Home>Radsport>

Radsport: Der ungewöhnliche Weg einer großen deutschen Rad-Hoffnung

Radsport>

Radsport: Der ungewöhnliche Weg einer großen deutschen Rad-Hoffnung

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Deutschlands neue Rad-Hoffnung

Mit ihrem Etappensieg beim Giro d‘Italia Donne sorgt Antonia Niedermaier erstmals für Furore. Doch die deutsche Radsport-Hoffnung will mehr, wie sie SPORT1 exklusiv verrät.
Jan Ullrich war der gefeierte Star der Radsport-Szene. SPORT1 blickt zurück auf die Karriere des einstigen Tour-Siegers.
smuehlen
smuehlen

Den 4. Juli 2023 wird Antonia Niedermaier nicht so schnell vergessen. Auf der Königsetappe des Giro d‘Italia Donne überquerte sie komplett überraschend als erste Radfahrerin die Ziellinie.

{ "placeholderType": "MREC" }

„Ich war total überwältigt“, erinnert sie sich im exklusiven SPORT1-Interview. Kein Wunder, war es doch ihr erster Sieg auf der World Tour überhaupt.

Dieser Paukenschlag soll bei weitem nicht der einzige bleiben. Schließlich steht die 20-Jährige aus Oberbayern erst am Anfang ihrer Karriere.

{ "placeholderType": "MREC" }

Niedermaier machte Radfahren nur zum „Ausgleich“

„Es war ein außergewöhnliches Jahr mit Höhen und Tiefen“, schildert sie. Erst seit 2022 fährt sie für das Profi-Team von Canyon-SRAM Racing, für das auch Ricarda Bauerfeind fährt.

Lesen Sie auch

Dass Niedermaier schon jetzt die Top-Stars der Szene wie Annemiek van Vleuten ärgern kann, gleicht beim Blick auf ihren Werdegang einer Sensation.

In ihrer Jugend war sie vor allem in der Leichtathletik tätig und trat vor allem in Bergläufen an. Auch im Skibergsteigen war sie aktiv. „Für mich war Radfahren nur ein Ausgleichssport im Sommer und dann auch eher auf dem Mountainbike“, blickt die gebürtige Bad Aiblingerin zurück.

Doch die Corona-Pandemie änderte ihre Pläne. Da alle Bergläufe abgesagt wurden, meldete sie sich spontan für die bayerischen Meisterschaften im Radsport an. Dort wurde das bayerische Mangertseder Team auf sie aufmerksam.

{ "placeholderType": "MREC" }

Niedermaier über Giro-Coup: “Habe ich nicht erwartet“

Lange verblieb sie dort allerdings nicht, denn ihre Leistung blieb den Top-Teams nicht verborgen. Canyon-SRAM sicherte sich die Dienste der damals 19-Jährigen, die 2021 WM-Bronze und EM-Silber im Zeitfahren der Juniorinnen geholt hatte.

Während sie nebenbei ihr Abitur machte, sammelte sie weitere Erfolge und wurde zu Jahresbeginn direkt zu den Profis hochgeholt. Dort begann ihre „Achterbahnfahrt“ mit dem Highlight Giro. „Das Terrain mit den vielen Bergen liegt mir“, schildert Niedermaier.

Dass sie bei ihrer Giro-Premiere gleich eine Etappe gewinnen könne, hatte sie nicht erwartet. Doch dann startete sie auf der fünften Etappe mit gleich vier Bergen ihren Siegeszug und dass, obwohl sie anfangs noch abreißen lassen musste.

Doch auf der Abfahrt kam sie wieder heran und setzte beim nächsten Anstieg zur Attacke an.

„Dass mir keiner folgt, habe ich überhaupt nicht erwartet. Ich glaube, dass sie mich unterschätzt haben“, glaubt sie. So ergriff das deutsche Talent ihre Chance beim Schopfe und fuhr sogar ins weiße Trikot als beste Jungfahrerin.

Antonia Niedermaier gewann beim Giro d'Italia Donne überraschend die Königsetappe
Antonia Niedermaier gewann beim Giro d'Italia Donne überraschend die Königsetappe

„Schock“ lässt Rad-Talent zweifeln

Wie hart der Sport aber auch sein kann, musste sie tags drauf feststellen. Die Slowenin Urska Zigart fuhr in ihr Rad, sodass sie schwer stürzte. Per Helikopter wurde sie im Anschluss ins Krankenhaus gebracht.

Für die Kletterspezialistin war es „ein totaler Schock“. Vorwürfe macht sie ihrer Konkurrentin aber keine: „Es war eine blöde Situation.“

Auch wenn sie sich nicht schwerer verletzt hatte, durchlebte sie eine schwere Zeit. Diese überstand sie gerade wegen ihrem Erfolg am Vortag, „denn sonst hätte ich gesagt: Was soll ich noch im Radsport?“

Rad-Talent kritisiert Konkurrenz: „Dann wird es gefährlich“

Der Unfall befeuerte einmal mehr die Sicherheitsdebatte im Radsport. Nicht zuletzt durch den tragischen Tod von Gino Mäder wird darüber diskutiert, was sich bessern muss.

Dabei würde sich Niedermaier eine bessere Absicherung bei den Rennen wünschen, spricht aber ein großes Problem an: „Es gibt nicht genügend Fahrbahnteiler und anderes Sicherheitspersonal. Das ist dann eine riskante Situation für uns.“

Als „sinnvoll“ erachtet sie auch eine Anpassung bei der Streckenführung. So würde sie sich mehr Bergankünfte wünschen und weniger Zielankünfte kurz nach einem Berg. „Man fährt dann anders in der Abfahrt als normalerweise“, meint sie.

Aber auch von den anderen Profis wünscht sie sich ein respektvolles Verhalten. „Es gibt Mädels, die mit dem Motto ‚Kopf runter und durch‘ fahren. Da wird es dann teilweise gefährlich“, moniert Niedermaier.

Daher könnte sie sich eine Verwarnung für diejenigen vorstellen, die immer wieder ihrer Sportkollegen in Gefahr bringen.

Niedermaier schielt auf Tour de France

Das Talent, das ihr Fahrverhalten im Peloton noch verbessern muss, blickt aber positiv in die Zukunft. Schließlich entwickelt sich der Sport ihrer Meinung nach in die richtige Richtung.

„Wir sind dort vielen Sportarten weit voraus“, behauptet die 20-Jährige. Zwar gibt es noch einiges zu erledigen, aber „das braucht einfach Zeit“.

Sie selbst will diese Chance nutzen und für Furore sorgen. Der Fokus im kommenden Jahr liegt für ihr Team vor allem auf der anstehenden Tour de France. „Wir wollen unbedingt eine Grand Tour gewinnen“, schickt sie eine Kampfansage an die Konkurrenz.

Ob Niedermaier, die nebenbei Kinderpädagogik studiert, dann auch am Start sein wird, ist noch ungewiss. Die Entscheidung wird erst in den kommenden Wochen fallen. „Ich bin da relativ entspannt“, schildert sie.

Rad-Talent will gleich doppelt zu Olympia

Bis dahin geht sie ihrer zweiten großen Leidenschaft, dem Skibergsteigen, nach. Auch dort nimmt sie im anstehenden Winter an Wettkämpfen teil. Das große Ziel ist dabei Olympia 2026 in Italien.

Dort wird die Sportart, bei der Aufstiege und Abfahrten bewältigt werden müssen, erstmals olympisch sein. Pro Geschlecht gibt es zwei Wettbewerbe und auch eine Mixed-Staffel ist geplant. „Meine Chancen stehen gar nicht so schlecht“, glaubt Niedermaier.

Es wäre die Erfüllung eines „großen Traumes“, denn sie will sowohl bei den Olympischen Sommer- als auch Winterspielen dabei sein.

Zwar dürfte Paris im kommenden Jahr zu früh kommen, doch spätestens in fünf Jahren bei Los Angeles könnte sie im deutschen Radsport-Team dabei sein. Als aktuelle U23-Weltmeisterin im Zeitfahren könnte sie in der Disziplin durchaus um die vorderen Plätze mitfahren, wenn sie sich weiterhin derart weiterentwickelt.

„Es ist alles extrem schnell gegangen. Manchmal frage ich mich, wie ich überhaupt hierhin gekommen bin“, sagt Niedermaier. Sie ist dennoch „unglaublich dankbar“, denn sie weiß aus eigener Erfahrung, dass Erfolg und Misserfolg nah beieinanderliegen.