Kaum eine Szene ist bezeichnender für die aktuelle Verfassung von Patrick Groetzki.
Vom Aussortierten zum Einzelkämpfer
In der Endphase der ersten Halbzeit des 39:19-Siegs der deutschen Handballer bei der WM gegen Argentinien ließ der Rechtsaußen seinen Gegenspieler stehen wie einen Statisten. Er täuschte nach rechts an, zog blitzschnell am Argentinier vorbei zur Hand und haute den Ball in die Maschen. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Handball-WM 2023)
Mit dem formidablen Wackler demonstrierte Groetzki eine Spritzigkeit, die vorwiegend jüngere Spieler auszeichnet. Der Linkshänder ist mit 33 Jahren zwar ältestes Mitglied im deutschen Kader, doch so spielt er nicht – und so fühlt er sich auch nicht.
Groetzki lange raus beim DHB-Team
„Ich fühle mich auch nicht wirklich wie der Alterspräsident“, hatte der Mann von den Rhein-Neckar Löwen vor Turnierstart in der Süddeutschen Zeitung betont.
Durch seine Einsätze in Kattowitz avancierte er zum deutschen Rekordspieler. Nur Torwart Silvio Heinevetter hat ebenfalls sieben WM-Teilnahmen in seiner Vita vorzuweisen.
Dabei war Groetzki vor nicht allzu langer Zeit vorübergehend weg vom Fenster. Er gehörte der DHB-Truppe weder bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio noch bei der EM im vergangenen Jahr an.
„Stabiler in meiner Persönlichkeit“
„Ich war einfach nicht auf dem Niveau, das ich selbst von mir erwarte“, zeigte der Vater von Zwillingen Verständnis für die Nichtnominierungen. Rund eineinhalb Jahre spielte er nicht für die Nationalmannschaft, für die er 2009 debütiert hatte. (NEWS: Alles Wichtige zur Handball-WM)
„Erstmal musste ich in der Liga die Leistungen zeigen, die mich für das DHB-Team infrage kommen lassen“, sagte er rückblickend. Mittlerweile sei er „stabiler in meiner Persönlichkeit als vor ein paar Jahren.“
Nach vier Partien, in denen er allerdings immer wieder geschont wurde, steht Groetzki bei zwölf Toren aus 14 Versuchen – eine starke Bilanz für einen, der eigentlich schon aussortiert war. Das DHB-Team profitiert sehr von seiner Abschlussstärke und Geschwindigkeit im Tempogegenstoß.
Wudtke mit Loblied auf Groetzki
Ihn charakterisieren aber auch andere Qualitäten. „Was er besonders gut macht, ist sein Abwehrspiel. Er verhält sich sowohl im Umschaltspiel nach vorne als auch zurück sehr intelligent“, lobte Co-Trainer Erik Wudtke den Routinier auf SPORT1-Nachfrage. (DATEN: Gruppen und Tabellen der Handball-WM)
„Im Angriff ist er nicht nur aus der Ecke sehr gut, sondern er besitzt auch beim Einlaufen ein sehr gutes Timing und ein tolles Gefühl für Räume. Das ist ein Mittel, das wir sehr häufig nutzen“, führte Wudtke weiter aus.
Dass er und Alfred Gislason Groetzki volles Vertrauen schenken, zeigt auch der Aspekt, dass der Bundestrainer vor Turnierbeginn Lukas Zerbe aus dem Aufgebot strich und damit auf einen zweiten echten Rechtsaußen im Kader verzichtete. Nur Christoph Steinert, der abwechselnd auch Kai Häfner im rechten Rückraum Verschnaufpausen verschafft, ist hinter Groetzki auf der Position vorgesehen. (DHB-Stars gegen Argentinien in der Einzelkritik)
Deutscher Rechtsaußen „in einer hervorragenden Verfassung“
„Wenn ein Spieler diese Position allein ausfüllt, ist es eine besondere Drucksituation. Es lastet viel auf seinen Schultern. Vor dem Turnier habe ich zu ihm gesagt, ich würde es keinem Spieler mehr zutrauen das zu lösen als ihm. Johnny (Groetzkis Spitzname; Anm. d. Red.) macht das super“, erklärte Wudtke.
Er bekräftigte damit auch Gislasons Aussage im Zuge der Kadernominierung, er sehe „den besten Groetzki aller Zeiten“: „Das sind Attribute, die diese Aussage untermauern.“
Wudtke traut dem Rechtsaußen zu, sein hohes Level bis zum Ende zu halten, sollte Deutschland weit kommen, da Groetzki sehr auf seinen Körper achte. (Die Topscorer der Handball-WM)
„Er ist wirklich in einer hervorragenden Verfassung“, unterstrich der 50 Jahre alte Coach.