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Undankbare Radsport-Dominatoren? Auch Jens Voigt übt Kritik

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Undankbare Radsport-Dominatoren? Auch Jens Voigt übt Kritik

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Sind die Rad-Dominatoren undankbar?

Das alles dominierende Team Jumbo-Visma von Tour-Sieger Jonas Vingegaard ist auf dem Weg zu einem historischen Triumph bei der Vuelta - der jedoch von jeder Menge Nebengeräuschen begleitet wird.
Primoz Roglic und Jonas Vingegaard (r.) sorgen bei der Vuelta für Diskussionen
Primoz Roglic und Jonas Vingegaard (r.) sorgen bei der Vuelta für Diskussionen
© IMAGO/Sirotti
Franziska Wendler
Franziska Wendler

Was eine Woche für Jumbo-Visma. In nur wenigen Tagen produzierte das Radsport-Team mehr Schlagzeilen als so mancher Rennstall in mehreren Monaten. Am tragischsten war dabei gewiss der schwere Unfall des Belgiers Nathan van Hooydonck.

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Dieser hatte am Dienstag am Steuer seines Autos einen Herzinfarkt erlitten und infolgedessen einen schweren Unfall verursacht. Der Sportler wurde in ein Krankenhaus gebracht, schwebte in Lebensgefahr und wurde ins künstliche Koma versetzt. Seiner schwangeren Ehefrau, die mit im Fahrzeug saß, passierte glücklicherweise nichts.

Auch von van Hooydock gibt es inzwischen positive Neuigkeiten. Wie sein Team bekanntgab, ist er wach und hat keine weiteren Verletzungen davongetragen.

Abseits vom Schicksal des 27-Jährigen schreibt das dominierende Team der Radsport-Szene aber vor allem sportliche Schlagzeilen - positiv sind diese zuweilen aber nicht. Doch der Reihe nach.

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Wirbel um Vingegaard und Roglic

Aktuell läuft mit der Vuelta a Espana eines der wichtigsten Radrennen der Welt. Mit Sepp Kuss, Jonas Vingegaard und Primoz Roglic liegen vor dem finalen Wochenende drei Fahrer des Teams Jumbo-Visma auf den ersten drei Plätzen.

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Bei der Etappe am vergangenen Mittwoch stand das Trio zudem gemeinsam auf dem Podest. Einen Dreifach-Triumph bei einer Grand-Tour-Etappe hatte es zuvor letztmalig bei der Vuelta 1991 durch das ebenfalls niederländische Teams PDM gegeben.

Doch die sportlich überragenden Leistungen haben mitunter einen faden Beigeschmack. Speziell das Verhalten von Vingegaard und Roglic sorgte bei der 16. Etappe am Mittwoch für Wirbel.

Kuss bei Vuelta alleine gelassen

Die Ausgangsposition: Sepp Kuss, seines Zeichens treuer Edelhelfer, der beiden zu großen Erfolgen verholfen hat, steht als Gesamtführender vor dem größten Triumph seiner Karriere. Einmal nicht anderen zum Podiumsplatz verhelfen, stattdessen als Triumphator selbst ganz oben stehen.

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Doch als der Mann im Roten Trikot - ausgerechnet an seinem 29. Geburtstag - am schweren Schlussanstieg nicht mehr nachsetzen kann, zünden die beiden Stars des Teams den Turbo und lassen Kuss stehen. Ohne Not erhöhen Vingegaard und Roglic - Zweiter und Dritter der Gesamtwertung - das Tempo und überlassen dem Edelhelfer seinem Schicksal.

Bei Eurosport-Experte Jens Voigt sorgte das Verhalten der beiden Stars für Unverständnis. „Es scheint ihnen einfach egal zu sein. Ich finde das schon erstaunlich“, äußerte er.

Voigt kritisiert Stars von Jumbo-Visma

Zwar soll Kuss laut dem Team am Funk das Go für die Attacke der beiden gegeben haben, Angriffe auf eigene Teamkollegen - ohne Druck von anderen Teams - hinterlassen aber stets einen faden Beigeschmack. Noch dazu, wenn der benachteiligte Fahrer für die angreifenden Sportler in der Vergangenheit viel getan hat.

„Das ist Sport, kein Märchen mit Happy End und klar soll der Beste gewinnen“, fuhr Voigt fort. Aber: „Roglic hat den Giro d‘Italia dieses Jahr gewonnen, weil er in Kuss den loyalsten Helfer hatte. Auch Vingegaard hat dieses Jahr die Tour de France unter anderem nur deshalb gewonnen, weil er in Kuss den loyalsten Helfer hatte. Und jetzt wäre der perfekte Moment, etwas Loyalität zurückzugeben.“

Sepp Kuss fährt weiterhin im Roten Trikot
Sepp Kuss fährt weiterhin im Roten Trikot

Vingegaard gewann in seiner Karriere bereits zweimal die Tour de France, Roglic dreimal die Spanien-Rundfahrt. Umso mehr ist Voigt ob der Geschehnisse verwundert. „Wäre es da jetzt vermessen, etwas von dem Glück an den Fahrer abzugeben, der sich für seine Kapitäne in diesem Jahr jeweils 3500 Kilometer den Rücken krumm gemacht hat?!“

Motordoping? Team muss Kritik einstecken

Irritierend mutete in diesem Zuge zudem an, dass Vingegaard nach der Etappe äußerte, er habe gehofft, „dass Kuss das Rote Trikot behält. Ich würde es gerne sehen, dass er die Vuelta gewinnt.“

Neben der diskussionswürdigen Teampolitik sorgen aktuell zudem Vorwürfe des Motordopings für Aufsehen. Nach Meinung des Franzosen Jerome Pineau seien die Fabel-Leistungen der Jumbo-Visma-Fahrer darauf zurückzuführen.

„Es gibt keine Beweise, aber bei Armstrong hatten wir sie auch nicht und jeder wusste es“, meinte der frühere Quick-Step-Fahrer, die Dominanz des Teams sei nicht anders zu erklären. Die Teamverantwortlichen reagierten ähnlich wie während der Tour auf den immer wieder vorgebrachten Doping-Argwohn: Mit Verweisen auf den überlegenen Aufwand, den das Team betreibe - und einem Gegenangriff auf Pineau.

Pineau beschuldigt - Bosse reagieren

„Kommentare von einem ‚Team-Manager‘, der mehrere Fahrer und Mitarbeiter unter Vertrag nahm, bevor sich im Oktober dann herausstellte, dass er alle getäuscht und diese Leute in eine schlechte Lage gebracht hat? Diese Person darf über Andere sprechen?“, sagte Sportdirektor Merijn Zeeman bei GCN.

Teamchef Richard Plugge erklärte beim Radsport-Portal Wielerflits: „Eine bizarre Anschuldigung. Anscheinend hat jeder vergessen, welchen Schaden Pineau selbst dem Radsport letztes Jahr zugefügt hat.“

Und weiter: „Wir konzentrieren uns darauf, die Vuelta a Espana zu gewinnen. Jeder, der unserem Team folgt, weiß, dass wir kontinuierlich versuchen, so transparent wie möglich zu sein. Wir haben unsere Türen für Dokumentationen von Netflix und Amazon vollständig geöffnet. Offenbar weiß Pineau immer noch nicht, wie Radsport im Jahr 2023 funktioniert. Die Basis unseres Erfolges liegt in unserer Arbeitsweise, zu der auch eine sehr ausgefeilte Ernährung und ein Höhentraining gehören. Zu diesem Pineau-Ausbruch kann ich eigentlich nichts mehr sagen.“

Zur Erklärung: Pineau hatte 2022 mit seinem Team B&B Hotels unter großen Versprechungen unzählige Fahrer unter Vertrag genommen. Nach wochenlanger Unsicherheit platzte schließlich die Blase, das Team wurde eingestellt und Fahrer sowie Mitarbeiter verloren ihre Jobs.

Historischer Erfolg bei Vuelta möglich

Trotz der Vielzahl an Schlagzeilen, bei Jumbo-Visma konzentriert man sich derweil vor allem auf den Erfolg. Und der könnte historische Ausmaße annehmen.

Sollte Kuss die Vuelta gewinnen, hätte das Team nach dem Giro d‘Italia (Roglic) und der Tour de France (Vingegaard) die drei wichtigsten Rundfahrten innerhalb eines Jahres mit drei unterschiedlichen Fahrern gewonnen. Dies würde ein Novum im Radsport darstellen.

Die Chancen dafür sind nach der 18. Etappe wieder gestiegen, so konnte der Führende Sepp Kuss seine Führung auf seine beiden prominenten Mannschaftskollegen um einige Sekunden ausbauen.

Sollte der historische Triumph gelingen, dürften mitschwingende Negativ-Schlagzeilen ganz schnell vergessen sein.