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Riemann: Vom Sündenbock zum Derbyheld

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Riemann: Vom Sündenbock zum Derbyheld

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Riemann: Vom Sündenbock zum Derbyheld

Der VfL Bochum erkämpft sich gegen den BVB einen wertvollen Punkt im Abstiegskampf. Neben der schwachen Schiedsrichterleistung spielt sich Torwart Manuel Riemann in den Fokus.
Die Fans des VfL Bochum haben sich über den Punktgewinn gegen Borussia Dortmund gleich doppelt gefreut.
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von Niklas Trettin, Patrick Berger

Wegen dieser Abende ist das Ruhrstadion berüchtigt und gefürchtet. Bochum zeigte gegen Dortmund (1:1) eine mitreißende Abwehrschlacht, Manuel Riemann stand wie ein Fels in der Brandung und entnervte den Titelanwärter. Auf seine Glanzparaden gegen Youssoufa Moukoko (75.) und Jude Bellingham (77.) folgten frenetische Sprechchöre - die Fans hatten ihren Derby-Helden auserkoren.

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Für Riemann dürften diese Szenen Balsam auf die geschundene Seele gewesen sein. Wenig verwunderlich gab es von Teamkollege Cristian Gamboa ein hochverdientes Sonderlob. „Manu ist ein unglaublicher Torwart“, meinte der 33-Jährige in der Mixed Zone. „Er ist ein wichtiger Mann für uns. Wir sind alle etwas verrückt in diesem Verein, auch er ist ein bisschen verrückt. Das ist top. Er ist ein geiler Typ.“

Der Keeper erwischte einen bärenstarken Tag und rettete seinen Klub in der Schlussphase mehrfach. So feierte Bochum einen gefühlten Sieg, der den Klassenerhalt ein Stück näher brachte. Und der BVB biss sich ausgerechnet an Riemann die Zähne aus, dessen Situation vorführt, wie eng Tiefschläge und Erfolgsgeschichten manchmal zusammenliegen.

Denn hinter Riemann liegen harte Wochen. Die Zweifel am oftmals sehr polarisierenden Torwart, der als Sündenbock herhalten musste, wurden lauter. Dass seinem Verein der Abstieg droht, hat auch mit ihm zu tun. Immer wieder leistete sich der Oberbayer grobe Schnitzer, die zu Gegentreffern führten. Mal irrte der 34-Jährige bei Flanken umher, mal verzettelte er sich außerhalb des Sechzehners, mal ließ die Reaktion auf der Linie zu wünschen übrig.

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Kurz gesagt: Die Zuverlässigkeit bröckelte, Forderungen nach einem Torwartwechsel hin zu Michael Esser keimten auf. Es stellte sich die große Frage, die den VfL-Anhang in zwei Lager gespalten hatte: Schadet Riemann mehr, als dass er hilft?

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„Radio Riemann“ verkörpert die Bochumer Grundtugenden

Immerhin schuftete Riemann in Bochum jahrelang an seinem Kultstatus. Mit seiner impulsiven und unverbiegbaren Art spielte er sich in die Herzen der Fans und prägte sowohl den Aufstieg als auch den Klassenerhalt maßgeblich. In der vergangenen Spielzeit wurde er sogar zum „VfL-Spieler der Saison“ gewählt.

Schon lange gilt der Keeper als Grenzgänger und Lautsprecher zwischen den Pfosten, „Radio Riemann“ ist sein Spitzname. Weil der Routinier im ersten Abschnitt gegen Dortmund zunächst nicht viel zu halten hatte, tauchte er häufig in der Nähe der Mittellinie auf und nutzte die Zeit, um seine Mitspieler verbal darauf hinzuweisen, was seiner Meinung nach verbesserungswürdig war.

Der unbändige Ehrgeiz des Schlussmanns lebt den galligen Bochumer Charakter vor, der den Klub auszeichnet. Typen wie Riemann sind im heutigen Fußballgeschäft eine echte Rarität. Allerdings ruft das ständige Pendeln zwischen Genie und Wahnsinn auch kritische Stimmen auf den Plan. Während er gegen den BVB der umjubelte Retter in der Not war, sah die Sache nur eine Woche zuvor ganz anders aus.

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Bei der bösen 1:5-Niederlage gegen Wolfsburg griff Riemann zum wiederholten Male folgenschwer daneben und heizte die Diskussionen um seine Person selbst an. Ein eigentlich harmloser Schuss von Mattias Svanberg kullerte ins Tor.

Letsch spricht Riemann sein Vertrauen aus

Auch abseits des Rasens bewegt sich Riemann mitunter auf schwierigem Terrain. Medien, Gegner, Mitspieler oder Fans - sie alle haben schon unliebsame Bekanntschaft mit dem Keeper gemacht.

Erst Anfang April ging der 34-Jährige auf einen Zuschauer los, der ihn nach SPORT1-Informationen über Wochen hinweg beleidigt und bedroht hatte. Es kam zu einem Wortgefecht und einem Handgemenge, die beiden Protagonisten mussten von Sicherheitskräften, anderen Fans und Mitspielern zurückgehalten werden, ehe die Situation womöglich vollends eskaliert wäre.

Doch der Verein verzichtete auf Sanktionen und stärkte Riemann den Rücken. „Wenn er bei sich bleibt, ist er einer der Top-Torhüter in der Bundesliga“, sagte Trainer Thomas Letsch vor dem BVB-Spiel. „Ich gehe davon aus, dass er eine Top-Leistung abliefert. Er hat mehrfach gezeigt, dass er das kann. Und er hat gezeigt, dass er mit Rückschlägen umgehen kann. Nach seinem Eigentor gegen Schalke hat er in den Spielen danach überzeugt.“

Letsch sollte recht behalten. Im kleinen Revierderby agierte Riemann fehlerfrei und gab seiner Mannschaft den notwendigen Halt. Er rüttelte seine Vorderleute in brenzligen Situationen wach, fing in der Schlussphase unzählige Flanken ab und war stets zur Stelle, wenn Dortmund den Bochumer Abwehrriegel doch mal knackte.

Noch ist Bochum aber längst nicht gerettet, aktuell steht der Relegationsrang zu Buche. Will der Klub auch im kommenden Jahr ein Teil der Bundesliga sein, benötigt der VfL im Endspurt weitere Glanzleistungen Riemanns.