Man merkte Oliver Baumann durchaus an, dass er von der abermaligen Nachfrage zu Manuel Neuer tendenziell eher genervt war. „Dadurch, dass es von außen kommt, bleibt es für mich auch außen. Wichtig ist für mich, wie es intern ist, und da ist es ganz klar. So kriege ich das mit, und das war es dann auch“, sagte der 35-Jährige am Donnerstag, als er in einer Medienrunde auf die von verschiedenen Experten und Medien geführten Diskussionen angesprochen wurde.
Manuel Neuer: Ein Gespenst geht um beim DFB
Ein unangenehmes Phantom
Dennoch dürfte man „die Frage stellen, ob es letztlich hilfreich ist“, fügte Baumann hinzu und ließ damit tief blicken. Was der Torhüter damit gemeint haben dürfte: In Monaten, in denen es in der deutschen Nationalmannschaft ohnehin nicht unbedingt rundläuft, braucht es keine zusätzlichen Nebengeräusche. Vielmehr sollte der Fokus auf das Wesentliche gelegt werden. Und damit auf das vorhandene Personal.
Nur stellt sich die Nachfolge für Neuer, der bekanntlich nach der Heim-EM 2024 aus dem DFB-Team zurücktrat, schwieriger dar als zunächst gedacht. Marc-André ter Stegen, der eigentlich als neue Nummer eins auserkoren war, verlor beim FC Barcelona seinen Stammplatz und verletzte sich anschließend so schwer, dass er bis Ende des Jahres ausfällt. Dazu konnten die beiden anderen Kandidaten, Baumann und Alexander Nübel, bisher nicht restlos überzeugen.
Neuer? „Der beste Torwart Deutschlands“
Ausgerechnet für Neuers Berater Thomas Kroth war das offenbar Grund genug, mit seinen Aussagen bei den Fans Hoffnungen auf eine Rückkehr des langjährigen DFB-Kapitäns zu wecken. „Er ist topfit, bringt absolut seine Leistung. Wenn Julian Nagelsmann auf der Position ein Problem sieht, Manuel gesund ist und gefragt würde – dann wird Manu sicher nicht Nein sagen“, sagte Kroth der Frankfurter Rundschau und heizte die Gerüchteküche um seinen Schützling ordentlich an.
In der Folge entwickelte sich die Personalie zu einem großen medialen Dauerthema. Unter anderem, weil nahezu alle Experten dazu befragt wurden oder sich von sich aus zu Wort meldeten. Ex-Nationalspieler Matthias Sammer kommentierte die Situation mit einem süffisanten Unterton. „Wenn wir es uns leisten können, auf die Besten zu verzichten, dann sollten wir nicht den WM-Titel ausgeben“, sagte Sammer im neuen Sky-Format „Sammer & Basile – der Hagedorn-Talk“.
Neuer lässt sich auf keine Debatten ein
Auch andere prominente Namen stiegen auf den Pro-Neuer-Zug auf. Zum Beispiel Uli Hoeneß. „Bei einer Weltmeisterschaft müssen die Besten spielen. Und Manuel ist der Beste. Deswegen muss er da spielen, wenn er gesund ist“, forderte der Bayern-Patron. Auch der Münchner Präsident Herbert Hainer hob hervor, dass Neuer „der beste Torwart Deutschlands ist. Er tut jeder Mannschaft gut“. Kurios mutet bei dieser Debatte allerdings an, dass die wirklich entscheidenden Personen anders zu denken scheinen.
So etwa Neuer selbst, der den anhaltenden Spekulationen zuletzt schon einen Riegel vorschieben wollte. „Fakt ist, dass ich mich ja dafür entschieden habe, nicht mehr für die Nationalmannschaft zu spielen. Dementsprechend steht das gar nicht im Raum für mich“, betonte der Keeper bei Sky. Auf eine Nachfrage, ob es definitiv bei dieser Entscheidung bleibe, antwortete der Weltmeister von 2014 direkt: „Ja.“
Völler bezeichnet Neuer-Thema als „interessant“
Zurückhaltend äußerte sich DFB-Sportdirektor Rudi Völler, der angesprochen auf die Neuer-Thematik, zugab: „Das Thema ist interessant.“ Er könne die Diskussion zwar nachvollziehen, setze aktuell aber auf ein erfolgreiches Comeback von ter Stegen. „Ich glaube, ein Torwart wie Marc-André ter Stegen hat es eigentlich verdient, letztendlich auch eine WM zu spielen. Obwohl es Oliver Baumann gerade gut macht“, sagte Völler. „Wir hoffen natürlich, dass Marc-André wieder zurückkommt.“
Der Schlussmann des FC Barcelona fällt wegen einer Rückenverletzung noch bis Jahresende aus. Völler machte allerdings auch deutlich, dass ter Stegen nach seiner Rückkehr wieder regelmäßig zum Einsatz kommen müsse, um bei der Weltmeisterschaft im nächsten Jahr die Nummer eins sein zu können. „Wenn er das schafft, hat er natürlich gute Chancen“, sagte Völler. Aber was ist, wenn nicht?
Nur eine Frage der Zeit?
Dann muss sich Bundestrainer Julian Nagelsmann womöglich doch Gedanken machen. Aktuell ist Baumann die Nummer eins im DFB-Tor. Dahinter positionieren sich Alexander Nübel, Finn Dahmen und der nachnominierte Noah Atubolu.
Solange das so ist und ter Stegen weiter verletzt pausieren muss, dürften die Fragen nach Neuer, dem unangenehmen Phantom, wohl nicht weniger werden. Bei diesem Szenario scheint es nur eine Frage der Zeit, bis der DFB bei Neuer durchklingelt.