Hulk Hogan, der Wrestling-Star schlechthin, sei ein „Stück Scheiße“.
Als WWE-Ikone Hulk Hogan ein würdeloses Ende erlebte
Hulk Hogans würdeloses Ende
Auf das Wohl seiner Liga, auf die jungen, aufstrebenden Wrestler, gebe er „einen Scheißdreck“. Er sei ein „gottverdammter Politiker“, der seine Macht, die berüchtigte „Creative-Control“-Klausel in seinem Vertrag mal wieder hätte einsetzen und sich selbst zum Champion machen wollen.
Er lasse sich diesen „Bullshit“ jetzt jedoch nicht mehr bieten. Hulk Hogan sei Geschichte, die Fans und Kollegen würden ihn nie wieder zu Gesicht bekommen. Der große, kahle Mistkerl könne ihn mal: „Hogan, you big bald son of a bitch, kiss my ass!“
Es war eine bitterböse Abrechnung, die Vince Russo, Kreativchef des damaligen WWE-Rivalen World Championship Wrestling (WCW), an einem Sommerabend in Florida vollzog. Und es war tatsächlich das unwürdige letzte Kapitel der Ringlegende bei der Liga - das sogar einen Gerichtsprozess zur Folge hatte.
Aber was steckte wirklich hinter dem spektakulären Bruch zwischen Hogan und WCW heute Nacht vor 25 Jahren beim Pay Per View Bash at the Beach 2000? Es war eine denkwürdige Wrestling-Nacht in Daytona Beach, in der vieles nicht so war, wie es schien.
WCW vor Bash at the Beach 2000 in tiefer Krise
Wichtig für das Verständnis der Situation: WCW befand sich damals in einer tiefen Krise, für die der einstige WWE-Topstar Hogan genauso mitverantwortlich war wie für den Aufstieg der Promotion einige Jahre zuvor.
Nach dem durchschlagenden Erfolg der Story um die nWo (New World Order) mit Hogan als bösem Anführer versäumte Ligachef Eric Bischoff, daran anzuknüpfen: Während WWE (damals WWF) mit der Attitude Era und neuen Stars um Stone Cold Steve Austin und The Rock zurückschlug, verlor WCW das Momentum.
Halbgare Storys, sinkende Quoten und Konflikte hinter den Kulissen bestimmten das Bild. Den alternden Stars um Hogan wurde vorgeworfen, sich an ihre Privilegien zu klammern und nicht dabei zu helfen, auch bei WCW den Generationswechsel einzuleiten. Jüngere Begabungen wie Chris Jericho, Chris Benoit und Eddie Guerrero zogen die Konsequenzen und wanderten zu WWE ab.
Vince Russo schob WWE-Boom mit an
Auch die Verantwortlichen der Liga wurden infolge des Niedergangs mehrfach ausgetauscht, im Frühjahr 2000 übernahmen die zuvor je schon einmal gefeuerten Russo und Bischoff als Duo.
Russo, ein ehemaliger Magazinautor und Videotheken-Besitzer aus New York, war bis Ende der Neunziger im Kreativteam von WWE und mit seinen kontroversen Einfällen ein wichtiger Kopf hinter dem Wiederaufstieg des Marktführers.
Im Jahr 1999 zerstritt sich Russo allerdings mit WWE-Boss Vince McMahon. Nach Russos Darstellung fürchtete er den Burnout, als WWE die zweite wöchentliche Show SmackDown einführte und bat um mehr Zeit für die Familie. McMahons Antwort soll gewesen sein: Russo möge sich bitte ein Kindermädchen besorgen und nicht rumjammern.
Russo und Eric Bischoff sollten Krise als Duo lösen
Russo ging und lief zum Konkurrenten über - wo er aber im ersten Anlauf mit seltsamen Ideen, fehlendem Sinn für die Bedürfnisse der WCW-Fanbase und sich totlaufender Effekthascherei die Krise vertiefte, statt sie zu lösen. Weil es auch nach Russos erster Ausbootung nicht besser wurde, wurde er zusammen mit Bischoff wiedereingestellt.
Die Kernidee des gemeinsamen Neustarts (der vor allem durch den viel kritisierten PR-Schachzug, Schauspieler David Arquette zwischenzeitlich zum Champion der Liga zu machen, schnell neue Enttäuschung auslöste): Russo und Bischoff beiden strickten eine Story um den realen Generationenkonflikt, der „Millionaire‘s Club“ um den damals 46-jährigen Hogan bekämpfte darin die jüngeren Stars, die sich als „New Blood“ zusammenschlossen, von Russo und Bischoff vor der Kamera selbst angeführt.
Der angekündigte Hauptkampf von Bash at the Beach spielte sich vor diesem Hintergrund ab, Hogan sollte auf Jeff Jarrett treffen, von Bischoff und Russo zum World Champion erhoben - bei der selben Show, am selben Ort des größten WCW-Moments Hogans, der nWo-Gründung vier Jahre zuvor.
Stattdessen ereignete sich eine Farce: Jarrett legte sich für den irritiert wirkenden Hogan hin, ließ sich bereitwillig besiegen, Russo warf Hogan den Titelgürtel verächtlich vor die Füße. Später dann erschien Russo nochmal, erklärte das „Match“ für nichtig und schoss die eingangs erwähnten Giftpfeile gegen Hogan. Jarrett bekam einen neuen Gegner, den aufstrebenden Booker T, der sich dann auch erstmals zum Titelträger krönte.
„Fingerpoke of Doom“ war noch präsent
Dass Russo seine Attacken gegen Hogan ernst meinte, glaubte damals kaum ein Szenekenner. Zu oft hatten WWE und WCW sie schon mit „Worked Shoots“ hinters Licht zu führen versucht, vermeintlich realen Eklats, die sich dann doch als mehr oder weniger geschickte Inszenierungen entpuppten.
Ein Grund für die allgemein verbreitete Annahme: Gerade mit Hogan hatte es schon ähnliche Storys und vermeintliche Abgänge gegeben - er war jedoch immer wieder zurückgekommen und hatte seinen Platz an der Spitze wieder eingenommen. Auch dem berühmt-berüchtigten „Fingerpoke of Doom“ Anfang 1999 war ein vermeintliches Karriere-Ende vorausgegangen, beim Halloween Havoc im selben Jahr wurde ein angekündigtes Match gegen Sting zu einer ähnlichen Posse.
Eric Bischoff: Russo beging „Shoot“ statt „Worked Shoot“
Tatsächlich entpuppte sich auch der Bash-Eklat als mindestens zum Teil genauso verabredet: Hogans verwirrendes Match mit Jarrett war geplant gewesen. Das Szenario war ein Kompromiss nach einem Streit zwischen Russo und Bischoff/Hogan, die in der Realität weiter vertraute Partner waren.
Russos Plan war, dass Jarrett Hogan beim Bash besiegen sollte und dann an den aus dem Hut gezauberten Booker T verlieren sollte. Hogan allerdings legte sein vertraglich zugesichertes Veto ein, wollte den Titel gewinnen. Letztlich wurde beschlossen, den realen Streit zur Fiktion zu machen: Jarrett sollte Hogan den Titel überlassen, der sollte die Arena mit dem Gürtel verlassen - und im Herbst ein Comeback feiern um den dann amtierenden Champion herauszufordern.
Russo allerdings änderte dann eigenmächtig das Drehbuch, beschimpfte den (zusammen mit Bischoff) ausgeflogenen Hogan und verkündete dessen Ausbootung - ein realer „Shoot“ anstelle eines „Worked Shoot“. Russo war tatsächlich der Meinung, dass Hogan WCW mehr schadete als nutzte und abserviert werden musste.
Eine Klage, die Hogan dann gegen WCW einreichte, verdeutlichte, dass der Eklat keine Show (mehr) war: Es kam zu einer außergerichtlichen Einigung, in der Hogan nach eigenen Angaben eine Millionensumme einstrich.
WWE verleibte sich WCW 2001 ein - und holte auch Hogan zurück
Der Befreiungsschlag, den sich Russo von Hogans Aus zu erhoffen schien, blieb aus - stattdessen ließen die konfusen und würdelosen Szenen beim Bash niemanden gut aussehen, verprellten noch mehr Fans und wurden zum Menetekel für das, was kommen sollte.
WCW fand nicht mehr aus der Krise heraus und wurde 2001 an WWE verkauft. Bischoff hatte sich vorher zusammen mit einem Business-Konsortium vergeblich um eine Übernahme der Liga bemüht, die von WWE stattdessen aufgelöst wurde.
Ironischerweise zählte ausgerechnet Hogan zu den Profiteuren der Entwicklung: WWE stellte ihn 2002 noch einmal ein und die Fans dort schlossen ihn wieder in die Arme. Der heute 71-Jährige erlebte ein letztes großes Hoch mit einem umjubelten WrestleMania-Match gegen The Rock und sogar noch einem Titelgewinn - ehe ein 2015 enthüllter Rassismus-Eklat seinem Ruf erneut schweren Schaden zufügte. (HINTERGRUND: Vom Idol zum Verachteten)
Nichtsdestotrotz blieb festzuhalten: Das Phänomen Hulk Hogan überdauerte die Liga, die es am Ende nur noch loswerden wollte.