Mike Tullberg wirkte erleichtert und glücklich, als er am Dienstagnachmittag nach dem 1:0-Coup bei Paris Saint-Germain auf dem Rasen des Stade Georges Lefèvre interviewt wurde. „1:0 zu gewinnen in Paris in der Youth League, das ist ein Ausrufezeichen“, sagte der U19-Trainer von Borussia Dortmund.

„Darauf können wir und speziell die Jungs stolz sein. Die sind echt verdammt gut. Aber wir sind gelaufen, haben gekämpft und malocht. Das gefiel mir.“ Tullberg und seine Jungs haben damit den großen Favoriten auf den Titel in der UEFA Youth League (wie Champions League bei den Erwachsenen) geschlagen.

„Ich würde nicht behaupten, dass ich gut Schachspielen kann“, sagte der 37-Jährige mit Blick auf die vielen taktischen Umstellungen von ihm und Trainer-Kollege Zoumana Camara während der Partie.

„Aber das war heute wie ein Schachspiel. Es hat echt Spaß gemacht, weil man keine Sekunde Ruhe hatte im Kopf. Wir mussten ständig umstellen und reagieren.“

Der entscheidende Taktik-Kniff: Tullberg stellte früh von einer Dreier- auf die gewohnte Viererkette um. Dortmund hatte dadurch mehr Zugriff - und siehe da: Julian Rijkhoff erzielte das entscheidende 1:0 (30.).

Dortmund beste deutsche Mannschaft in der Youth League

Damit hat Erfolgscoach Tullberg eine nächste Duftmarke gesetzt. Im Vorjahr schon schlug er mit seiner Mannschaft die PSG-Talente um Mbappé-Bruder Ethan.

Im Achtelfinale setzten sich die Schwarzgelben mit 5:4 im Elfmeterschießen durch. In den letzten beiden Jahren schafften es die Tullberg-Jungs stets unter die letzten Acht in Europa. Damit waren sie immer die beste deutsche Mannschaft.

Für Bayern, Leverkusen, Frankfurt oder Leipzig war nämlich früher Schluss. Aber das sind nicht die einzigen Erfolge Tullbergs: In der Bundesliga West ist der frühere Mittelstürmer (Oberhausen, Aarhus, Heart of Midlothian) schon seit 40 (!) Spielen ungeschlagen.

Die Rekord-Bilanz: 34 Siege, sechs Remis, 121:19 Tore! Im Schnitt holt Tullberg 2,7 Punkte pro Spiel, seine Teams schießen zudem 3,04 Tore pro Partie! Auch in dieser Saison macht die Tullberg-Truppe da weiter, wo sie aufgehört hat: Fünf Ligasiege, 18:1 Tore und nun der Coup in der Youth League gegen Paris.

Neben den harten Fakten gibt es aber auch weitere Belege für Tullbergs gute Arbeit. Er hat die Top-Talente Paris Brunner, Kjell Wätjen, Cole Campbell und Filippo Mané auf ein neues Level gehoben und erweckt aktuell auch Julian Rijkhoff wieder zum Leben.

Das holländische Sturm-Juwel war unzufrieden und plante im Sommer schon den Abflug. Trotz guter Leistungen erhielt er bei den Profis keine Chance, saß in dieser Saison zudem bei der U23 in der 3. Liga vier Spiele nur auf der Bank.

BVB: Fehlt es Rijkhoff noch an der körperlichen Härte?

Begründung: Körperlich soll es Rijkhoff noch an der nötigen Härte fehlen. Tullberg muss das Ex-Ajax-Talent nun aufpäppeln.

Der Däne, der in der Vergangenheit auch schon erfolgreich mit den Profis Jamie Bynoe-Gittens, Tom Rothe, Bradley Fink oder Youssoufa Moukoko gearbeitet hat, gehört längst zu den heißesten Trainer-Aktien auf dem Markt.

Im Sommer war er bereits mit Eintracht Frankfurt und Salzburg in Verbindung gebracht worden, verlängerte aber seinen U19-Vertrag beim BVB bis 2026. Mit den Schwarz-Gelben geht er nun in sein fünftes Jahr – und dann?

In Dortmund sind sie hochzufrieden mit dem ehrgeizigen Trainer, der an der Seitenlinie oft als brodelnder Vulkan auftritt und manchmal auch über die Stränge schlägt. Eigentlich nur eine Frage der Zeit, dass Bessermacher Tullberg bei anhaltendem Erfolg den nächsten Schritt wagt…