Einst galt Jérôme Boateng als der ideale Innenverteidiger: Schnell, zweikampfstark und robust. Der Lohn: Unter anderem zwei Champions-League-Triumphe mit dem FC Bayern und der WM-Titel im Jahr 2014.
Ex-Bayern-Star Jérôme Boateng packt aus!
Exklusiv: Jérôme Boateng packt aus
Die Zeit nach seinem Abschied vom deutschen Rekordmeister 2021 war dagegen von einigen Höhen und Tiefen geprägt. Olympique Lyon, US Salernitana und jetzt der LASK. Es sind Stationen, die vom europäischen Spitzenfußball teilweise weit entfernt sind. Zudem musste sich Boateng in den vergangenen Jahren in mehreren Prozessen wegen Gewaltvorwürfen vor Gericht verantworten.
Als SPORT1 ihn in der Linzer Raiffeisen Arena zum Exklusiv-Interview trifft, wirkt Boateng entspannt, aber fokussiert.
In diesem Gespräch analysiert er die Saison seines Teams, verteidigt seinen Freund Antonio Rüdiger gegen die Kritiker und erklärt, was ihm bei den aktuellen Innenverteidigern des FC Bayern fehlt.
Außerdem reagiert er auf die weiterhin anhaltenden Vorwürfe in der Öffentlichkeit und verrät, was er für die Zeit nach der aktiven Karriere plant.
Boateng zieht Bilanz
SPORT1: Herr Boateng, die Saison in Österreich ist noch nicht ganz zu Ende, aber kann man aus Ihrer Sicht bereits ein Fazit ziehen?
Boateng: Ja, das kann man. Wir sind natürlich überhaupt nicht zufrieden. Die Ziele, die wir uns gesetzt haben, wurden nicht erreicht. Wir haben es nicht geschafft, die Meistergruppe zu erreichen, und in der Conference League haben wir nicht überwintert. Wir hatten zwei Trainerwechsel - das spricht nicht dafür, dass wir als Mannschaft unser Potenzial gezeigt haben. Seit dem Winter spielen wir aber überzeugender. Nach dem erneuten Trainerwechsel sieht man zudem einen Fortschritt. Wir spielen offensiver und erzielen bessere Ergebnisse. Die Saison war trotzdem nicht zufriedenstellend.
SPORT1: Welche Rolle spielt der neue Trainer? Was hat sich unter Maximilian Ritscher verändert?
Boateng: Man sollte es nicht nur am Trainer festmachen. Wir Spieler sind schließlich in der Verantwortung - und der sind wir auf dem Platz nicht gerecht geworden. Unter dem neuen Trainer herrscht eine bessere Stimmung und wir spielen offensiver. Jetzt hoffen wir, dass wir uns zumindest für Europa qualifizieren können.
SPORT1: War es für Sie eine ernüchternde erste Saison beim LASK? Immerhin waren Sie lange verletzt.
Boateng: Ja, auf jeden Fall. Das war für mich natürlich keine gute Saison. Es ist immer blöd, wenn man verletzt ist und diese Verletzung dann immer mit sich herumschleppt – auch um eine Operation zu vermeiden, die dann doch durchgeführt werden musste. Mittlerweile habe ich mich rangekämpft und habe keine Schmerzen mehr. Ich bin froh, dass ich jetzt der Mannschaft helfen kann, wenn ich gebraucht werde.
Boateng: „Arbeiten wie bei einem großen Klub“
SPORT1: Ihr Blick geht also bereits in die nächste Saison?
Boateng: Für mich war es in meiner Karriere immer wichtig, eine volle Sommervorbereitung absolvieren zu können. Das strebe ich jetzt an. Gerade liegt der Fokus aber noch auf der aktuellen Saison.
SPORT1: Wenn man sich in der neuen Arena des LASK umsieht, sieht man, dass die Ausstattung in allen Belangen auf Top-Niveau ist. Sie haben bereits bei weitaus größeren Klubs gespielt und kennen die Fußballwelt - wo würden Sie da Linz einordnen?
Boateng: Von den Bedingungen her ist alles top. Wir arbeiten hier wie bei einem großen Klub. Es gibt nichts, was ich hier nicht vorfinde. Die Trainingsplätze sind top, wir Spieler haben hier im Stadion Tageszimmer und vieles mehr. Es ist alles da, damit man gut arbeiten und weiter nach oben kommen kann.
Modusänderung in der Bundesliga?
SPORT1: In Deutschland wird viel über die Dominanz der Bayern diskutiert. Wäre eine Modusänderung nach österreichischem Vorbild ein Weg zu mehr Spannung in der deutschen Bundesliga? Der Druck auf die Teams hier in Österreich ist durch die Trennung in zwei Gruppen und die Halbierung der Punkte nach 22 Spieltagen schon enorm.
Boateng: Der Modus ist, wie er ist. Wir müssen das annehmen. Es ist wie immer: In den wichtigen Spielen muss man da sein. Ich finde es interessant, auch wenn es für mich absolut neu war. In Deutschland ist der Abstand der Bayern auf Rang zwei erst in dieser Saison wieder angewachsen. In den beiden Jahren davor war es eng. Wenn die Bayern jetzt wieder über Jahre mit vielen Punkten Vorsprung dominieren sollten, könnte man das diskutieren. Es ist auf jeden Fall interessant und eine Überlegung wert.
SPORT1: Haben Sie bereits ein Gefühl für die Stadt, den Verein und die Menschen hier entwickelt? Wie lebt es sich in Österreich?
Boateng: Ich fühle mich hier mit meinen Kindern und der Familie sehr wohl. Natürlich merkt man im Stadion und in der Stadt, wie wichtig der Verein den Menschen ist und wie wichtig Erfolg ist – das ist überall so. Da ist viel Leidenschaft. Dass Blau-Weiß Linz in der Tabelle vor dem LASK steht, ist obendrein sehr bitter. Ich habe während meiner Verletzungszeit viele Schulterklopfer bekommen und die Leute haben mir gesagt, dass ich bald fit werden soll.
Boateng: „Man darf nicht wegschauen“
SPORT1: Sie haben jüngst öffentlich gemacht, dass es beim Auswärtsspiel des LASK beim Grazer AK rassistische Beleidigungen gegen Sie gab – und zwar von den eigenen Fans. Kam das bereits häufiger vor? Wie war die Situation aus Ihrer Sicht?
Boateng: Ich habe das ja über all die Jahre meiner Karriere erlebt – auch in meiner Jugend. Es ging jetzt gegen mich, aber auch gegen meine Teamkameraden mit anderer Hautfarbe. Das geht überhaupt nicht. Deswegen habe ich das auch öffentlich gemacht. Rassismus hat überhaupt keinen Platz. Man muss darüber sprechen und darf nicht wegschauen.
SPORT1: Die aktive Fanszene hat darauf reagiert, Beschimpfungen eingeräumt, aber sich dagegen gewehrt, dass diese rassistisch gewesen seien. Die Anhänger haben den Eindruck vermittelt, als würden Sie die Unwahrheit sagen oder hätten das missverstanden.
Boateng: Zunächst bin ich allen Fans dankbar, die uns im eigenen Stadion und auch auswärts unterstützen. Es gibt aber keinen Grund für mich, die Unwahrheit zu sagen. Ich kann zwischen „normalen“ Beleidigungen und Rassismus ganz gut unterscheiden. Warum sollten wir uns das ausdenken? Das ergibt keinen Sinn. Beleidigungen sind die eine Sache, aber rassistische Beschimpfungen sind ein anderes Level. Es sind Kinder im Stadion – auch meine. Ansonsten muss ich mir überlegen, ob ich meine Kinder noch ins Stadion lasse.
SPORT1: In Deutschland erleben wir aktuell einen Rechtsruck und eine Situation, die sich in Österreich schon seit längerer Zeit ergeben hat. Wie nehmen Sie das wahr? Hat sich das politische Klima nochmals verschlechtert? Sie selbst standen bereits im Fokus der Diskussion, als der damalige AfD-Vize Alexander Gauland im Jahr 2016 sagte, die Leute fänden Sie als Spieler gut, aber niemand wolle einen Boateng als Nachbarn haben.
Boateng: Wir sprechen ja leider immer noch über das Thema. Es läuft nicht so, wie es laufen sollte. Es ist traurig, dass wir 2025 immer noch über Rassismus sprechen müssen.
Boateng schaut jedes Bayern-Spiel
SPORT1: Dann lassen Sie uns über Fußball sprechen. Wie intensiv verfolgen Sie den deutschen Fußball und gerade den FC Bayern?
Boateng: Ich schaue jedes Spiel und habe dort noch viele Freunde und stehe mit ihnen in gutem Kontakt. Deswegen freue ich mich, dass es jetzt wieder mit der Meisterschaft geklappt hat. Auch für Trainer Vincent Kompany freue ich mich, mit ihm habe ich ja noch beim HSV und bei Manchester City zusammengespielt. Er leistet tolle Arbeit. Man sieht, dass die Chemie zwischen ihm und der Mannschaft absolut stimmt.
SPORT1: Kompany hat es – anders als sein Vorgänger Thomas Tuchel – geschafft, die Mannschaft hinter sich zu versammeln. Hatte er als Ihr Mitspieler auch schon diese zwischenmenschliche Qualität?
Boateng: Ja, er hatte schon damals diese besondere Aura. Er hatte eine gute Ansprache und kam gut rüber. Thomas Tuchel, den ich ja auch persönlich kennenlernen und unter ihm trainieren durfte, sehe ich aber nicht so kritisch wie andere. Jeder Trainer ist anders. Ich glaube, dass die Spieler zu seiner Zeit bei Bayern die Leistung nicht auf den Platz gebracht haben. Das ist auch Fakt. Es wird immer zuerst auf den Trainer gezeigt, aber man muss ehrlich sagen: Es gibt viele Spieler, die etwas einfordern, aber dann die Leistung nicht zeigen.
Boateng: „Zu viele Fehler passiert“
SPORT1: In München ist man ständig auf der Suche nach Innenverteidigern wie David Alaba, Mats Hummels oder Ihnen. Minjae Kim und Dayot Upemecano stehen immer wieder in der Kritik. Wie blicken Sie auf die beiden?
Boateng: Natürlich schaue ich da genau drauf, weil sie ja in dem Verein spielen, der mir am Herzen liegt. Ich kenne die beiden und schaue die Spiele. Meiner Meinung nach fehlt es da ein bisschen an der Rollenverteilung. Wer ist der Chef? Wer übernimmt die Verantwortung? Ich kenne es noch aus meiner Zeit in München: Wenn man Fehler macht, gibt es herbe Kritik. Da sind in letzter Zeit einfach zu viele Fehler passiert. Das ist normal, aber in der Häufigkeit geht das beim FC Bayern nicht. Die Bundesliga hat man jetzt gewonnen, aber das Ziel muss es ja sein, dass man die Champions League oder zumindest das Double holt. Die letzten Jahre war man nicht so erfolgreich, wie man es vom FC Bayern kennt.
SPORT1: Sie haben in Ihrer Anfangszeit in München auch Fehler gemacht. Irgendwann waren Sie aber dann der Chef. Wie wird man Abwehrboss des FC Bayern?
Boateng: Durch Leistung (lacht). Es geht nur so. Man muss da einfach reinwachsen. Der FC Bayern ist noch mal eine andere Hausnummer – auch wenn ich damals von Manchester City kam. Es geht nur über Leistung. Bei den Bayern herrscht enormer Konkurrenzkampf. Da muss man sich durchsetzen und über Leistung kann man dann der Abwehrchef werden. Dazu muss man nicht immer ein Lautsprecher sein.
Boateng spricht sich für Tah aus
SPORT1: Jonathan Tah ist jemand, der für diese Rolle gehandelt wird. Er bezeichnete Sie vor einigen Jahren als Vorbild. Wäre er einer für den FC Bayern?
Boateng: Ich bin von ihm absolut überzeugt und sehe ihn positiv. Gerade in den letzten beiden Jahren hat er noch mal einen enormen Schritt gemacht und ein neues Niveau erreicht. Man hat gemerkt, dass er unter Xabi Alonso viel gelernt hat. Ihm traue ich den FC Bayern absolut zu. Er wäre eine Bereicherung und kann Abwehrchef werden. Er ist aber alt genug und weiß, was gut für ihn ist. Da braucht er nicht meine Hilfe (lacht).
SPORT1: Wie sehen Sie Tah und Antonio Rüdiger in der DFB-Elf? Es sind ja doch unterschiedliche Typen.
Boateng: Ich kenne beide gut. Mit Toni bin ich eng befreundet. Er gehört sicherlich zu den Top 3 der Innenverteidiger – für mich ist er sogar der beste der Welt. Er hat über Jahre hinweg überzeugt und die Champions League zweimal gewonnen.
Wurde Rüdiger schlecht behandelt?
Boateng: Dazu ist eigentlich genug gesagt. Da muss man die Kirche im Dorf lassen. Wir spielen Fußball, da kommen Emotionen hoch. Er weiß, dass das nicht richtig war. Ob es diese Diskussionen danach bei jedem anderen auch gegeben hätte, weiß ich nicht.
SPORT1: Wie meinen Sie das?
Boateng: Man sollte sehen, wie Spieler sich gegenseitig beschimpfen. Solche Fehler passieren, man entschuldigt sich und dann ist es gut. Bei anderen Spielern wird das aber nicht so aufgeblasen. Das passiert nur bei Profis, die polarisieren und emotional sind. Wichtig ist, dass Toni daraus lernt.
SPORT1: Rüdiger ist aus Ihrer Sicht also schlechter behandelt worden als andere?
Boateng: Das ist ganz klar meine Meinung. Nicht, weil er mein Freund ist, sondern weil ich selbst Fußballer bin und höre, was während der Spiele auf dem Platz gesprochen wird. Da muss ich sagen, dass es andere Spieler mit Weltklasseformat gibt, die auch schlimme Worte benutzen. Es ist überzogen, was da Ex-Profis oder Funktionäre fordern – obwohl die auch wissen, was auf dem Spielfeld teilweise los ist und welche Aussagen da getätigt werden. Dass es von Toni falsch war, wissen wir alle und das weiß er selbst auch.
Boateng: „Darüber kann man nur lachen“
SPORT1: Es gab ja auch die Forderung, ihn aus der DFB-Elf zu werfen …
Boateng: Darüber kann ich nur lachen. Wenn jeder, der etwas Falsches sagt, aus der Nationalmannschaft fliegt, haben wir bald keine Nationalspieler mehr. Toni und ich telefonieren täglich. Wir sind befreundet und mich freut seine Entwicklung zum Weltklassespieler. Er ist bei Real Madrid und in der Nationalmannschaft der absolute Chef – ohne ihn haben es beide Teams schwer.
SPORT1: Sie haben vorher erwähnt, dass Sie im Winter 2023 unter Thomas Tuchel bei den Bayern mittrainieren durften. Ihre Fitnesswerte lagen über denen vieler Kollegen und es stand zur Debatte, dass Sie wieder in den Kader aufgenommen werden. Dazu kam es dann aber nicht. Wer hat Ihnen das damals mitgeteilt und was waren die Gründe?
Boateng: Das haben mir Sportdirektor Christoph Freund und Thomas Tuchel mitgeteilt. Ich hatte circa eine Woche mittrainiert und der Trainer sagte mir, dass ich ihn überzeugt habe. Er hätte mich gerne in den Kader übernommen. Der Verein hatte mir das in den Tagen davor auch so vermittelt – schließlich hatte ich in den Fitnesstests gut abgeschnitten. Man konnte also nachvollziehen, dass ich fit genug war.
Boateng hätte sich über Bayern-Rückkehr gefreut
SPORT1: Woran scheiterte es dann?
Boateng: Damals hatte Bayern viele Verletzte. Die waren in ihrer Genesung dann aber weiter als gedacht. Bei mir kamen mein Privatleben und der Prozess vor Gericht dazu – das hat sicherlich auch eine Rolle gespielt. So ist das Leben. Es hat nicht geklappt. Das ist kein Beinbruch, aber es war natürlich schade. Es wäre schön gewesen, noch mal an die alte Arbeitsstelle zurückzukehren.
SPORT1: Sie mussten sich jahrelang in mehreren Instanzen wegen Gewaltvorwürfen vor Gericht verantworten. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Boateng: Die Zeit war für mich und meine Familie sehr belastend. Ich musste mich vor Gericht wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil meiner Ex-Lebensgefährtin und Mutter meiner Kinder verantworten. Von diesem Vorwurf bin ich im Sommer letzten Jahres freigesprochen worden. Verwarnt wurde ich vom Gericht deshalb, weil ich meine Ex-Freundin im Zuge eines Streits am Auge verletzt habe, wobei ich betonen möchte, dass sie mich an der Lippe verletzt hatte. Die Tatsache, dass wir uns in dem Streit gegenseitig verletzt haben, war einer der Gründe, warum ich vom Gericht nur verwarnt worden bin.
Boateng fühlt sich unschuldig
SPORT1: Im März dieses Jahres hieß es vonseiten der Staatsanwaltschaft München: „Im Zweifel für den Angeklagten“. Sie sagten daraufhin, dass „alle Verdächtigungen falsch“ waren. Angesichts der Tragweite der Geschehnisse: Fühlen Sie sich zu 100 Prozent unschuldig?
Boateng: Hiermit meinen Sie das meine Ex-Freundin, Kasia L., betreffende Verfahren. Dieses Verfahren ist im März 2025 eingestellt worden. Um Ihre Frage klar zu beantworten: Ja, ich fühle mich strafrechtlich unschuldig und bin es auch, weil ich sie nie geschlagen habe. Das heißt aber nicht, dass ich mir selbst keine Vorwürfe mache. Das Interview im Februar 2021 war ein Fehler. Dazu stehe ich und das habe ich auch immer so gesagt. Ich bin ihr gegenüber aber nie gewalttätig geworden, was ich auch vor Gericht dargelegt habe. Es gibt Beweise, die belegen, dass ich sie weder im Oktober 2019 geschlagen noch von ihr einen NDA (Anm. d. Red.: Vertraulichkeitsvereinbarung) erpresst habe.
SPORT1: Sie haben an Ostern ein Foto von sich und Rammstein-Sänger Till Lindemann gepostet. Sie sind darauf beide bester Laune und haben einen ausgedruckten Artikel vor sich liegen, in dem Sie und Lindemann als Beispiele für voreilige Verurteilung von Prominenten genannt werden. Das hat viele Menschen provoziert. Was waren Ihre Gedanken hinter dem Posting? Sehen Sie sich als Opfer der Öffentlichkeit?
Boateng: Das Foto steht in gewisser Weise für Vorverurteilung. Till Lindemann und mir ging es ja ähnlich, auch wenn unsere Fälle vollkommen unterschiedlich sind. Auch die Richterin stellte in meinem Fall eine starke Vorverurteilung meiner Person fest. Natürlich muss ich mich auch öffentlicher Kritik stellen und sie aushalten. Ich bin allerdings der Meinung, dass Kritik fair und frei von Vorurteilen sein sollte.
Boateng bald als Trainer aktiv?
SPORT1: Sie haben Ihre B-Lizenz als Trainer erworben. Wenn Sie nicht mehr aktiver Profi sind, wollen sie mit der A-Lizenz weitermachen. Ist dieser Weg der Start in ein neues Leben für Sie?
Boateng: Ja, das gehört auf jeden Fall dazu. Es interessiert mich. Nach all den Jahren im Fußball, der Erfahrung und der Zusammenarbeit mit den Trainern, die ich erlebt habe, würde ich das gerne weitergeben – in welcher Funktion auch immer. Später muss man ja für sich entdecken, ob man eher ein Co- oder ein Cheftrainer ist. Möchte man vielleicht in der Jugendarbeit aktiv sein? Das interessiert mich.
SPORT1: Man hört, dass Sie bereits jetzt eine Art Mentor für junge Spieler im Kader sind. Sie arbeiten auch bei den Amateuren des LASK mit. Woher kommt das? Hatten Sie auch ältere Spieler, die Sie unterstützt haben?
Boateng: Immer wenn es geht, bin ich bei den Amateuren im Training und bei den Spielen auf der Bank. Die Jugend ist mir wichtig, weil ich daran denke, wie es bei mir war und wer mir in jungen Jahren geholfen hat. Ich hatte bei Hertha BSC Spieler wie Josip Simunic und Dick van Burik. In Hamburg waren es dann Frank Rost und Guy Demel. Bei Manchester City waren es Persönlichkeiten wie Patrick Vieira und Carlos Tévez. Es waren immer Spieler, die schon das Karriereende vor Augen hatten. Deswegen versuche ich auch, den jüngeren Spielern dabei zu helfen, besser zu werden und meine Erfahrung weiterzugeben. Das macht mir Spaß.
Hansi Flick als Vorbild
SPORT1: Sie haben ein bisschen offengelassen, was Sie genau planen. Das Fernziel ist doch aber sicherlich, dass Sie irgendwann Cheftrainer sind, oder?
Boateng: Das ist schon das Ziel. Ich unterhalte mich auch mit älteren Trainern. Hansi Flick war jahrelang Co-Trainer und ist jetzt super erfolgreich. Er ist ein tolles Beispiel. So einen Weg kann man auch gehen. Das möchte ich für mich noch herausfinden.