Noch im Sommer wurde Florian Neuhaus mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht. Davon scheint er aktuell weit entfernt: Am Samstag wurde der Nationalspieler mit einem Patzer zur tragischen Figur im Rheinderby.
Neuhaus wird zum Sündenbock
Die bittere Pleite gegen Köln war fast symptomatisch für die Saison des Mittelfeldspielers, der zuletzt trotz seiner schwierigen Situation von Bundestrainer Hansi Flick für die Nationalmannschaft noch berücksichtigt wurde, bei Gladbach aber seinen kurzfristigen Aufschwung wieder beendet hat.
In der 76. Minute hatte Neuhaus am Samstag vor dem eigenen Strafraum den Ball, um ihn dann Mark Uth unbedrängt in den Lauf zu spielen. Der Kölner bestrafte den Fehlpass zu allem Überfluss mit der 2:1-Führung, am Ende gewannen die Gastgeber das Derby mit 4:1. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
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Hamann: „Katastrophaler Fehler“
„Den Ball muss Neuhaus quer zum Außenverteidiger spielen, das war ein katastrophaler Fehler“, meinte Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann bei Sky.
Gladbach-Keeper Yann Sommer sagte bei SPORT1: „Wir haben das Spiel hergeschenkt. Wir haben ihnen nach dem 1:1 zu viele Geschenke gemacht. Wir sind heute selber schuld.“ (Bericht: Fans ohne Masken im Derby)
Und Trainer Adi Hütter erklärte: „Das war sicherlich eine Schlüsselszene. Aber wir gewinnen zusammen – und wir verlieren zusammen. Und ich trage die Verantwortung.“
Neuhaus kann Hütter nicht überzeugen
Neuhaus saß gegen Köln über eine Stunde auf der Bank und wurde von Hütter beim Stand von 1:1 aufs Feld gebracht, um der Partie entscheidende Impulse zu geben, so wie es der hochveranlagte 24-Jährige in den vergangenen Jahren häufig getan hatte. Doch der Schuss ging nach hinten los. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Die Rolle des Reservisten, die er zuletzt häufiger innehatte, wird Neuhaus damit vermutlich kaum los. Nach seiner EM-Teilnahme ohne Einsatzminute war er erst spät in die Vorbereitung eingestiegen.
In den ersten fünf Bundesliga-Partien stand Neuhaus noch in der Startelf. Da er Hütter aber nicht vollends überzeugte, setzte dieser in den folgenden Wochen auf Neuzugang Manu Koné, der zuvor verletzt war. So saß Neuhaus beim 1:0-Sieg gegen Dortmund oder beim 5:0 im DFB-Pokal gegen den FC Bayern auf der Bank.
Fehlt Neuhaus das Vertrauen?
Beim 1:1 gegen den FSV Mainz 05 und dem 4:0 gegen Fürth, als er durchaus überzeugte und jeweils einen Treffer erzielte, durfte er zuletzt wegen der Verletzung von Nico Elvedi und der Versetzung von Denis Zakaria in die Abwehrkette wieder von Beginn ran. Doch weil Elvedi im Derby zurückkehrte, rotierte Neuhaus wieder raus.
„Er hat gegen Fürth das Tor gemacht und jetzt spielen sie wieder gegen eine kampfstarke Mannschaft“, meinte Hamann.
Er habe „das Gefühl, dass der Trainer ihm nicht einhundertprozentig vertraut gegen Mannschaften, die wirklich physisch einen harten und laufintensiven Fußball spielen.“
Neuhaus beklagt sich - Aussprache folgt
Eine Situation, die am Mittelfeldmann nagt. „Es ist nicht ganz einfach für mich. Ich habe mir hier über drei Jahre etwas aufgebaut und habe jetzt selbst gemerkt, wie schnell es im Profifußball gehen kann“, sagte Neuhaus vor einigen Wochen bei DAZN.
Er beklagte sich über mangelnde Unterstützung: „Ich hätte mir vielleicht auch ein Stück weit mehr Rückendeckung des Vereins gewünscht, aber das ist im Profifußball vielleicht ein Stück weit Wunschdenken.“
Der Klub hatte zunächst etwas verwundert reagiert, zuletzt gab es aber eine Aussprache zwischen Neuhaus, Hütter und Manager Max Eberl.
„Neuhaus ist jetzt hoffentlich still“
Neuhaus‘ Aussagen wurden aber nach der Köln-Partie dennoch von einigen Gladbach-Fans auf Twitter, die ihn als Sündenbock ausmachten, wieder aufgegriffen.
„Der Kerl sollte mal aufhören, arrogant zu spielen, auf dem Boden ankommen und selbstkritisch sein“, meinte ein User. Der Fanclub Block B Berlin schrieb: „Finger pointing ist per se Mist. Aber Neuhaus ist jetzt hoffentlich still.“
Viele frustrierte, unverbesserliche Anhänger tobten sich auch auf Neuhaus‘ Instagram-Seite aus.
Neuhaus mit Bayern in Verbindung gebracht
Noch im Juni hatten nach einer starken Saison Gerüchte die Runde gemacht, Neuhaus werde 2022 fix zum FC Bayern wechseln. Die Gerüchte „haben mich nicht gestört“, sagte Neuhaus anschließend bei SPORT1.
„Es gehört heutzutage dazu, dass viel spekuliert wird. Wichtig ist für mich, dass ich mich daran nicht beteilige. Sobald es was zu verkünden gibt, werde ich was verkünden.“
Damals betonte er: „Ich habe es gesagt: Ich fühle mich wohl bei Borussia Mönchengladbach. Alles andere wird sich zeigen.“
Verlässt Neuhaus Gladbach?
Hamann kann sich aufgrund der derzeitigen Lage gar einen Wechsel vorstellen – der FC Bayern scheint dafür aber nicht die richtige Adresse zu sein.
„Er war immer wieder mal in der Mannschaft, dann war er wieder draußen. Bundestrainer Hansi Flick hat eine große Meinung von ihm und hat ihn eingeladen und bei der Nationalmannschaft hat er dann auch viel gespielt“, meinte der 48-Jährige. Doch „wenn er zur WM will, muss er natürlich irgendwann anfangen zu spielen“.
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Hamann ergänzte: „Er ist ja wahrscheinlich mit Denis Zakaria der Spieler mit dem größten Transferwert der Gladbacher und das ist natürlich für beide Parteien eine unzufriedenstellende Situation. Ich könnte mir vorstellen, dass etwas Dynamik in diese Personalie kommt in den nächsten Wochen.“
Laut Corriere dello Sport steht Neuhaus auf der Wunschliste des italienischen Tabellenführers SSC Neapel ganz oben. Neuhaus‘ Vertrag bei der Borussia läuft noch bis Juni 2024. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)