Home>US-Sport>NBA>

Die beängstigende Selbstdemontage eines jungen Superstars

NBA>

Die beängstigende Selbstdemontage eines jungen Superstars

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Die Selbstdemontage eines Superstars

Ja Morant, einer der besten Spieler in der NBA, verpasst den Saison-Start wegen übler Skandale abseits des Courts. Ein fulminanter Report zeichnet seine Entwicklung zum Skandal-Star nach - die sein Team kalt erwischte.
LeBron James spielte groß auf, doch seine Los Angeles Lakers stolpern weiter durch die NBA. Die Lakers unterlagen 99:104 und kassierten damit bereits die 19. Saisonniederlage, bei nur 17 Siegen.
Alexander Kortan
Alexander Kortan

Es ist der 18. Februar 2022: Nach seinem kometenhaften Aufstieg in der NBA feiert Basketball-Spieler Temetrius Jamel Morant in seinem dritten Jahr in der Liga seine erste Nominierung ins All-Star-Team.

{ "placeholderType": "MREC" }

In einem Privatjet befindet sich der damals 22-Jährige - den fast alle nur unter seinem Spitznamen „Ja“ kennen - auf dem Weg nach Cleveland, als er auf Instagram einen Livestream startet.

Mit einer sündhaft teuren Tequila-Flasche posiert er vor den über 11.000 Zuschauern, die seinen Auftritt mitverfolgen. Er hält die weiße Flasche dabei wie ein Gewehr in die Kamera. Wenig später wiederholt er dasselbe Schauspiel mit einer weiteren Flasche, nachdem er zuvor sein Handy ans Fenster angelehnt hatte, um mit beiden Händen Maschinen-Pistolen nachzuahmen.

„Pick your poison“ - „Wähle dein Gift“, spricht Morant ins Mikrofon seines Handys, bevor er die Kamera umschwenkt und auf seine Reise-Begleiter hält. Mit an Bord sind unter anderem Kevin Helms, Security-Chef der Grizzlies, sowie Kindheits-Freund Davonte Pack, neben zahlreichen Familienmitgliedern und Freunden. Keinem scheint Morants Verhalten unüblich.

{ "placeholderType": "MREC" }

Der befremdliche Clip wurde damals nicht über die Maßen beachtet. In einer fulminanten Reportage über die Irrungen und Wirrungen des schwer in Verruf geratenen Ja Morant berichtet der US-Sportmedienriese ESPN nun aber: Schon damals schrillten die Alarmglocken bei den Verantwortlichen bei Morants Arbeitgeber, den Memphis Grizzlies.

Lesen Sie auch

Genutzt hat es nicht viel, wie der weitere Verlauf der Geschichte zeigen sollte.

NBA: Ja Morant brockte sich heftigen Karriere-Knick ein

Ja Morant aus der 3000-Einwohner-Kleinstadt Dalzell in South Carolina ist heute ein 24-jähriger, immer noch sehr junger Mann.

{ "placeholderType": "MREC" }

Seine Leistungen auf dem Court haben den 1,88 Meter großen Spielmacher zu einem ein absoluter Superstar gemacht. Praktisch jeden Abend, an dem er das Grizzlies-Trikot trägt, sorgt er für unzählige Highlights, lässt Zuschauer mit seinen krachenden Dunks den Atem anhalten und ist wegen seiner unglaublichen Athletik von kaum einem Gegenspieler zu stoppen.

Das Problem dabei: Wegen seiner schlechten Angewohnheiten abseits des Courts darf der junge Mann mit dem 197-Millionen-Dollar-Megavertrag das Grizzlies-Trikot aktuell nicht tragen.

Vater soll „tragende Rolle“ bei Morants Absturz spielen

In die jüngst begonnene NBA-Saison wird Morant wegen einer Suspendierung erst mit 25 Spielen Verspätung starten. Zum wiederholten Mal hatte er sich vergangene Saison in einem Livestream mit einer Schusswaffe gezeigt. Vorhergegangen war schon eine Acht-Spiele-Sperre aus der letzten Saison, die er sich - wie auch sonst - durch einen Livestream einhandelte, in dem er mit einer Waffe in einem Stripclub posierte.

„Er nahm an diesem ersten All-Star-Spiel teil“, zitiert ESPN eine Quelle aus dem Team, die in den Geschehnissen des Januars 2022 einen Schlüsselmoment sieht: „Und dann haben ihn die Alligatoren erwischt.“ Gemeint ist damit Morants Umfeld, zu dem neben seinem besten Freund Pack auch Vater Tee Morant gehört.

Der 45-Jährige spiele eine „tragende Rolle“ und sei entscheidend am Verhalten seines Sohns beteiligt, so die Einschätzung.

Man muss wissen: Tee Morant war selbst ein talentierte Basketballer: An der Highschool war er Teamkollege von Ray Allen, tragende Säule der legendären letzten Meistermannschaft der Boston Celtics von 2008. Er gab seine eigenen Profi-Ambitionen jedoch auf, als Frau Jamie - ebenfalls Highschool-Basketballerin - mit Ja schwanger war, nahm stattdessen einen Job als Friseur an.

Nun verlautet aus Grizzlies-Kreisen, dass der Erfolg von Ja auch mit Papa Tee etwas Verhängnisvolles gemacht hätte; „Er hat es nie in die NBA geschafft, aber das war seine Chance, so zu leben, als wäre er ein NBA-Superstar. Das war von Anfang an ein Problem.“

Vater Tee Morant (r.) und Kumpel Davonte Pack sollen schlechte Einflüsse sein
Vater Tee Morant (r.) und Kumpel Davonte Pack sollen schlechte Einflüsse sein

Skandale kamen unvermutet: „Er war ein Chorknabe“

Nun sind die Grizzlies nicht das erste NBA-Team, für das sich die Verpflichtung eines Topstars mit schwierigem Charakter als Problem herausstellt. „Wenn man einen Superstar hat, schließt man einen Pakt mit dem Teufel“, zitiert ESPN eine Teamquelle: „Man ist von ihnen abhängig und allem, was dazugehört.“

Das ungewöhnliche am Fall Morant, der sich zusätzlich zu seinen ‚Waffen-Streams‘ auch mit anderen persönlichen Eklats weitere Probleme einhandelte: Dass er sich zu einem Skandal-Star werden würde, hatte keiner der Verantwortlichen kommen sehen. Bevor ihn Memphis 2019 an der zweiten Stelle des NBA-Drafts zog, galt er als einwandfreier Charakter.

„Nichts. Es gab absolut nichts“, betont ein erfahrener NBA-Scout einer anderen Franchise, angesprochen auf mögliche Warnsignale, auf „Red Flags“ bei Morant. „Er war der Inbegriff eines steuerbaren Spielers, ein Chorknabe, der unterbewertet wurde und nicht viele Stipendienangebote bekommen hatte.“

„Ich habe ihn gründlich studiert“, stellt ein weiterer Scout klar, der ebenfalls begeistert von Morant war. „Es gab nicht eine Person, die Schlechtes über ihn zu sagen hatte. Er entwickelte sich erst spät. Gute Familie. Fleißig. Bescheiden. Er erfüllte wirklich alle Kriterien.“

Ja Morant in seiner ersten NBA-Saison Anfang 2020
Ja Morant in seiner ersten NBA-Saison Anfang 2020

„Ich sagte: Das wird böse enden“

Seit seiner Ankunft im Memphis hat sich das jedoch Stück für Stück geändert. Nachdem er sich anfänglich noch als der einwandfreie Charakter präsentiert hatte, für den ihn die Scouts beim Draft gehalten hatten, driftete Morant immer weiter ab.

Schon in seiner Rookie-Saison 2019/20 wuchsen die Sorgen langsam an, als der damals 20-Jährige, in den USA damit noch minderjährig, immer häufiger im Nachtleben von Memphis sein Unwesen trieb - oft auch in den Nächten vor Spielen und nicht selten in Begleitung von Vater Tee und Kindheitsfreund Pack.

„Ich sagte: ‘Dein Sohn möchte mehr Rapper als Basketballspieler sein. Das wird böse enden‘“, erinnerte sich ein Betreiber eines Nachtclubs in Memphis an ein Gespräch mit Morants Vater, bei dem diese Warnung jedoch auf Gleichgültigkeit gestoßen sein soll

Bei Auswärtsspielen habe vor dem Teamhotel meist bereits ein Van mit Morants Freunden gewartet, die er privat einfliegen ließ. Laut teaminternen Quellen sei es nicht ungewöhnlich gewesen, dass Morant am nächsten Tag einen Kater hatte oder zu Teamterminen zu spät kam.

„Es gab keine Disziplin“, kritisiert eine andere Quelle von den Grizzlies: „Sie hatten das Gefühl, sie könnten tun, was sie wollten. Meiner Meinung nach war außer Kontrolle, wie viel geduldet wurde. Es passierte ständig. Auf jeden Fall wurde eine Menge unter den Teppich gekehrt.“

Eindringliche Warnungen verhallten ungehört

Dabei versuchten Verantwortliche der Grizzlies immer wieder, ihren Superstar zur Vernunft zu bewegen. ESPN berichtet von einem Gespräch im Februar 2023, in dem Head Coach Taylor Jenkins und General Manager Zach Kleiman eindringlich in einem Hotelzimmer auf Morant eingeredet hätten

Zuvor hatten Mitglieder der Indiana Pacers von einem Streit mit Morant und seiner Entourage berichtet: Nach diesem seien sie aus einem SUV, in dem Morant saß, mit einem roten Laser angestrahlt worden, der womöglich als Aufsatz einer Pistole gedient haben könnte.

Lange hatten die Verantwortlichen über viele Probleme hinweggesehen, spätestens jetzt aber war innerhalb der Grizzlies das Ausmaß des Problems klar. Aber auch das half nicht. Morant soll Kleiman und Jenkins angesehen und desinteressiert bis gleichgültig reagiert haben.

„Die Botschaft kam einfach nicht an“, bestätigt auch ein ehemaliger NBA-Spieler, der angab, auch schon mehrmals versucht zu haben, mit Morant zu sprechen. „Er war einfach nicht in der Verfassung, irgendetwas zu hören.“

Morant gelobte schon einmal Besserung - und lernte nichts

Die Hoffnung, die den Grizzlies nun bleibt: Vielleicht ändert sich Morants Einstellung nun durch die 25-Spiele-Sperre, durch die er umgerechnet auch knapp 7,3 Millionen Euro an Gehaltseinbußen hinnehmen muss.

„Ich hatte Zeit, um zu reflektieren, wie viel Schaden ich angerichtet habe. Ich möchte mich bei der NBA, den Grizzlies, meinen Teamkollegen und der Stadt Memphis entschuldigen“, behauptete Morant nach der Verkündung der Strafe: „Ich entschuldige mich auch bei allen Kindern, die zu mir aufsehen, die ich als Vorbild enttäuscht habe. Ich verspreche, dass ich mich bessern werde.“

Das Problem: Schon nach seiner ersten Sperre hatte Morant mit ähnlichen Formulierungen Einsicht bekundet. Es waren leere Worte, wie sich zeigen sollte.

„Der größte Star seit Elvis“

„Ja Morant, niemand glaubt dir“, brachte der bekannte TV-Experte Stephen A. Smith zuletzt auf den Punkt, was nun viele denken: „Man glaubt dir nicht, weil du schon mal gelogen hast. Kein Mensch kann dir also glauben, was du jetzt sagst. Du musst deinen Charakter jetzt beweisen.“

Zu wünschen wäre das nicht nur Morant, sondern auch der Stadt Memphis. Dort ist Morant nicht nur für die Basketball-Fangemeinde ein Heilsbringer: „Er ist der größte Star, den wir seit Elvis hatten“, schrieb der dort ansässige Kolumnist Geoff Calkins in Anspielung auf die 1977 jung verstorbene Rock‘n‘Roll-Ikone Elvis Presley.

Erst wenn Morants Sperre abgelaufen ist. wird sich zeigen, ob Morant wirklich die nächste große Legende der Stadt werden kann - oder nur als tragische Figur in Erinnerung bleiben wird.