Frauenfußballverein übernommen. Ihr Fünfjahresplan: der Aufstieg aus der Regionalliga Nordost bis in die Bundesliga. Ihr wichtigstes Ziel aber: die Schaffung eines „Leuchtturmprojektes im Frauenfußball“. Frauenfußball soll mehr Sichtbarkeit erlangen, die Bedingungen für Frauen und Mädchen sollen verbessert werden. (NEWS: Frauen-Gruppe will Viktoria Berlin in die Bundesliga führen)

Seit dem Start konnten reichlich Unterstützerinnen und Unterstützer akquiriert werden, darunter Prominenz wie Ex-Schwimmerin Franziska van Almsick, TV-Moderatorin Dunja Hayali oder Schauspielerin Alexandra Maria Lara. Sportlich steht man als Tabellenführer da. Doch wie geht es mit den übergeordneten Zielen voran? („Flutlicht an!“-Kolumne: Ex-Fünftligist bald in der Bundesliga?)

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Ariane Hingst liefert Antworten. Die zweifache Welt- und vierfache Europameisterin (174 Länderspiele) und heutige Nachwuchstrainerin beim DFB (U19- und U20-Juniorinnen) ist eine der Gründerinnen und Gesellschafterinnen.

Im Interview mit SPORT1 verrät die 43-Jährige, wie das Viktoria-Projekt eingeschlagen ist, was sich bei den Gehältern der Fußballerinnen getan hat und warum das Vorbild aus Hollywood kommt. Außerdem erklärt Hingst die Bedeutung von TV-Präsenz für den Frauenfußball, kommentiert einen Vorschlag von Karl-Heinz Rummenigge und wirft einen Blick auf ihren strauchelnden Ex-Klub Turbine Potsdam. (REPORT: Der Absturz eines Traditionsvereins)

DFB-Legende Ariane Hingst: „Das Tempo ist Wahnsinn!“

SPORT1: Frau Hingst, Sie und Ihre Mitstreiterinnen beim FC Viktoria 1889 Berlin haben im Sommer für großes Aufsehen gesorgt. Nun sind einige Monate vergangen. Wie geht es mit Ihrem ambitionierten Projekt voran?

Ariane Hingst: Das Tempo ist Wahnsinn und hat uns alle überrascht! Ganz große Meilensteine waren, dass wir relativ zügig zwei national bekannte, große Namen als Sponsoren gewonnen haben – für einen Regionalliga-Verein sicherlich nicht schlecht. Erfreulich war auch unser Saisonstart: Zum Auftaktspiel gegen Union Berlin kamen 700 Fans, für ein Regionalligaspiel eine wirklich beeindruckende Kulisse. Im Bereich der strukturellen Bedingungen haben wir noch die größte Arbeit vor uns, aber auch kleine Schritte gemacht. In der Vergangenheit war es etwa so, dass die Mannschaft teilweise nicht wusste, wo sie zwei Tage später trainieren würde. Heute haben wir im Stadion Lichterfeld dauerhaft Trainingszeiten auf dem Rasenplatz.

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Das Gründungsteam von Viktoria Berlin: Tanja Wielgoß, Lisa Währer, Verena Pausder, Ariane Hingst, Katharina Kurz und Felicia Mutterer (v.l.)
Das Gründungsteam von Viktoria Berlin: Tanja Wielgoß, Lisa Währer, Verena Pausder, Ariane Hingst, Katharina Kurz und Felicia Mutterer (v.l.)

„Da geht‘s nicht um Millionengehälter für Frauen“

SPORT1: Zum Projektstart hatten Sie ein „Leuchtturmprojekt im Frauenfußball“ ausgerufen (hier geht‘s zur Viktoria-Pressemitteilung vom 6. Juli). Ein Thema hierbei auch: die Gehälter der Fußballerinnen. Hat sich hier unmittelbar etwas für die aktuellen Spielerinnen verändert oder ist das ein Zukunftsthema?

Ariane Hingst: Sowohl als auch. Ja, es hat sich direkt was verändert: Bisher haben unsere Spielerinnen in der Regionalliga null Euro erhalten, nun bekommen sie so viel, dass sie BG versichert sind. Für uns ist das ein erster Mini-Schritt und wir wollen weitere folgen lassen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir sind keine Oligarchen, die mit Millionengeldern um sich werfen.

SPORT1: Was auch nicht nachhaltig wäre …

Hingst: Es ist gesünder, langsam zu wachsen, als von 0 auf 1000 zu gehen. Es ist ein Start. Vollprofis in der Regionalliga, das wäre wünschenswert, aber das haben wir ja noch nicht mal flächendeckend in der ersten Bundesliga. Wichtig ist ein Umdenken: Fair Pay ganz unbedingt, aber auch Equal Play. Also strukturelle Voraussetzungen, die vergleichbar mit den Männern sind. Da geht‘s nicht um Millionengehälter für Frauen, nein. Es geht um eine faire Bezahlung und um bessere Bedingungen. (NEWS: Alles Wichtige zur Frauen-Bundesliga)

SPORT1: Seit dem Saisonauftakt, der noch knapp gegen Union verloren ging, rauscht Viktoria förmlich durch die Liga. Wie zufrieden sind Sie mit der sportlichen Entwicklung?

Hingst: Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg. Ich denke, die Art und Weise, wie die Mannschaft spielt, ist attraktiv und mitreißend. Klar, unterm Strich zählen die drei Punkte, aber es ist doch umso schöner, wenn das mit einem schönen Offensivspiel geschieht.

SPORT1: Der Sie zumindest im Rahmen Ihres Fünfjahresplans in die Bundesliga führen soll. Mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga direkt nach dieser ersten Saison?

Hingst: Es ist ein steiniger Weg. Aber geiler sportlicher Anreiz. Wir müssen erstmal die Hausaufgaben von Woche zu Woche machen. Jetzt folgt die große Standortbestimmung mit dem Derby gegen Türkiyemspor. Ein ganz wichtiges Spiel im Kampf um den Aufstieg, vor hoffentlich richtig guter Kulisse und natürlich mit dem Novum: Frauen-Regionalliga live im Fernsehen und im Stream. Einzigartig! Das hat es noch nie gegeben.

Regionalliga-Spiel auf SPORT1: „Meilenstein für den Frauenfußball!“

SPORT1: Genau: SPORT1 ist live dabei beim Duell Erster gegen Zweiter, Viktoria gegen Türkiyemspor. Was bedeutet Ihnen solch eine Bühne?

Hingst: Da geht‘s nicht nur um Viktoria, oder Türkiyemspor, sondern die ganz große Message ist: Ein Frauen-Regionalliga-Spiel wird im Fernsehen und im Stream live gezeigt. Das ist eine riesige Wertschätzung und ein Meilenstein für den Frauenfußball! Wir sind angetreten, um etwas zu verändern. Insgesamt ist noch so viel Potenzial im Frauenfußball, was entwickelt und genutzt werden kann. Und um all dies ausschöpfen und auch zeigen zu können, muss auch einfach mal investiert werden, was bisher noch viel zu wenig bis gar nicht stattgefunden hat.

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SPORT1: Ab der kommenden Saison überträgt SPORT1 auch die Bundesliga live im Free-TV und im kostenlosten Livestream. Auch das sorgt für mehr Sichtbarkeit, aber wegen der Ansetzung am Montagabend auch für Kritik. Wie stehen Sie dazu?

Hingst: Das Wichtigste für mich ist: Ich bin heilfroh, dass zum ersten Mal in der Geschichte die Rechte für die Frauen-Bundesliga separat vergeben worden sind. Denn man sieht‘s ja: 1.600 Prozent Steigerung beim Erlös. Ein Riesenschritt! Aber da wir selbst in der ersten Bundesliga nicht flächendeckend vom Profifußball sprechen, ist es für einen Teil der Spielerinnen herausfordernd, am Montag zu spielen. Die müssen zwei Tage Urlaub nehmen. Für Lehrerinnen oder Erzieherinnen noch mehr eine Mammutaufgabe. Wenn es nur die Möglichkeit gibt, diesen Montag zu haben, dann ist das trotzdem toll, aber es zeigt doch einfach, dass noch an ganz vielen Baustellen gearbeitet werden muss. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Frauen-Bundesliga)

SPORT1: Viktoria strebt nichts weniger als eine „Revolution im Fußball“ an, also über sich selbst hinaus. Wie wollen Sie dem Fußball Impulse geben? Welche Resonanz erhalten Sie von anderen?

Hingst: Das ist eine beidseitige Sache. Natürlich wollen wir Impulsgeber sein. Gleichzeitig haben wir selbst ein Vorbild: den Angels City FC, die ein überragendes Projekt gestartet haben. Es besteht großes Interesse, sich in alle Richtungen auszutauschen. Vereine auch aus anderen Sportarten sind auf uns zugekommen, die unser Projekt spannend finden. Unser Ansatz ist sportartenübergreifend.

SPORT1: Sie haben das Vorbild aus Los Angeles erwähnt: Natalie Portman, Serena Williams und andere gründeten 2020 den Frauenfußballverein Angels City FC. Gab es da schon mal einen Austausch?

Hingst: Tatsächlich gibt‘s da schon Synergien. Ich selbst hatte beispielsweise schon mal Kontakt mit Eniola Aluko, die dort Sportdirektorin ist und die ich noch aus meiner aktiven Karriere kenne. Wir vergessen natürlich nicht, dass Amerika eine ganz andere Sportlandschaft hat als Deutschland, vieles lässt sich nicht 1:1 übertragen. Dennoch können wir so viel lernen. Übrigens auch von anderen Sportarten.

Sorge um 50+1 und kritische Stimmen: So reagiert Hingst

SPORT1: Ganz ohne kritische Stimmen dürfte so ein Aufsehen erregendes Projekt nicht verlaufen, kann ich mir vorstellen. Welche Kritik haben Sie erhalten?

Hingst: Insgesamt gab es wirklich wenige negative Stimmen. Aber: Wenn es im deutschen Fußball um eine vermeintliche Übernahme geht, ist die allererste Frage, ob 50+1 eingehalten wird. Da gab es nicht wenige, die sich an die entsprechenden Verbände gewandt und das sehr kritisch hinterfragt haben. Wir sind allerdings nicht angetreten mit ‚Hier ist das Geld, wir übernehmen euch jetzt!‘, sondern vielmehr ist uns eine enge Zusammenarbeit mit dem Verein wichtig. Insofern haben wir uns natürlich an alle Regelungen und Vorschriften gehalten.

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SPORT1: Karl-Heinz Rummenigge plädierte für „eine Art Frauen-DFL“. Ausgliederung bei Männern eine Erfolgsgeschichte, Verbände „sehr langsam und sehr schwierig in der Entscheidungsfindung“, Herbert Hainer: „Bundesliga wurde professioneller und attraktiver“ – braucht‘s die Frauen-DFL?

Hingst: Für mich ist das Wichtigste, dass die Vermarktung der Frauen-Bundesliga vorangetrieben wird. Ob es jetzt durch den DFB geschieht oder die DFL oder eine eigenständige Sache, ist für mich gar nicht so entscheidend, beziehungsweise können die Experten das noch viel besser beurteilen. Die Vergabe der Medienrechte war ein Meilenstein, ist super. Vielleicht sagen Kritiker, dass es überfällig war oder mehr gegangen wäre – das mag ich alles nicht beurteilen. Wichtig ist, dass wir diese Diskussion haben, wir uns kritisch damit auseinandersetzen und vielleicht auch mehr Druck aufbauen für Veränderungen. Im Gespräch zu sein, ist das Entscheidende. Ich finde, die Liga hat schon eine bessere Sichtbarkeit, aber dass wir da noch 100 Kilometer Strecke vor uns haben, ist auch jedem bewusst.

SPORT1: Ihr Ex-Klub Turbine Potsdam schlittert in der Frauen-Bundesliga derzeit ins Chaos und Richtung Abstieg. Wird es so kommen, dass Viktoria Berlin in nicht allzu ferner Zukunft Turbine überholt, was Strukturen angeht, und eben auch den sportlichen Erfolg?

Hingst: Wenn ich einen Wunsch äußern dürfte: Potsdam ist weiterhin in der ersten Liga vertreten und wir haben mit Union und Viktoria zwei Berliner Vereine in der Bundesliga. Das wäre für mich eine absolute Wunschvorstellung. Wenn man sich die Gegebenheiten anschaut: Berlin hat bald vier Millionen Einwohner, da dürften einige Fußball spielende Mädels drunter sein. Warum sollten wir nicht drei Berliner Spitzenvereine in der Bundesliga haben? Und hinzukommt: Ist es wirklich die Zukunft, zwölf Bundesliga-Mannschaften zu haben? Oder wird irgendwann aufgestockt, weil wir auch die Qualität in der Breite haben? Denn ein Aufstocken ergibt nur Sinn, solange wir wirklich die Breite in der sportlichen Konkurrenz haben, es darf nicht einfach nur darum gehen, Zahlen zu erhöhen, um mehr Vereine unterzubringen. (REPORT: Der Absturz eines Traditionsvereins)

SGS Essen - 1. FFC Turbine Potsdam: Tore und Highlights | FLYERALARM Frauen-Bundesliga
03:35
SGS Essen - 1. FFC Turbine Potsdam (Highlights)

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