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"Saudi-Arabien klang für mich krass" - Ex-Mainz-Profi Hack packt über seinen Wüsten-Transfer aus

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"Saudi-Arabien klang für mich krass" - Ex-Mainz-Profi Hack packt über seinen Wüsten-Transfer aus

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“Saudi-Arabien klang für mich krass“

Mit seinem Wechsel von Mainz 05 in die 2. Liga von Saudi-Arabien sorgte Alexander Hack für Aufsehen. Bei SPORT1 erklärt er den umstrittenen Transfer und äußert sich auch zur schrecklichen Lage in Israel.
Die WM 2030 soll zum ersten Mal auf drei Kontinenten stattfinden, damit Saudi-Arabien 2034 das Ticket bekommt. Der DFB macht bei diesem Gebaren munter mit.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Bisher waren es vor allem große Namen wie Cristiano Ronaldo (Al-Nassr FC) oder Karim Benzema (Al-Ittihad Club), die mit ihren Wechseln nach Saudi-Arabien für Aufsehen sorgten. Zuletzt überraschte auch Alexander Hack mit seinem Transfer nach Saudi-Arabien.

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Der 30-Jährige wechselte in diesem Sommer nach neun Jahren bei Mainz 05 in die Zweite Liga nach Saudi-Arabien zu al-Qadisiyah FC. Im exklusiven SPORT1-Interview spricht Hack über den überraschenden Wechsel, seine Kritiker, die ersten zwei Monate - und die schreckliche, aktuelle Situation in Israel.

Alexander Hack im Trainingslager in Marbella im Januar 2023, damals noch mit dem FSV Mainz 05
Alexander Hack im Trainingslager in Marbella im Januar 2023, damals noch mit dem FSV Mainz 05

SPORT1: Herr Hack, wie kommt man darauf, von der Bundesliga in die Zweite Liga nach Saudi-Arabien zu wechseln?

Alexander Hack: Eigentlich wollte ich in Mainz bleiben. Ich habe neun Jahre für die Nullfünfer gespielt, und in Mainz ist die Elf eine magische Zahl. Ursprünglich plante ich, elf Jahre in Mainz zu spielen. Im Hinterkopf hatte ich sogar den Plan, meine Karriere in Mainz zu beenden. Aber im Fußball kann man nichts planen. In der vergangenen Saison hatte ich eine Verletzung und bekam in der Rückrunde kaum Spielzeit. Ich führte viele Gespräche mit den Verantwortlichen und hatte ein sehr schlechtes Gefühl hinsichtlich meiner Einsatzzeiten. Ich hätte nicht erwartet, dass es Saudi-Arabien wird. Doch jetzt ist es so, und ich genieße es, hier wieder Fußball zu spielen.

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SPORT1: Aber die Zweite Liga in Saudi-Arabien klingt schon sehr abenteuerlich...

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Hack: Ich hatte mir schon länger Gedanken gemacht, wo es für mich hingehen könnte. Plötzlich kam der Anruf meines Beraters. Und ich bin ehrlich, die Zweite Liga in Saudi-Arabien klang für mich krass. Warum sollte ich dahin wechseln? Aber dann hörte ich, wer Trainer wird und welche Spieler schon verpflichtet wurden und das hat mich dann überzeugt. Bei uns spielen Jungs, die schon in Frankreich, England oder Spanien gespielt haben und dort Leistungsträger waren. Der Plan des Klubs ist aufzusteigen und alles ist so professionell, wie ich es aus der Bundesliga kenne.

„Fußballerisch war ich sehr überrascht von dem hohen Niveau“

SPORT1: Julian Draxler hat zuletzt ehrlich zugegeben, dass das Geld ein Hauptgrund für seinen Wechsel nach Katar war. War das auch bei Ihnen der Fall?

Hack: Natürlich werde ich nicht drumherum reden. Ich verdiene ein Vielfaches mehr als in Deutschland. Aber das Geld war einer der Gründe, jedoch nicht der einzige. Ich wollte wieder Fußball spielen, was in Deutschland nicht so einfach gewesen wäre. Bisher komme ich hier gut zurecht, fühle mich nach meiner Verletzung wieder richtig gut. Ich habe immer Verständnis für Menschen gehabt, die denselben Beruf woanders ausüben und dafür mehr Geld verdienen. Niemand muss mich verstehen. In der jetzigen Gesellschaft neigen wir oft dazu, mit dem Finger auf andere zu zeigen.

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SPORT1: Wie meinen Sie das?

Hack: Meiner Meinung nach wird heutzutage vorschnell geurteilt. Wenn man die Person nicht persönlich kennt und nicht weiß, was dahinter steckt, ist es immer schwierig, sich ein Urteil zu erlauben. Leute können doch denken, dass ich nur aus monetären Gründen nach Saudi-Arabien gewechselt bin, das ist ihr gutes Recht. Auch Julian Draxler wird seine eigenen Beweggründe haben. Es muss ja nicht heißen, dass es für mich nie mehr zurückgeht nach Deutschland.

SPORT1: Wie waren die ersten Wochen in der neuen Welt?

Hack: Aufregend. Als mein Berater und ich aus dem Flugzeug stiegen, dachten wir: „Puh, hier ist es ganz schön heiß.“ Es ist eine völlig neue Kultur und ein anderes Leben. Ich habe mir eine schöne Ecke ausgesucht und wohne direkt an der Ostküste. Hier entwickelt sich viel, und viele junge Leute leben hier. Fußballerisch war ich sehr überrascht von dem hohen Niveau. Die Abläufe ähneln denen im europäischen Fußball.

SPORT1: Wie leben Sie dort?

Hack: In den ersten Wochen habe ich im Hotel gewohnt. Da hat man sich gut um mich gekümmert. Jetzt wohne ich etwas außerhalb der Stadt. Da wohnen viele Leute, die bei unserem Hauptsponsor arbeiten. Es gibt rund 300, 400 Häuser und einige Einzel-Appartements. Da lässt es sich gut leben, es gibt einen großen Pool und der Strand ist direkt vor der Tür. Da bin ich erst hingezogen und fühle mich auch wohl. Aber auch in der Stadt ist es toll, da gibt es viel Kultur und das Leben pulsiert.

„Geflucht wird hier nicht so viel wie in Deutschland“

SPORT1: Sind Sie alleine dort?

Hack: Nein, meine Freundin ist mitgekommen. Sie war bereits zwei Wochen hier und ist ebenfalls positiv überrascht. Meine Freundin ist Griechin, deshalb fällt es ihr nicht so schwer, aus dem meist kalten Deutschland wegzuziehen. Es war uns klar, dass wir diesen Schritt gemeinsam gehen wollen.

SPORT1: Können Sie schon etwas von der Sprache? Klappt das mit dem Fluchen auf dem Platz?

Hack: 60 Prozent der Bevölkerung sind unter 40, daher wird es uns nicht schwerfallen, uns zu integrieren. Fast jeder kann Englisch. Die Saudis nehmen auch die englische Sprache sehr gut an. Geflucht wird hier gar nicht so viel wie ich es aus Trainingseinheiten und Spielen in Deutschland gewohnt bin. Und das Gute ist, dass mich hier eh keiner versteht, wenn ich dann doch mal auf Deutsch fluche. (lacht)

SPORT1: Bisher waren es vor allem große Namen wie Cristiano Ronaldo (Al-Nassr FC) oder Karim Benzema (Al-Ittihad Club), die mit ihren Wechseln für Aufsehen sorgten. Sie sind der erste Bundesligaspieler, der in die zweite saudische Liga wechselt. Deshalb gibt es besonders viele unterschiedliche Reaktionen auf diesen Transfer.

Hack: Man sollte nicht vorschnell über jemanden urteilen, den man nicht kennt. Wenn ich jetzt auf dem Höhepunkt meiner Karriere wäre und jedes Spiel für Mainz machen würde, dann würden wir darüber gar nicht sprechen. Ich wusste im Sommer nicht, wohin es geht. Ich hatte das eine oder andere Angebot aus der Bundesliga, doch dann habe ich mich zu diesem Schritt entschieden, nach Saudi-Arabien zu gehen. Ich möchte mich dafür gar nicht rechtfertigen. Hier durfte ich auch meine Reha fortsetzen, das hat mir gefallen. Die Ärzte haben mir die nötige Zeit gegeben. Das Gesamtpaket hat mich überzeugt. Meine Werte habe ich bestimmt nicht verkauft oder am Flughafen liegen gelassen.

SPORT1: Wie meinen Sie das?

Hack: Wir Fußballer werden ja oft in dieser Vorbildfunktion gesehen. Und das ist auch absolut richtig. Ich habe in meinen neun Jahren als Profi in Mainz immer alles gegeben und bin vorangegangen. Ich habe auch viel gemacht für die Stadt und den Verein. Ich wollte eine Art Aushängeschild sein. Aber mit 30 kann man noch etwas erleben und ich bereue den Wechsel nach Saudi-Arabien nicht. Ich verstehe viele Kritiker. 99 Prozent der Reaktionen waren positiv und haben mir alles Gute gewünscht.

SPORT1: Wie schätzen Sie die WM-Kandidatur von Saudi-Arabien für 2034 ein?

Hack: Ich sehe gerade, dass viel passiert in dem Land. Alle spüren, dass Fußball eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielt. Die Leute hier sind einfach stolz, dass sie etwas erreichen können und freuen sich, dass internationale Superstars nach Saudi-Arabien kommen. Wir hatten schon mal eine Einladung vom Prinzen aus der Region hier und er sagte: ‚Jeder ist willkommen, sich das hier anzuschauen. Wir wollen im Osten etwas Schönes schaffen.‘

SPORT1: Kann Saudi-Arabien zu einer ernsthaften Gefahr für den europäischen Fußball werden?

Hack: Schwer zu sagen. Saudi-Arabien hat vor zwei Jahren erst angefangen, etwas aufzubauen. Gefühlt ist es anders als damals in den USA oder China. Hier steckt auch ein Konzept dahinter, denn es werden auch Akademien aufgebaut. Ich spiele jetzt in einem Multi-Sportverein, der 20, 30 verschiedene Sportarten anbietet. Wenn sich das Land wirklich öffnet, könnten die Saudis zu einem großen Player werden. Ob das größer wird als in Europa, das glaube ich nicht. Denn in den fünf größten Ligen steckt einfach zu viel Emotion und Tradition.

Israel-Konflikt? „Es ist entsetzlich“

SPORT1: Wie schätzen Sie die Situation in Israel ein?

Hack: Die Situation ist nicht schön. Ich verfolge alles über die deutschen Medien und bin schockiert. Es handelt sich um eine Debatte, die bereits seit Jahrzehnten geführt wird, aber jetzt ist sie leider auf eine neue Ebene eskaliert. Wir wissen zu wenig über dieses traurige Thema. Natürlich bereitet es mir Sorge, dass Menschen auf israelischer und palästinensischer Seite sterben müssen. Es ist entsetzlich. Es hat sich in den vergangenen Jahren so viel angestaut. Eine friedliche Lösung muss dringend gefunden werden.

SPORT1: Wie haben Ihre arabischen Kollegen das Massaker aufgefasst?

Hack: Wir sind aus dem Flieger ausgestiegen, und dann ist es erst richtig eskaliert. Wir haben das im Fernsehen gesehen und uns alle geschockt angeschaut. Wir haben einige Minuten kein Wort rausbekommen. Egal, ob du Saudi, Spanier oder Deutscher bist - da zeigt jeder die gleiche Reaktion.

SPORT1: Sie sind jetzt 30. Was kommt danach? Eine Rückkehr nach Mainz oder wollen Sie Ihre Karriere in Saudi-Arabien beenden?

Hack: Ich erinnere mich gut an mein letztes Gespräch mit Christian Heidel (Sportvorstand von Mainz 05, d. Red.) und Martin Schmidt (Sportdirektor von Mainz 05, d. Red.). Sie sagten zu mir: „Du hast jetzt zwei Jahre Zeit, um dich weiterzubilden, und vielleicht sehen wir uns dann wieder.“ Es besteht der Plan, wieder zurückzukehren. Allerdings möchte ich nach diesen zwei Jahren meine Karriere noch nicht beenden, sondern danach noch zwei bis drei Jahre auf hohem Niveau Fußball spielen.

SPORT1: Letzte Frage: Was wünschen Sie Ihren Mainzern?

Hack: Ich war vor zwei Wochen erst dort, als ich meine Wohnung aufgelöst habe. Die Jungs waren etwas niedergeschlagen, aber der Verein hat auch in meiner Zeit als 05er so viel zusammen durchgestanden, mit einem Streik des Teams, dem Austausch des kompletten Vorstands und zwei Fast-Abstiegen. Sie werden das schaffen und aus dem Tabellenkeller herauskommen. Das wünsche ich dem Klub. Man bewahrt die Ruhe und das ist genau richtig.