Eigentlich hätte die Schwimm-WM im japanischen Fukuoka das nächste Highlight für David Popovici werden sollen. Der 18-Jährige hat in seiner noch jungen Karriere bereits zwei Weltmeistertitel sowie den Weltrekord über 100m Freistil auf seinem Konto. Selbst der Fabelrekord von Paul Biedermann über 200m Freistil (1:42,00 Minuten) wird dem jungen Rumänen zugetraut.
Wunderkind schon am Ende?
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Niemand Geringeres als Schwimmlegende Michael Phelps hatte bereits im vergangenen Jahr prophezeit, dass Popovici den Biedermann-Rekord knacken wird. „Es ist nur eine Frage der Zeit“, sagte der 23-malige Olympiasieger während der Vortragsreihe Sport, Tomorrow im vergangenen Sommer. „Meiner Meinung nach wird Popovici der erste Schwimmer unter 1:42 Minuten sein - ein Rekord, den viele als unantastbar ansehen.“
In Fukuoka konnte er diese Erwartungshaltung nicht erfüllen. Über die 200m Freistil verpasste er als Vierter das Podium und den ihm zugetrauten Weltrekord um fast drei Sekunden. Auch auf seiner Weltrekordstrecke verlor Popovici nicht nur den Titel, sondern schwamm auch ein ganzes Stück am Podest vorbei. Rang sechs wurde es am Ende.
Niederlage? Popovici ist dankbar
Statt ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris eine weitere Kostprobe seines Talents abzugeben, reist er ohne eine Medaille zurück nach Bukarest - aber mit einer wichtigen Erkenntnis im Gepäck, wie Popovici den Journalisten fast schon befreit in die Notizblöcke diktierte. „Es ist eine Erleichterung, dass mir nicht alles zufliegt, sondern dass ich für das, was ich erreichen will, hart arbeiten muss.“
Daher sei es für seine Entwicklung wichtig, auch Niederlagen zu erfahren. „Ich ziehe es vor, ein Athlet zu sein, der lernt, wie man mit einer Niederlage umgeht und daraus lernen kann. Ich bin lieber so als ein perfekter Roboter, der immer gewinnt.“
Viel Zuspruch für Popovici
Auch aus dem rumänischen Lager bekommt der Youngster viel Zuspruch. „Es gibt nichts, worüber er enttäuscht sein müsste“, stellte Camelia Potec, Präsidentin des rumänischen Schwimmverbandes, klar. „Dass er Vierter geworden ist, bedeutet nicht, dass wir ihn nicht mehr lieben. Platz vier ist für uns kein Versagen, genauso wenig wie Platz sechs.“
Noch deutlicher wurde Gigi Becali. Der Unternehmer und Eigentümer des Fußballvereins Steaua Bukarest erfuhr in der Sendung ProSport Live des rumänischen TV-Senders Pro TV vom sechsten Platz Popovicis und redete sich daraufhin in Rage. „Er ist ein Phänomen! Mehr kann man zu ihm nicht sagen“, polterte er los und stellte Popovici in eine Reihe mit den rumänischen Sportlegenden Nadia Comaneci, Simona Halep, Gheorghe Hagi und Ilie Nastase.
Popovici ist in der Schwimmabteilung von Steaua aktiv, die Becali allerdings nicht gehört.
Beeindruckende Reife des rumänischen Schwimmwunders
Angesichts solcher Vergleiche klingen die Worte des Schwimmstars nach seiner Niederlage noch beeindruckender - vor allem, wenn man sein jugendliches Alter bedenkt. Trotz der verpassten Medaillen habe er die Rennen in Fukuoka genossen, betonte der junge Rumäne: „Bei einer Weltmeisterschaft oder einem Finale der Olympischen Spiele dabei zu sein, ist eine großartige Leistung und ich darf es nicht als selbstverständlich ansehen.“
Diese Reife hat der Ausnahmeathlet auch schon außerhalb der Schwimmhalle unter Beweis gestellt. Im Mai machte er mit einem Video auf sich aufmerksam, in dem er erklärte, eine seiner Goldmedaillen von der Weltmeisterschaft 2022 in Budapest einschmelzen zu wollen. Damit unterstützte er eine Initiative gegen Krebs bei Kindern.
Aus der eingeschmolzenen Medaille wurden über 100 Schleifen geformt, die als Zeichen der Hoffnung an Kinder verteilt wurden, die den Krebs besiegt hatten. „Hoffnung ist immun gegen Krebs“, schrieb er dazu auf seinem Instagram-Post.
Eine große Geste eines Wunderkinds, dem alles zuzufliegen schien - und der sogar Niederlagen etwas Positives abgewinnen kann. Er ist eben lieber ein Mensch als ein Roboter.