Sie haben große Stars wie CM Punk, Bryan Danielson, Chris Jericho, Sting und Jon Moxley. Heiße junge Talente wie Jungle Boy, Darby Allin und den mysteriös verschwundenen MJF.
Der genialste Coup des WWE-Rivalen
© AEW
Aber man kann mit gutem Recht sagen: Der brillanteste Personal-Coup in der jungen Geschichte von WWE-Rivale All Elite Wrestling war ein anderer: die Verpflichtung von Orange Cassidy. (NEWS: Alle Neuigkeiten zu AEW)
In seinem Fall war nämlich nicht annähernd so offensichtlich, was für einen riesigen Wert sie einmal für AEW haben würde.
Der Kultstar mit der Sonnenbrille hat in den vergangenen Woche seine ersten großen Matches nach längerer Schulterverletzungspause bestritten - und die Rückkehr ins Rampenlicht wurde zu einem umjubelten Triumphzug, der fulminant in Erinnerung rief, was für einen Schatz AEW-Boss Tony Khan da vor drei Jahren gehoben hat.
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Orange Cassidy: So einen Typen gab‘s im Wrestling nie
Unter eingefleischten Wrestling-Fans war Cassidy schon damals ein Phänomen, ein Independent-Hit, wie ihn die oft von der Wiederholung alter Grundideen lebende Wrestling-Welt noch nicht gesehen hatte.
Die Figur des Orange Cassidy war etwas völlig Neues, „als würde Ryan Goslings Charakter aus Drive unerwartet in einen Looney-Tunes-Cartoon stolpern“, wie ein Wrestling-Blogger es treffend umschrieb.
Cassidy ist ein sich stoisch lustlos gebender „Slacker“, der sich der sportlichen Hochleistungswelt scheinbar verweigert, lasche Kickserien verteilt, im Ring seine Sonnenbrille nicht abnimmt und seine Hände in den Jeanstaschen lässt, während um ihn herum das Chaos tobt. Und wie einst Stummfilm-Ikone Buster Keaton verzieht er dabei auch niemals eine Miene.
Was absurd unsinnig klingt, hat sich als Geniestreich erwiesen: Tatsächlich ist Cassidy - der über sich selbst sagt, dass er den Charakter kreiert hätte, um sich von „besseren Wrestlern abzuheben“ - ein herausragender Performer und seine Einlagen kunstvoll auf vielen Ebenen.
Grandiose Matches bei Forbidden Door und Dynamite
Athletisch sind Cassidys Sprung- und Aktionsfolgen mit beiden Händen in den Hosentaschen meisterhaft, dramaturgisch verleihen sie jedem Kampf eine einzigartige Note - weil man als Zuschauer nie auf den ersten Blick weiß: Treibt Cassidy seinen Gegner jetzt wieder mit einer Unsinnsaktion zur Weißglut? Oder explodiert er und langt mit dem Killerinstinkt zu, von dem seine Spirenzchen ablenken?
Weil das im Drehbuch auch der Kontrahent nie weiß, hat der Orange-Cassidy-Stil auch eine schlüssige innere Logik, die seine Kritiker oft übersehen.
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Der großartige Kampf gegen Ausnahmewrestler Will Ospreay beim Pay Per View Forbidden Door vergangene Woche und das ähnlich starke TV-Match gegen Ethan Page drei Tage danach bei Dynamite waren Zeugnisse von Cassidys Klasse - und sorgten für Jubelstürme bei den jeweils über 10.000 anwesenden Fans in Chicago und Detroit.
Bei Kultliga CHIKARA von Top-Wrestlern geschult
Worüber Cassidys jugendlicher Look hinwegtäuscht: James Cipperly, wie der Mann aus dem 300-Seelen-Dorf Stewartsville in New Jersey eigentlich heißt, ist kein junges Talent.
Cassidy ist vor zwei Monaten 38 geworden und blickt auf eine bald 20-jährige Karriere im Wrestling zurück, 13 davon in der Liga CHIKARA - viele Jahre lang eine hoch geschätzte Spielwiese für unkonventionelle Ideen in Kombination mit technisch herausragendem Wrestling. Cassidys als Szenegötter verehrte Trainer Chris Hero, Mike Quackenbush und Jorge „Skayde“ Rivera standen dafür beispielhaft.
Als langhaariger JC Ryder und als maskierter „Fire Ant“ („Feuerameise“) war Cassidy Teil eines bunten Talenthaufens, aus dem viele Stars und Weggefährten hervorgegangen sind, unter ihnen der frisch von AEW verpflichtete Schweizer Star Claudio Castagnoli (Cesaro), der spät erblühende Eddie Kingston sowie auch die tragisch früh verstorbenen „Sweet & Sour“ Larry Sweeney und Brodie Lee / Luke Harper (dessen kleiner Sohn Brodie Jr. Cassidy als Idol verehrt).
Mehr als ein kurzlebiger Gag
CHIKARA macht einen nicht unwesentlichen Teil des geistigen Erbes aus, das AEW nun auf großer Bühne als WWE-Alternative zelebriert - und Cassidy beweist exemplarisch, wie viel unterschätztes Potenzial darin liegt, das spielerisch Unernste konsequent ernst zu nehmen.
Als AEW im Sommer 2019 Cassidys Verpflichtung bekanntgab, glaubten die meisten an einen netten Gag, der sich nach ein paar Monaten totlaufen würde (was bei Konkurrent WWE sicher auch passiert wäre - wobei Cassidy wegen seiner Statur dort aber ohnehin keine Chance hätte). Khan allerdings behandelte die Figur pfleglich und liebevoll als witziges, aber jederzeit zu großen Siegen fähiges Mysterium. Und förderte so ungeahnte Substanz und Langlebigkeit zutage.
Cassidy hat sich längst als absolute Erfolgsgeschichte hervorgetan, ist Liebling in allen Fan-Altersklassen, Merchandise-Treiber und steht nach Angaben von Khan auch bei den Verantwortlichen von TV-Partner Warner Media hoch im Kurs.
Orange Cassidy: Neues Theme bekannt aus Kultfilm
Wie grandios sich Orange Cassidy auf der großen Bühne wirken kann, kam diese Woche bei Dynamite nochmal ein Stück besser rüber als vorher.
Dort feierte nun nämlich das neu lizenzierte Theme von Cassidy AEW-Premiere, der schon aus seinen Independent-Zeiten bekannte Rock-Klassiker „Jane“ von Jefferson Starship.
Der Song ist bekannt als Intro der nostalgischen, zum Kult avancierten 2001er-Feriencampkomödie „Wet Hot American Summer“ mit dem jungen Bradley Cooper (und der daran anknüpfenden Netflix-Serie anderthalb Jahrzehnte später).
„'Jane‘ ist ein perfektes, komplexes Trashjuwel-Kunstwerk“, kommentierte eine Kulturkritikerin von GQ damals die Wiederentdeckung des Siebziger-Stücks und fragte sich: „Kann es wirklich sein, dass dieser scheppernd-schwitzige Song sich selbst wirklich ernst nimmt? Du wirst nie aufhören, dich zu wundern.“
Orange Cassidy fängt den Geist von „Jane“ ein, wie kein Wrestler außer ihm es tun könnte.