Bei der Hallen-Weltmeisterschaft der Leichtathleten in Belgrad jagte vergangenes Wochenende ein Highlight das nächste.
WM-Debakel: Legende übt Kritik
Dreispringerin Yulimar Rojas pulverisierte etwa ihren Weltrekord, auch Stabhochsprung-Star Armand Duplantis knackte seine Bestmarke und im Sprint duellierten sich die größten Namen der Szene in einem packenden Rennen.
Den emotionalen Höhepunkt bildete der Triumph der Ukrainerin Yaroslava Mahuchikh im Hochsprung, die aus dem Krieg in ihrem Heimatland angereist war und dafür mehr als drei Tage gebraucht hatte.
Deutschland in WM-Bilanz abgeschlagen
Die deutschen Athleten hingegen wirkten bei der ganzen Veranstaltung wie Statisten. In der Nationenwertung, in der die Teams je nach Platzierung ihrer Athleten Punkte bekommen - bewertet werden die Ränge eins bis acht - muss man ans untere Ende schauen, bis man Deutschland findet.
In 26 Wettbewerben ergatterten die Sportler des DLV genau einen Punkt. Für diesen sorgte Maximilian Thorwirth mit einem beachtlichen Platz 8 über 3000 Meter.
Bedeutet Rang 49 im Nationenranking, gleichauf mit beispielsweise Österreich, Grenada oder der Elfenbeinküste - und hinter Nationen wie Usbekistan und Zypern. (NEWS: Alles Wichtige zur Leichtathletik)
DLV fehlten einige Top-Stars wie Mihambo
Dabei war man trotz des entsendeten Rumpfaufgebots beim nationalen Leichtathletikverband durchaus optimistisch. „Nach der Hallen-DM in Leipzig wollen wir bei der Hallen-WM zeigen, dass auch ein kleines deutsches Team mit guten Leistungen für Aufsehen sorgen kann“, hatte Chefbundestrainerin Annett Stein im Vorfeld verkündet.
Doch daraus wurde nichts. Nachdem auch noch Sprinterin Tatjana Pinto, Dreispringer Max Heß und 1500-Meter-Läufer Christoph Kessler kurzfristig verletzt oder erkrankt passen mussten, gingen für Schwarz-Rot-Gold lediglich 16 Athleten an den Start.
Einige Leistungsträger hatten bereits im Vorhinein auf ihre Teilnahme verzichtet, darunter Weitspringerin Malaika Mihambo, Läuferin Konstanze Klosterhalfen und Zehnkämpfer Niklas Kaul.
Drechsler hinterfragt Einstellung der Athleten
Diesen Umstand bedauert Heike Drechsler. „Viele von unseren deutschen Athleten waren gar nicht am Start. Es ist schade, dass man diese Wettkämpfe nicht als Chance sieht - gerade, weil die Europameisterschaft in München vor uns liegt“, erklärte die deutsche Leichtathletik-Ikone bei SPORT1.
Die 57-Jährige sieht eine verpasste Chance. „Haben wir Angst, uns mit den Besten der Welt zu messen? Ich wollte immer Wettkämpfe und so eine Weltmeisterschaft in der Halle war immer ein Highlight und eine Erfahrung“, sagte Drechsler.
Allerdings kann die ehemalige Weitspringerin die Hintergründe der Athleten verstehen, es sei vielleicht „auch so, dass die zwei Corona-Jahre verdammt anstrengend für die Athleten gewesen sind“, meinte sie.
Zudem betonte Drechsler: „Der Zeitpunkt der WM ist sehr spät gewählt und viele sind wieder im Training auf den Sommer“, und schränkte gleichzeitig ein: „Aber trainieren wir nicht für Wettkämpfe? Duplantis und andere Stars waren da.“
Drechsler appelliert an DLV
Daher ihre klare Forderung an die Verantwortlichen: „Der DLV wird sich darüber Gedanken machen müssen.“
Denn jeder Athlet mag seine eigenen Beweggründe gehabt haben, nicht an der Hallen-WM teilzunehmen, die katastrophale Ausbeute wirft dennoch ein schlechtes Bild auf die deutsche Leichtathletik.
Umso größer ist der Erfolgsdruck bei den anstehenden Großevents unter freiem Himmel. Mit der EM (15. bis 21. August 2022 in München) und der WM (15. bis 24. Juli 2022 in den USA) stehen dieses Jahr noch gleich zwei auf dem Programm.