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Rolle rückwärts beim DFB-Team - Geht die neue Marschroute auf?

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Rolle rückwärts beim DFB-Team - Geht die neue Marschroute auf?

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Eine klare Rolle rückwärts

Nahbarer und fanfreundlicher wollte der DFB werden. Mit den Auftritten der Nationalmannschaft in Thüringen führt der Verband seine Charme-Offensive konsequent fort.
Das DFB-Team um Bundestrainer Julian Nagelsmann hat die Vorbereitung auf die Heim-EM aufgenommen. Die Stars starteten mit einem öffentlichen Training vor 14.000 Fans.
Stefan Kumberger
Stefan Kumberger
Benjamin Zügner
Benjamin Zügner
Nahbarer und fanfreundlicher wollte der DFB werden. Mit den Auftritten der Nationalmannschaft in Thüringen führt der Verband seine Charme-Offensive konsequent fort.

Ein bisschen braucht man, wenn man die EM-Euphorie im thüringischen Blankenhain finden möchte. Frühlingshafte Anpflanzungen in schwarz-rot-gold am Schlosshang sind ein eher kleines Zeichen dafür, dass sich das 6000-Seelen-Städtchen für die Nationalmannschaft herausgeputzt hat.

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Im „Alanya Grill“ auf der gegenüberliegenden Straßenseite verzichtet man dagegen noch auf bunte Fähnchen.

Dass der große Fußballzirkus in Blankenhain zu Gast ist, ist vor allem am gleichnamigen Schloss greifbar. Riesige Plakate mit den Gesichtern namhafter DFB-Stars sollen Lust auf die EM machen. Chris Führich, Joshua Kimmich und Toni Kroos lächeln den Betrachter hier freundlich an. Der thüringische Tourismusverband wirbt mit kecken Sprüchen für das Bundesland im Herzen Deutschlands.

Im Innenhof des Schlosses, wo das Mediencenter beheimatet ist, riecht es nach thüringischer Bratwurst – nur ein kühles Bier fehlt noch, um das deutsche Klischeebild abzurunden.

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Die neue Strategie

Der DFB vollzieht mit seinem Trainingslager in der Provinz eine klare Rolle rückwärts. Ganz nah bei den Fans will man sein, die abgehobenen (und abgeschotteten) Zeiten sollen endgültig vorbei sein. Auch seltsame Hashtags wie #Zsmmn verkneift sich der Verband diesmal.

„Die Menschen sind hier unglaublich freundlich. Es war schnell klar, dass wir hierherkommen und uns hier zeigen“, erklärte Sportdirektor Rudi Völler. Man habe optimale Bedingungen und es sei „ganz wichtig“, „nahbar“ zu sein.

So absolvierten Thomas Müller und Chris Führich bereits am Montagmittag einen Termin bei der Tafel in Blankenhain und verteilten Essen an Bedürftige.

Obendrein gaben beide den zahlreichen Schaulustigen klaglos Autogramme - obwohl das eigentlich nicht eingeplant war. Ein lokaler Radiosender hatte fälschlicherweise angekündigt, dass es sich um eine Autogrammstunde handle - entsprechende viele Fans waren gekommen.

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Fan-Nähe in Jena

Den Höhepunkt der Fan-Nähe zelebrierte das DFB-Team dann in Jena. Rund 15.000 Fans waren ans Ernst-Abbe-Sportfeld geströmt, um die Nationalspieler dort trainieren zu sehen. Die Karten hierfür waren innerhalb kürzester Zeit vergriffen. Laut Völler hätte man sogar ein noch größeres Stadion füllen können.

Aleksandar Pavlovic und die neue Nähe zu den Fans
Aleksandar Pavlovic und die neue Nähe zu den Fans

Eine tolle Geste der Verantwortlichen, die deutsche Mannschaft so ins Schaufenster zu stellen, auch wenn Bundestrainer Julian Nagelsmann betont: „Ein öffentliches Training ist wertvoll, weil wir eine Connection zu den Fans aufbauen. Wenn da 15.000 Menschen sind, ist das ein cooles Gefühl. Wir können das aber leider nicht jeden Tag machen.“ Man wolle die richtige Mischung aus Nahbarkeit und Konzentration finden.

Und: Nagelsmann will auch für die Anhänger Fußball spielen lassen. „So ein Ticket kostet Geld. Der Aufwand, den die Fans auf sich nehmen, muss erstmal zurückbezahlt werden - durch Fußball, der Spaß macht“, erklärte der Bundestrainer.

DFB reitet auf PR-Erfolgswelle

Fest steht: Der Verband hat aus seinen vergangenen PR-Desastern gelernt. Seit der Amtsübernahme durch Nagelsmann weht tatsächlich ein frischer Wind durch den DFB.

Die Präsentation der neuen Trikots, die Vertragsverlängerung des Bundestrainers und die Kampagne rund um die Verkündung des Kaders dürfen als durchaus gelungen betrachtet werden. Die Fan-Offensive passt da genau ins Bild.

Zumindest in Blankenhain und Jena geht die Marschroute der DFB-Bosse auf: Die Einheimischen freuen sich, dass der „Fußball-Zirkus“ in Thüringen haltmacht. In vielen Gesprächen wird klar: Das Trainingslager wird tatsächlich als eindeutiges Zeichen an Ostdeutschland verstanden. Schließlich war die Europameisterschaft 1988 eine rein westdeutsche Veranstaltung.

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Was bleibt vom Hype?

Bleibt die Frage, was vom gewünschten Hype in einem Ort wie Blankenhain hängenbleiben wird. Die Stadt leidet seit vielen Jahren an einem enormen Schuldenberg, der im Jahr 2005 noch 75 Millionen Euro betrug. Im kommenden Jahr kommt man immerhin auf nur noch auf knapp 10 Millionen, so berichtete es der gerade wiedergewählte Bürgermeister der Stadt, Jens Kramer.

Erklärtes Ziel der Politik ist es, die Attraktivität des Standorts Thüringen sichtbar zu machen. Nachhaltig kann der Fußball hier aber vermutlich nur helfen, wenn der sportliche Erfolg stimmt. Dann könnte man nach dem Turnier davon sprechen, der „Geist von Blankenhain“ habe beim Siegen geholfen.

Auch die Engländer kommen

Das Städtchen hat übrigens nicht nur ein Eisen im Feuer. So mancher Einwohner drückt auch der englischen Nationalmannschaft die Daumen. Harry Kane & Co. beziehen nämlich ebenfalls hier ihre Betten, sobald der DFB-Tross nach Herzogenaurach in den sogenannten „Home Ground“ umgezogen ist.

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Blankenhain ist auch darauf vorbereitet: Am Schlosshang gibt es auch ein Blumenbeet, in dem rote und weiße Pflanzen die englische Flagge bilden. Vielleicht zieht der „Alanya Grill“ in Sachen EM-Euphorie bald nach.