Die Schweiz kann der deutschen EM-Euphorie am Mittwoch direkt einen herben Dämpfer versetzen – doch Andy Schmid will sich gar nicht zum Stimmungskiller aufspielen. „Wir wollen die Party nicht crashen. Es soll eine Party sein für den Handballsport - nicht nur für den deutschen Handballsport“, sagte der Schweizer Rückraum-Star nach dem Abschlusstraining am Dienstag in Düsseldorf.
Abschied mit Paukenschlag?
Für die Bundesliga-Ikone ist die Partie am Mittwochabend gegen das DHB-Team (20.45 Uhr im LIVETICKER) vor der Weltrekord-Kulisse von 53.000 Zuschauern in der Fußball-Arena bei ihrem letzten internationalen Turnier durch ihre Deutschland-Vergangenheit ganz besonders.
Spricht man über den deutschen Auftaktgegner, geht es meist um Schmid. Der langjährige Regisseur der Rhein-Neckar Löwen, der im Sommer des vergangenen Jahres in seine Heimat zum HC Kriens-Luzern zurückkehrte, dirigiert als Kopf der Mannschaft das Spiel der Eidgenossen auf der Mitte. Mit Genialität, Gespür und (Wurf-)Gewalt.
Alles zur Handball-EM 2024:
Schmid erzielte 14 Tore gegen Hannover
„Ich bin sicher nicht mehr so gut wie vor vier, fünf Jahren. Damals war ich explosiver, spritziger, frischer. Aber ich weiß, dass ich an guten Tagen nach wie vor zu Topleistungen fähig bin“, ließ Schmid, der im Dezember 2003 sein Nationalmannschaftsdebüt feierte, bei der Nachrichtenagentur Keystone-SDA verlauten. Worte als Warnung für Deutschland!
Für die EM hat sich der 40-Jährige noch einmal aufgerafft, ehe er im Sommer bei der „Nati“ auf der Trainerposition als Nachfolger von Michael Suter übernimmt.
Ohne die Aussicht auf dieses Turnier hätte er „vermutlich im Sommer 2022 aufgehört“, erklärte Schmid, der beim 30:30 gegen die TSG Hannover-Burgdorf im Europacup im November für seinen Klub Kriens-Luzern 14 Mal (!) bei 18 Versuchen traf, im Mannheimer Morgen. Die EM habe er „über alles andere gestellt“.
Schmid: „Ich spiele ein Jahr zu lang“
Er blicke mit einer „extremen Vorfreude“ auf das Turnier, das „Grenzen versetzen“ werde: „Das war der Grund, warum ich noch weitergespielt habe im hohen Alter.“
Im Interview mit der NZZ offenbarte der fünfmalige Bundesliga-MVP aber gar: „Ich bin überzeugt, dass ich ein Jahr zu lange spiele. Ich war mir aber bewusst, dass es ein Jahr zu viel sein würde, wenn wir uns für diese Europameisterschaft qualifizieren.“
Für Schmid wäre „eine EM im letzten Sommer perfekt gewesen. Doch das Turnier findet nun einmal im Januar statt. Ich wusste deshalb, dass ich dieses halbe Jahr so gut wie möglich nutzen muss, um an der EM parat zu sein“.
Er habe schon länger gewusst, „dass ich den richtigen Zeitpunkt nicht treffen würde. Das ist auch extrem schwierig. Auf dem Höhepunkt will niemand abtreten, wenn man am Boden liegt aber auch nicht.“
Schmid hätte lieber in der Halle gespielt
Die Bühne, die der Handball durch das Eröffnungsspiel in Düsseldorf bekomme, sei „mega“ – auch für den Schweizer Handball, den er als Anführer auf dem Platz und dann daneben voranbringen will.
Aber „ich hätte lieber gegen Deutschland in einer normalen Halle gespielt. Ich glaube, in diesem Fußballstadion verliert der Handball so ein bisschen an seiner Essenz“, sagte der Routinier im Podcast Hand aufs Harz.
Wird die Schweiz, die mit Keeper Nikola Portner von Champions-League-Sieger SC Magdeburg und Manuel Zehnder auf halb links vom ThSV Eisenach (mit 147 Treffern der derzeit beste Bundesliga-Torschütze) weitere starke Akteure in ihren Reihen hat, wirklich zum deutschen Stolperstein?
DHB-Kapitän Johannes Golla warnt vor einem „super Gegner. Die erste Sieben klopft absolut an der Weltspitze an“. Schmid wiederum zeigt sich „überrascht, dass wir so stark gesprochen werden, das muss ich ganz ehrlich sagen“.
Sieg gegen Deutschland möglich
„Wir sprechen hier immer noch von Deutschland. Und wir sprechen immer noch vom größten Handballverband weltweit, die hier ein Eröffnungsspiel zu Hause austragen vor 50.000 Deutschen“, so Schmid.
Im Duell mit der DHB-Auswahl sei aber „alles möglich“. Denn „der Schweizer Handball hat wirklich in den letzten Jahren einen extremen Schub genommen“.
Schmid visiert also einen Paukenschlag zum Abschied an und betont: „Wir können gegen Deutschland gewinnen. Da bin ich 100 Prozent überzeugt.“ Aber, das weiß auch der Kopf der Schweizer, „wir können auch eine Rutsche kriegen“.