Fanmärsche, XXL-Partys und ausflippende Fans, wohin das Auge reicht. Europäische Fußballanhänger kamen bei der Heim-EM 2024 voll auf ihre Kosten. Doch nicht nur die Schotten, Türken oder Niederländer machten ordentlich Alarm, sondern auch die Fans der deutschen Nationalmannschaft.
"Widert mich an!" Ärger um WM 2026 und hohe Ticket-Preise
Fan-Wut! „Das widert mich an“
Das lag vor allem auch an den beiden Vorsängern des DFB, an Pasquale Seliger und Bengt Kunkel. Auf die Unterstützung von Kunkel muss das DFB-Team bei der WM im kommenden Jahr jedoch verzichten. Denn der 26-Jährige wird den Trip nicht antreten - wegen immenser finanziellen Kosten, aber vor allem auch aus Sorge vor möglichen Konsequenzen.
Fußballfans müssen für WM 2026 tief in die Tasche greifen
5975 Euro sollte ein Fan der deutschen Nationalmannschaft sogar ursprünglich auf den Tisch legen, wenn er alle Spiele der DFB-Elf, inklusive eines möglichen Finales, im Stadion verfolgen möchte – in der günstigsten der drei Kategorien. Und hier gibt es nicht viele.
Die FIFA hat inzwischen auf die große Kritik an den selbst günstigsten Ticketpreisen reagiert und bietet nun eine weitere Ticket-Kategorie an.
Der neue Basisrang für Fans ist zum Festpreis von 60 US-Dollar pro Ticket und Spiel für alle 104 Partien erhältlich. Die Mitgliedsverbände müssen aber dafür sorgen, dass diese Tickets ausschließlich treuen Fans zugutekommen, die ihre Nationalteams stets begleiten.
Doch diese Art Tickets werden die Ausnahme bleiben. Für Tickets in der ersten Kategorie werden sogar über 14.000 Euro fällig (14.095 Euro), wenn ein Fan sich alle acht Spiele eines späteren Finalisten anschauen will.
„Die Fans sind nur noch der Spielball“
Unabhängig von der Art der Tickets kommen natürlich auch noch die Kosten für Flüge, Transfers, Übernachtungen und Verpflegung hinzu. Und Sonderurlaub dürften nur die wenigsten bekommen.
„Es wird von Tag zu Tag schlimmer. Die Fans sind nur noch der Spielball der Reichen und Mächtigen. Und nur wer reich ist, kann überhaupt die WM vor Ort verfolgen“, kritisiert Kunkel im Gespräch mit SPORT1 und fügt hinzu: „Das ist völlig absurd. Damit kannst du auch eine fette Hochzeit feiern oder eine Anzahlung für ein Eigenheim leisten. Wer soll sich das leisten?“
Der 26-Jährige gönnt es jedem Fan, der sich den Trip leisten kann und will, bedauert allerdings die finanziellen Hürden: „Ich glaube, viele haben noch auf das Beste gehofft - doch nach der Bekanntgabe der Preistabellen sind viele Träume geplatzt. Ich glaube, es ist eine Schwelle erreicht, bei der der globale Fußballfan langsam raus ist – auch ich.“
Fanbündnis fordert Stopp des Kartenverkaufs
Das Fanbündnis Football Supporters Europe (FSE) kritisiert, dass Tickets im freien Verkauf, den die FIFA vornimmt, dem Prinzip der „dynamischen Preisgestaltung“, bei dem allein die Nachfrage den Preis bestimmt, unterliegen.
Die Folge: Tickets für attraktive Spiele könnten auf dem Zweitmarkt noch teurer sein.
DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig teilte vor der Einführung des Basisrangs auf Anfrage der Sportschau mit: „Die WM ist von Deutschland aus gesehen weit weg und ein Besuch ist ohnehin mit größerem Aufwand und hohen Reisekosten verbunden. Auch deshalb hätten wir uns für unsere Fans insgesamt günstigere Tickets gewünscht.“
Sorge vor freier Meinungsäußerung
Doch nicht nur die Preise schrecken Kunkel ab. Es sind auch die Einreisebestimmungen und die Meinungsfreiheit vor Ort, die ihm Sorgen bereiten.
„Ich bin jemand, der frei äußert, was er denkt. Und wenn ich finde, dass die USA den Fußball für seine Zwecke missbraucht, dann mache ich das auch. Doch da muss ich vor Ort Angst haben, nicht mehr heimzukommen. Wie man mit Kritikern in den USA umgeht, ist kein Geheimnis“, so Kunkel.
Dabei ist Kunkel niemand, der Konfrontationen aus dem Weg geht. Bei der WM in Katar begleitete er das deutsche Team und sorgte mit dem Tragen der Regenbogenbinde für Aufsehen. Als er das Stadion betreten wollte, wurde dem damaligen Studenten die Binde abgenommen. Sogar Bundesinnenministerin Nancy Faeser suchte damals das Gespräch mit Kunkel.
„Die USA missbrauchen das Turnier für ihre Zwecke“
Der Unterschied? „In Katar hatte ich keine Angst. In Katar hätten sie sich gar nicht getraut, einen deutschen Journalisten wegen dieser Aktion zu bestrafen. Das hätte eine Staatsaffäre ausgelöst. In den USA hätte ich Sorge, wenn ich mich kritisch äußern würde. Katar hat die WM gebraucht, um ihr Image aufzupolieren. Die USA missbrauchen das Turnier für ihre Zwecke.“
Zum Turnier in den USA hat er eine klare Meinung: „Das alles widert mich an. Spätestens als Donald Trump bei der Auslosung den Friedenspreis bekommen hat, wusste ich: Es ist die richtige Entscheidung, nicht hinzureisen.“
Bei den Testspielen der DFB-Elf im März gegen Ghana und die Schweiz und im Mai gegen Finnland will Kunkel aber wieder dabei sein und in der Kurve für Alarm sorgen. Denn die Lust am Fußball will er sich dadurch nicht kaputtmachen lassen – auch, wenn es schwerfällt.