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Champions League: Bayerns dunkelste Stunde - 102 Sekunden im Camp Nou für die Ewigkeit

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Champions League: Bayerns dunkelste Stunde - 102 Sekunden im Camp Nou für die Ewigkeit

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Bayerns dunkelste Stunde

Eine der schlimmsten Niederlagen der Bayern jährt sich zum 25. Mal. Grund genug, um mit Mario Basler und Stefan Effenberg über die Nacht im Camp Nou zu sprechen.
Der 26. Mai 1999 ging in die Geschichte ein. Der FC Bayern führte bis zur 90. Minute im Champions-League-Finale gegen Manchester United mit 1:0. Doch dann passierte das Wunder.
Maximilian Schwoch
Maximilian Schwoch
Carsten Arndt
Carsten Arndt
Eine der schlimmsten Niederlagen der Bayern jährt sich zum 25. Mal. Grund genug, um mit Mario Basler und Stefan Effenberg über die Nacht im Camp Nou zu sprechen.

Den 26. Mai 1999 würde der FC Bayern am liebsten aus der Erinnerung löschen. Damals fügte Manchester United den Münchnern ihre schmerzhafteste Niederlage zu.

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Wie schmerzhaft eine Niederlage in einem großen Spiel sein kann, erlebten die Bayern erst vor wenigen Wochen im Bernabéu in Madrid. Heute werden beim deutschen Rekordmeister jedoch schlimmere Erinnerungen wachgerufen. Denn auf den Tag genau vor 25 Jahren erlitt der deutsche Rekordmeister die wohl schlimmste Niederlage in der Klub-Historie - damals nicht im Bernabéu, sondern im Camp Nou.

SPORT1 erinnert sich an den 26. Mai 1999 - als Manchester United dem FC Bayern im Finale der Champions League den Henkelpott stahl - und lässt die damaligen Akteure und heutigen Legenden Mario Basler und Stefan Effenberg zu Wort kommen. „Viele haben gesagt: ‚Das ist die Mutter aller Niederlagen‘“, sagt Effenberg im Gespräch mit SPORT1 - und stimmt zu: „Ich glaube auch, dass sie zumindest dazugehört.“

90.245 Zuschauer sahen in jener magischen Nacht einen FC Bayern, der über 90 Minuten wie der sichere Sieger ausgesehen hatte, nachdem Basler den Rekordmeister nach sechs Minuten in Front geschossen hatte.

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Basler: „Es gab ja fast keinen Besseren als meine Wenigkeit“

Auf dem falschen Fuß hatte er United-Torwart Peter Schmeichel erwischt und mit einem flachen Schuss in die Torwartecke die perfekte Entscheidung getroffen. „Da brauchte mir keiner was zu erzählen. Die Entscheidung traf ich immer selbst“, stellte Basler im Gespräch mit SPORT1 klar und legte in gewohnter Manier nach: „Es gab ja fast keinen Besseren als meine Wenigkeit bei Freistößen. Natürlich lasse ich mir da nichts sagen.“

„Mario hat das gesehen, was ich auch gesehen hatte: Schmeichel hatte die Torwartecke extrem weit aufmacht“, erinnert sich sein Mitspieler Effenberg. „Er war überzeugt und hat gesagt: ‚Den mach‘ ich rein.‘ Wenn einer so überzeugt ist, lässt man ihn gewähren. Und genau so kam es dann auch. Schmeichel hat sich verspekuliert.“

Stefan Effenberg Mario Basler lagen sich nach Baslers Freistoßtor zum 1:0 in den Armen
Stefan Effenberg Mario Basler lagen sich nach Baslers Freistoßtor zum 1:0 in den Armen

„Ich wusste damals einfach, dass Schmeichel den Schritt macht, weil er dachte, dass ich ihn über die Mauer hebe. Deswegen war mir klar, dass ich ihn in die Torwartecke schieße“, erklärt wiederum Basler seinen Geniestreich.

Der FCB verpasste es in der Folge allerdings, die Führung trotz zahlreicher Möglichkeiten auszubauen. „Wir haben viele große Möglichkeiten liegenlassen, Scholl, Jancker und meine Wenigkeit“, weiß SPORT1-Experte Effenberg noch heute genau. Auf der anderen Seite ließ der deutsche Rekordmeister aber auch nichts zu und sah somit nach 90 Minuten wie der sichere Sieger aus. Bis die Nachspielzeit kam - und mit ihr eine der dramatischsten Niederlagen der Fußball-Geschichte.

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Innerhalb von nur 102 Sekunden drehte Manchester United die Partie. Die Engländer machten aus einem 0:1 durch Tore von Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjaer ein 2:1 und gewannen die Königsklasse. Als der Schlusspfiff von Schiedsrichter Pierluigi Collina ertönte, sackten die Münchner reihenweise zusammen. Die Spieler des FC Bayern kauerten auf dem Rasen. Sie schlugen die Hände vor dem Gesicht zusammen. Sie weinten. Basler nicht, der bekam den Schlusspfiff nämlich gar nicht mit.

„Habe meine Zigarette in der Dusche geraucht“

„Ich bin direkt nach dem 1:2 in die Kabine gegangen“, erzählt er im Gespräch. „Den Schlusspfiff habe ich auch gar nicht mitgekriegt. Auch die Medaille für den zweiten Platz habe ich mir nicht geholt, da war ich in der Kabine, habe meine Zigarette in der Dusche geraucht und war bedient.“

Er habe zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, „dass wir überhaupt ein Tor kriegen, weil wir die klar bessere Mannschaft waren“, erinnert sich Basler, der bei den beiden Gegentoren nicht mehr auf dem Feld gestanden hatte - genau wie der 38 Jahre alte Lothar Matthäus. Ob er wollte oder musste, darüber gehen die Meinungen bis heute auseinander. Bei den Bayern ging mit ihrem Libero an jenem Abend allerdings auch die Dominanz.

Zunächst schlug Thomas Linke den Ball nach einem ungenauen Rückpass von Markus Babbel ins Seitenaus, dann verursachte Effenberg nach dem Einwurf einen Eckball. David Beckhams Flanke segelte Richtung Elfmeterpunkt und landete schließlich bei Thorsten Fink, der zuvor für Matthäus in die Partie gekommen war.

Fink versuchte zu klären, legte den Ball aber unfreiwillig Ryan Giggs vor, der zentral am Sechzehner wartete. Der Waliser schoss, mehr schlecht als recht, doch Sheringham stand goldrichtig und verlängerte den Ball aus der Drehung zum Ausgleich ins Tor. „Das war mehr oder weniger die Vorlage von Thorsten Fink“, blickt Basler zurück. „Wenn der den Ball ein paar Meter weiter wegschießt, dann passiert in diesem Spiel gar nichts mehr.“

Solskjaer dreht das Spiel für United

Der damalige Bayern-Trainer war Ottmar Hitzfeld - und der erzählte 2019 der Daily Mail, wie er den Gegentreffer empfunden hatte. „Die Fans im United-Block sind explodiert, als Sheringham ausgeglichen hat. Es war wie ein Orkan. Da habe ich bereits realisiert, dass es passieren und United noch ein zweites Tor machen könnte.“ Hitzfeld sollte recht behalten. Unmittelbar nach dem Anstoß verloren die Bayern wieder den Ball. Sammy Kuffour klärte auf Kosten einer Ecke.

Wieder stand Beckham bereit. Der Ball segelte in den Strafraum, Sheringham schüttelte Linke ab und verlängerte auf den zweiten Pfosten. Kahn sah das Unheil noch kommen und entsandte einen stillen Schrei in den katalanischen Nachthimmel. Dann brachte Solskjaer schließlich im Fünfer den Fuß an den Ball und lenkte ihn unter die Latte. 2:1, der zweite Gegentreffer innerhalb von 102 Sekunden, Fassungslosigkeit bei den Bayern.

Zwei Ecken hatten den Red Devils ausgereicht, um den Bayern den Henkelpott doch noch aus den Händen zu reißen. „Das war ihre einzige Möglichkeit, noch zurück ins Spiel zu kommen“, ist sich Effenberg sicher, denn „aus dem Spiel heraus hätten sie gegen uns kein Tor mehr geschossen“.

„Es konnte keiner verstehen, dass dieses Spiel so ausgegangen ist. Von daher war erstmal 15 Minuten Totenstille in der Kabine“, blickt Basler auf seine damaligen Eindrücke zurück. Den Schmerz hat er inzwischen verdaut. „Im Nachhinein war es enttäuschend, aber vom Grunde her war es ein tolles Erlebnis. Es war ein tolles Spiel mit toller Atmosphäre. Es war wirklich alles toll - bis auf das Ergebnis.“

Effenberg und Co. erfüllen sich den Traum im weiten Anlauf

„Für mich war es relativ schnell abgehakt“, erklärte Basler deswegen, der sich im selben Jahr noch dem 1. FC Kaiserslautern anschloss. Effenberg blieb jedoch und erfüllte sich am 23. Mai 2001 in Mailand den großen Traum. Gemeinsam mit Hitzfeld, Kahn, Scholl und Co. gewann er den wichtigsten Titel im europäischen Vereinsfußball im zweiten Anlauf.

„Du willst natürlich nicht das zweite Mal in so einem Finale als Verlierer vom Platz gehen“, zeigt er sich rückblickend erleichtert darüber, dass es im zweiten Anlauf noch klappte und hebt den Charakter seines damaligen Teams hervor. „Wichtig war, dass die Mannschaft zusammengeblieben ist und wir charakterlich eine ganz herausragende Mannschaft hatten.“

Letzteres sei der Knackpunkt gewesen, um nach so einem Rückschlag wieder zurückzuschlagen: „Deshalb haben wir zwei Jahre später auch den Titel geholt. Allerdings hat das Finale 1999 nichts mit dem Sieg 2001 zu tun.“