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Die Versäumnisse bei Owen Harts Tod

Bei einem missglückten Einmarsch-Stunt stürzte WWE-Star Owen Hart vor 23 Jahren zu Tode. Um sein Vermächtnis tobt ein bis heute andauernder Konflikt.
Owen Hart (r., mit Schwager Jim Neidhart) wurde 1994 bei WWE "King of the Ring"
Owen Hart (r., mit Schwager Jim Neidhart) wurde 1994 bei WWE "King of the Ring"
© WWE
mhoffmann
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Bei einem missglückten Einmarsch-Stunt stürzte WWE-Star Owen Hart vor 23 Jahren zu Tode. Um sein Vermächtnis tobt ein bis heute andauernder Konflikt.

Sein Sturz war der schlimmste Anblick, den WWE-Fans je erleben mussten. Und der Gedanke daran schmerzt auch noch über 20 Jahre danach.

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Am 23. Mai 1999 fiel Owen Hart vor den Augen von über 16.000 Zuschauern in Kansas City in den Tod. Ein missglückter Einlauf-Stunt bei der live übertragenen Veranstaltung "Over the Edge" kostete den jüngeren Bruder von Bret "The Hitman" Hart im Alter von 34 Jahren das Leben.

Die Wrestling-Welt verlor an diesem Tag einen ihrer Besten, als Performer und als Mensch.

Und auch die Folgen der Tragödie waren bitter. Um das Vermächtnis von Owen James Hart entbrannte ein hässlicher Streit, der bis heute nicht gekittet ist. Dass Owens Witwe Martha inzwischen zusammen mit dem WWE-Konkurrenten AEW pflegt, dokumentiert den anhaltenden Riss.

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Owen Hart lernte auch in Deutschland sein Handwerk

Owen, geboren am 7. Mai 1965 in Calgary als jüngster Sohn des Wrestling-Patriarchen Stu Hart, war im Ring ein Ausnahmekönner, der seinem legendären großen Bruder in nichts nachstand. Manche fanden ihn als Wrestler sogar besser, weil sein Stil dynamischer, spektakulärer, moderner war.

Seine Kunst hatte er sich in der ganzen Welt angeeignet und von den wegweisenden Pionieren seiner Zunft gelernt: Bei Stus Liga STAMPEDE in Kanada stand er mit Dynamite Kid und Chris Benoit im Ring (deren Leben ebenfalls einen tragischen Verlauf nahm), bei NJPW in Japan mit Jushin „Thunder“ Liger, auch in Mexiko, England und der deutsch-österreichischen CWA von „Big“ Otto Wanz verfeinerte er sein Handwerk.

Bei der damaligen WWF spielte Owen - sowohl als maskierter „Blue Blazer“ als auch unter seinem richtigen Namen - lange nur eine Nebenrolle. Die Wende kam, als er sich 1994 in einer groß angelegten Story gegen seinen älteren Bruder wandte und ihn um dessen Titel herausforderte.

1994: Durchbruch dank Fehde mit Bret Hart

Bret und Owen legten bei WrestleMania X und ihrem Steel Cage Match beim SummerSlam 1994 zwei Kämpfe auf die Matte, die mit das beste waren, was bei WWE je gezeigt wurde. Auch als Unterhaltungstalent entfaltete sich Owen nach seiner Verwandlung vom sympathischen "The Rocket" zum verhassten "King of Harts" auf eine Art und Weise, die ihm vorher kaum jemand zugetraut hätte.

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Owen gewann Brets Gürtel zwar nie, hielt aber alle anderen Titel, die damals zu vergeben war, wurde Intercontinental und European Champion, King of the Ring, hielt Tag-Team-Gold mit seinem Schwager „The British Bulldog“ Davey Boy Smith, Superschwergewicht Yokozuna sowie Jeff Jarrett.

Sein späterer Zusammenschluss mit dem dann ebenfalls böse gewordenen Bret (sowie auch Smith, Jim Neidhart und Brian Pillman) in der zweiten Auflage der Hart Foundation 1997 war ein weiterer Schlüsselmoment der Promotion. Die gemeinsame Fehde gegen den aufstrebenden "Stone Cold" Steve Austin war ein Grundstein der enorm erfolgreichen Attitude Era.

Ende 1997 wechselte Bret zur Konkurrenzliga WCW (World Championship Wrestling), mit einem großen Knall: WWF-Boss Vince McMahon brach die Absprache, dass Bret sein letztes Match gegen Shawn Michaels bei den Survivor Series 1997 nicht verlieren sollte - der berühmte „Montreal Screwjob“.

Letzter Auftritt als "Blue Blazer"

Infolge des Krachs verließen auch Bret und Owens ebenfalls zu früh verstorbene Schwäger Neidhart und Smith die WWF Richtung WCW, Owen war der einzige, der blieb. McMahon pochte einerseits auf dessen Vertrag, andererseits hatte Owen nach Brets Angaben ohnehin Sorge, ob die Konkurrenzliga etwas mit ihm hätte anfangen können.

Owens weitere Karriere bei der WWF mündete 1999 in der Rückkehr seines ursprünglichen Blue-Blazer-Charakters. Die Rolle, die Ende der Achtziger die Verwandtschaft Owens zu Bret verbergen sollte, war diesmal als Parodie auf die Wrestler der Achtziger angelegt. Owen porträtierte einen verbitterten Superhelden, der mit den neuen Zeiten nichts anzufangen wusste.

In Anlehnung an den frühen Hulk Hogan mahnte der Blazer die Fans, "ihre Gebete zu sprechen und ihre Vitamine zu essen".

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Bei Over the Edge sollte Owen als Blazer gegen den Godfather (Charles Wright, einst auch bekannt als Papa Shango) antreten und dessen Intercontinental Title gewinnen. Stattdessen entfaltete sich eine der schrecklichsten Nächte der Wrestling-Geschichte.

Owen Hart stürzte zu Tode - WWE setzte Show fort

Vor dem Kampf sollte Owen sich von der Hallendecke abseilen, geplant war eine inszenierte Panne, bei der sich Owen komödiantisch in der Seilkonstruktion verfangen und dann beim Versuch sich zu befreien in den Ring plumpsen sollte.

Genau diese Idee wurde zu Owens tödlichem Verhängnis: Der Schnelllöse-Mechanismus hielt nicht, Owen fiel 24 Meter tief in den Ring, landete mit der Brust auf dem Ringseil. Todesursache waren die inneren Blutungen, die der Aufprall auslöste.

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Das TV-Publikum sah den Sturz nicht, in dem Moment lief ein voraufgezeichneter Clip. Der erschütterte Kommentator Jim Ross klärte die Zuschauer auf, dass der Sturz kein Teil der Show war und verkündete schließlich Owens Ableben.

Trotz der tragischen Ereignisse ließ die WWF den Event weiterlaufen - eins der vielen Dinge, die Witwe Martha WWE nie verziehen hat. In einem Interview mit CBS erklärte sie, dass sie die Fortsetzung der Show als „völligen Mangel an Respekt vor einem Menschenleben“ empfunden hätte, Owen sei „weggeschaufelt worden wie ein Stück Müll“.

Owens Andenken spaltet auch seine Familie

Owens Familie verklagte WWE und den Hersteller des Gurtgeschirrs, warf ihnen fahrlässige Konstruktion und Durchführung vor. Eine 2021 ausgestrahlte Doku aus der Reihe „Dark Side of the Ring“ rief die teils unglaublichen Versäumnisse in Erinnerung.

Unfassbar vor allem: Owen war nur durch einen Schnelllöse-Mechanismus mit der Seilkonstruktion verbunden, eine zusätzliche Absicherung gab es nicht. Experten kamen vor Gericht zum Schluss, dass der Mechanismus so wenig aushielt, dass wohl schon ein tiefer Atemzug des nervösen Owen ausgereicht hatte, die Sicherung an seiner Brust zu lösen.

Martha verwies darauf, dass der Mechanismus eigentlich für Segelboote und nicht für Menschen gedacht war und dass WWE auch Bedenken erfahrener Bühnentechniker beiseite gewischt hätte - während WWE die Schuld beim Hersteller verortete: Der hätte es als Usus hingenommen, dass seine Konstruktion auch für Stunts zweckentfremdet wurde, so dass die Gefahr der Promotion nicht hätte klar sein können.

Im Herbst 2000 endete der Rechtsstreit mit einer außergerichtlichen Einigung, WWE zahlte 18 Millionen Dollar an Harts Familie. Witwe Martha finanzierte damit unter anderem die wohltätige "Owen Hart Foundation".

Zehn Jahre später folgte eine weitere Klage Marthas, unter anderem wegen der Verwendung von Owens Namen und Fotos für eine DVD über die Hart-Familie. Martha Hart hat mehrfach klargestellt, dass sie nicht möchte, dass WWE "Owens Andenken zu kommerziellen Zwecken ausbeutet" - was auch der Grund ist, warum Owen bis heute nicht in der Hall of Fame der Liga ist.

Auch innerhalb der Familie hat Owens Tod Risse ausgelöst und vertieft. Martha nahm Teilen der Hart-Familie übel, dass sie sich in dem Prozess mit WWE und nicht mit ihr solidarisierte, klagte später auch gegen ein Buch von Owens Schwester Diana, das sie als verleumderisch betrachtete.

Martha und die gemeinsamen Kinder Oje und Athena haben den Kontakt zum Rest der Hart-Familie abgebrochen. Mit Owens Bruder Bret Hart - der anfangs noch an ihrer Seite stand - ist Martha mittlerweile ebenfalls zerstritten.

Kevin Owens hält sein Idol in Ehren

Völlig ungetrübt ist trotz allem die Erinnerung von Owens Kollegen und Erben: Kevin Owens etwa, der seinen Landsmann bewunderte, benannte nicht nur seinen WWE-Charakter nach ihm, sondern auch seinen Sohn.

Seinen Wegbegleitern von damals blieb Owen nicht nur für seine herausragenden Leistungen im Ring im Gedächtnis, sondern auch als skandalfreier, herzensguter und lustiger Zeitgenosse, berühmt auch für die Streiche, die er hinter den Kulissen spielte.

Neben vielen anderen würdigte ihn zum Beispiel auch Megastar Dwayne „The Rock“ Johnson als wertvollen Mentor, der für jeden Spaß zu haben war.

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Legendenkollege Shawn Michaels brachte die Wertschätzung wiefolgt auf den Punkt: „Owen war der einzige von uns, über den man eine Zwei-Stunden-Sendung machen konnte, ohne dass irgendwem ein böses Wort über ihn einfiel.“

AEW veranstaltet aktuell ein nach Owen benanntes Turnier, um die von seinem furchtbaren Tod überschattete Erinnerung an seine Qualitäten als Wrestler und Mensch in Erinnerung zu halten.