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"Keine Verteidigungsmonster": Die Folgen von Nagelsmanns Aussage für die EM

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"Keine Verteidigungsmonster": Die Folgen von Nagelsmanns Aussage für die EM

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Die Folgen der “Monster“-Aussage

Die Länderspielpause hätte für die deutsche Nationalmannschaft enttäuschender nicht verlaufen können. Nach der zweiten Niederlage gegen Österreich ließ Bundestrainer Julian Nagelsmann mit Blick auf die EM 2024 verlauten, dass aus dem DFB-Team bis dahin kein „Verteidigungsmonster“ mehr werde. Was steckt dahinter?
Julian Nagelsmann sieht nicht genug Defensiv-DNA im deutschen Nationalteam. Blickt man nur auf die individuelle Klasse der Spieler, darf das bezweifelt werden - und die Problemlösung scheint komplex.
Constantin Eckner
Constantin Eckner

Eigentlich sollte Julian Nagelsmann für die Wende sorgen. Doch auf einen verheißungsvollen Start während der Nordamerikareise folgte nun die Ernüchterung. Besonders in der Defensive ist die DFB-Elf weiter enorm anfällig. Der Bundestrainer scheint selbst nicht mehr daran zu glauben, dass er bis zur Europameisterschaft ein defensiv stabiles Team formen kann.

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Derweil spricht DFB-Sportdirektor Rudi Völler wieder vom Fehlen der sogenannten deutschen Tugenden. „Ob Dreier- oder Viererkette, ob Kai Havertz als linker Verteidiger oder Stürmer – egal, das ist alles nicht der Knackpunkt“, so Völler. „Es ist eine generelle Frage, ich weiß nicht, ob es an den Spielertypen liegt, da müssen wir dran arbeiten.“

In den Worten von Nagelsmann und Völler zeichnet sich ab, dass das DFB-Team die EM eher mit einer offensiven Ausrichtung angehen wird. Ganz überraschend mag das nicht kommen, denn eigentlich wurde Nagelsmann auch mit dem Wissen geholt, dass er einen aggressiven und risikoreichen Spielstil präferiert.

Trotzdem hatte wohl auch der 36-Jährige die Erwartung, dass die Nationalmannschaft mit einigen gestandenen Verteidigern wie Antonio Rüdiger und Mats Hummels und mehreren erfahrenen Zentrumsspielern zumindest ansatzweise stabil stehen könnte. Doch dem ist nicht so. Das liegt unter anderem am Mangel an wirklich herausragenden Defensivakteuren. Abgesehen von Rüdiger gibt es ansonsten niemanden in der Verteidigungslinie, der das Prädikat „internationale Klasse“ verdient. Bei Hummels liegt es natürlich vor allem am Alter und seinem abbauenden Körper.

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Keine Kopie von 2014 möglich

Nun könnten individuelle Unzulänglichkeiten im besten Fall noch durch kollektivtaktische Abstimmungen kaschiert werden. Aber sobald eine Partie aus Sicht der Deutschen außer Kontrolle gerät oder der Gegner mit viel Tempo anläuft, verliert das DFB-Team in aller Regel den Zugriff. Die Abstände zwischen den Spielern stimmen nicht mehr, manch einer verteidigt zu mannorientiert, wichtige Räume werden nicht besetzt und entscheidende Zweikämpfe gehen verloren.

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Dem Anschein nach sieht sich Nagelsmann nicht imstande, diese Schwächen innerhalb der kommenden Monate zu beheben, wobei es bis zur unmittelbaren EM-Vorbereitung lediglich noch eine Länderspielpause im März geben wird.

Mit einer offensiven Grundausrichtung würde der Bundestrainer gegen den Trend bei internationalen Turnieren fahren, wo sich normalerweise jene Teams mit ausgesprochener Defensivstärke durchsetzen. Deshalb bieten Welt- und Europameisterschaften für gewöhnlich kein Torfestival. Auch die Weltmeister von 2014 waren gerade wegen ihrer enormen Stabilität mit Bastian Schweinsteiger im Zentrum, formstarken Innenverteidigern dahinter und Benedikt Höwedes als Absicherung auf links erfolgreich.

Allerdings stehen eben die notwendigen Spielertypen für eine Art Kopie dieser damaligen Herangehensweise nicht zur Verfügung. Sicherlich könnte Nagelsmann statt Kai Havertz auf einen klassischeren Linksverteidiger setzen. Jedoch haben David Raum oder Robin Gosens nicht nachweisen können, dass sie über 90 Minuten fehlerfrei in der Rückwärtsbewegung bleiben und dem Rest des Teams große Sicherheit geben.

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Auch in der Offensive braucht es mehr als „Einzelkämpfer“

Nagelsmann wird aller Voraussicht nach versuchen, viel auf die Karte Offensivstärke zu setzen. Das bedeutet, das deutsche Team soll den Ballbesitz kontrollieren, sich im besten Fall weit vorn festsetzen und so die größtmögliche Dominanz entwickeln. Greift dann noch das Gegenpressing nach Ballgewinnen, werden im besten Fall viele Konterangriffe unterbunden und Deutschland kann auf diese Weise die eigene Defensive beschützen.

Natürlich funktioniert solch ein taktischer Ansatz nicht ohne weiteres, nur weil Deutschland über einige talentierte Offensivspieler verfügt. Auch für ein effektives Ballbesitzsystem braucht es Abstimmung und Kommunikation untereinander. „Jeder ist mit sich beschäftigt, was natürlich auch aufgrund der jüngeren und mittleren Historie ein Stück weit normal ist. Da habe ich schon das Gefühl, dass wir noch zu viele Einzelkämpfer sind“, meinte Nagelsmann nach der Niederlage gegen Österreich.

Genau darin liegt die größte Herausforderung. Selbst wenn der Bundestrainer die meisten Chancen in der Flucht nach vorn, also in der Betonung der offensiven Qualitäten, sieht, so ist es ein weiter Weg, bis ein halbwegs funktionierendes Kollektiv auf dem Rasen stehen wird. Die Gefahr, dass Deutschland bei der EM im eigenen Land eine Bruchlandung erleidet, ist seit den jüngsten Testspielen größer denn je.